Richtig verbunden
»Vollkommen einen an der Murmel? Was für eine Psychologin bist du denn? Ist das deine professionelle Diagnose?«
Jetzt lachten beide.
Als Linda sich etwas beruhigt hatte, sagte sie: »Sieht mir nach einer schizoaffektiven Störung aus. Und ich würde auch auf Borderline tippen.« Linda nahm einen Schluck von ihrer Cola und wedelte dann mit der Hand. »Aber nagel mich da nicht fest.«
Hä? Christina starrte sie an.
Linda rollte mit den Augen. »Kurzversion: Sie hat mächtig einen an der Murmel. Lust auf Eiscreme?«
»Eiscreme?« Wie kommt sie jetzt darauf?
»Ja. Eiscreme. Vanille oder Amarena?«
»Äh, beides?«
»Kriegst du.« Linda erhob sich und schlenderte in Richtung Küche.
* * *
Kaum hatte Linda die Küchentür hinter sich geschlossen, lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen. Wenn ich doch nur wüsste, wie ich mit ihr reden soll. Immer wenn Linda sich ein bisschen entspannte, rutschte ihr irgendwas Blödes heraus. Christina hielt sie vermutlich für vollkommen durchgeknallt. Wie hatte sie ihr bloß diese ganzen Fachbegriffe um die Ohren hauen können? Linda stöhnte. Und ihre Murmel-Erklärung war auch nicht gerade ein Glanzpunkt gewesen. Ob sie merkt, wie unsicher ich bin?
Christina wirkte so selbstsicher, so cool.
Sie dagegen war die ganze Zeit ungeschickt. Außerdem hielt Christina es vermutlich für total kindisch, dass sie – eine erwachsene Frau – bei einem Thriller so mitfieberte. Linda schlurfte zum Küchenschrank und nahm zwei Schälchen heraus. Anschließend holte sie zwei Löffel und einen Eisportionierer aus der Schublade. Sie öffnete den Tiefkühlfach und schüttelte sich, als die Kälte durch das Material des Bademantels drang. Schnell holte sie das Eis heraus und schloss das Kühlfach wieder. Dann stoppte sie. Der kalte Schauer, der ihr gerade den Rücken herunterlief … Ihr Körper war viel sensibler als sonst. Unglaublich, was Christina in ihr bewirkte.
Linda schloss die Augen. Christinas Berührungen hatten sich so wundervoll angefühlt. Hätte sie schon früher gewusst, dass sich Sex so unbeschreiblich sein konnte, wäre sie nicht so lange Jungfrau geblieben. So viel war mal sicher. Obwohl … Dieses Gefühl verblasste im Vergleich zu der Geborgenheit, die sie empfunden hatte, als Christina in ihren Armen lag. Linda öffnete die Augen. Die Zeit raste. Morgen ist sie wieder weg. Warum schmerzte sie dieser Gedanke bloß so? Sie kannte Christina doch eigentlich gar nicht.
Grübeln half nichts. Noch war Christina hier und sie würde das Beste aus der verbleibenden Zeit machen. Sie straffte ihren Körper und kümmerte sich um das Eis.
* * *
Als Linda aus der Küche zurückkam und ihr eine Schüssel voller Eiscreme reichte, sagte Christina: »Ich hab den Film angehalten.«
»Danke. Lieb von dir.« Linda nahm dicht neben ihr Platz und betrachtete ganz intensiv ihr Eisschälchen samt Inhalt.
»Soll ich zurückspulen? Müssten so drei Minuten sein.«
»Nein, nicht nötig«, murmelte Linda, die gerade den Mund voller Eiscreme hatte. »Hab ich denn was verpasst?«
»Nicht wirklich. Er versucht jetzt, das Buch fertig zu schreiben. Oh, und er nimmt seine Tabletten nicht und versteckt sie stattdessen.«
Linda nickte und drückte auf ›Weiter‹. Gebannt beobachtete sie die Geschehnisse im Film und löffelte ihr Schälchen in Rekordgeschwindigkeit aus.
Ob sie immer so schnell isst? Wohl nicht, sonst hätte sie kaum so eine gute Figur . Christina schaffte es jedenfalls nicht, die gesamte Portion zu essen. Sie lehnte sich über Linda, um ihr Schälchen auf dem Tisch neben ihr abzustellen. Dabei trafen sich ihre Blicke.
Linda benetzte ihre Lippen.
Wie in Zeitlupe näherten sich ihre Gesichter bis … dramatisch laute Filmmusik beide zum Fernseher gucken ließ.
Der Hauptdarsteller des Films versuchte, aus seiner Gefangenschaft zu flüchten.
Sich zurücklehnend verfolgte Christina die Ereignisse auf dem Bildschirm.
»Oh Gott, oh Gott, die wird ihn kriegen«, quiekte Linda. »Die macht ihn alle. Oh Gott.« Sie hielt sich die Hand vors Gesicht.
Christina betrachtete die Frau neben sich. Das war viel unterhaltsamer, als den Film zu schauen. Sie schmunzelte. Im einen Moment war Linda total ernst, im nächsten wie ein Kind.
Als die dramatische Filmmusik ruhigeren Klängen wich, drehte Linda den Kopf, hielt den Blick aber auf Christinas Knie gerichtet. »Entschuldige. Du musst denken, ich bin vollkommen …«
»Was?« Christina hob die Hand und strich damit sanft über Lindas
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