Rick 6: Shit happens! (German Edition)
rein. Rick!
Dann schnappte ich mir das nächste Buch und ignorierte Finns verwunderten Blick.
Um kurz nach neun hatten wir so ziemlich alles durch, was Finn an Nachwuchsliteratur angeschleppt hatte. Na gut. Natürlich nicht jede Seite gelesen. Aber das Zentralste pappte in unseren Hirnen und mit diesem Wissen konn ten wir nun locker Phase zwei einleiten: einen astreinen Michalski-Nilsson-Meisner-Wudtke-Familienrettungsplan entwickeln. Und zwar einen, der sich gewaschen hatte!
Finn weckte mich am nächsten Morgen lange vor Sonnenaufgang. Ich hielt ihn erst für eine Fata Morgana. Sooo früh war ich in meinem ganzen Leben noch nicht wach gemacht worden.
Er hockte sich auf meine Bettkante und sah mich ernst an. Seine dunklen Augenringe deuteten auf verdammt we nig Schlaf hin.
»Hier.« Seine Stimme zitterte vor Aufregung. »Steck dir das an.«
Ich versuchte, mich in den Wachzustand zu kämpfen, wurde aber von hinterhältigen Schlafdämonen zurück ins Schäfchenland gezogen.
»Rick«, blaffte Finn mich vorwurfsvoll an. »Jetzt steh endlich auf!«
Ich streckte mich und riss gähnend die Klappe in Brief taubenlandeplatzgröße auf.
»Menno, es ist nicht mal hell«, jammerte ich.
Statt auf meine berechtigte Beschwerde einzugehen und sich auf der Stelle aus meinen Zimmer zu verziehen, motzte er mich an: »Du bewegst gefälligst deinen Hintern, Rick Michalski, und steckst dir das hier an!«
Hammer, so energisch kannte ich meinen blassen Kum pel gar nicht. Darum nahm ich ihm lieber das kleine Holz teil in Blitzzackenform ab.
»Was ist das?«
»Habe ich heute Nacht gebastelt«, erklärte Finn stolz grinsend.
Aha. Deshalb die Augenringe.
»Und was soll ich damit?«
»Anstecken!«
Ich drehte das Teil um. Tatsächlich, auf der Rückseite klebte eine kleine silberne Nadel.
»Ähm … nett …«, murmelte ich.
Leicht angepisst verzog er den Mund. »Ich dachte, du freust dich!«
»Mach ich. Toootal«, beeilte ich mich zu nicken.
Er deutete auf seinen Pullunder. »Ich hab den gleichen Anstecker.«
Jetzt sah ich es auch. An seiner schmalen Brust prangte ein fast identischer Holzblitz.
»Du musst es symbolisch sehen«, erklärte er. »Wir haben eine gemeinsame Mission und das demonstriert unseren Zusammenhalt.«
Oh Mann, Finn, konnte ich nur denken, auf solche Ideen kommst auch nur du!
Ich schwang mich aus dem Bett, tappte im Halbdunkeln durch mein Zimmer, fischte aus den tausend Dingen, die über den Fußboden verstreut lagen, meine Klamotten raus und verabschiedete mich ins Badezimmer.
»Pinkeln und Zähneputzen darf ich schon noch?!«
Finn legte den Zeigefinger auf die Lippen. »Aber pssst! Nicht dass Philipp wach wird und was mitbekommt.«
»Aye, aye, Käpten!«
Finn schnitt mir eine Grimasse und ich huschte auf Indi anerschleichsocken hinaus.
Zehn Minuten später war ich bereit. Und wie! Zur Feier des Tages hatte ich mir die Haare aalglatt nach rechts ge scheitelt. Und die neue Jeans, die Pa mir gekauft hatte (und die ich eigentlich niiiemals anziehen wollte), hatte ich gegen meine geliebte Skaterhose eingetauscht. Pa würden hundertpro die Augen rausfallen.
Finn hingegen sah aus wie immer – voll korrekt eben.
In Windeseile bereiteten wir ein gigantisch gesundes Versöhnungsfrühstück zu. Okay, vielleicht hätten wir ges tern noch das eine oder andere dafür einkaufen sollen. Statt frisch gepresstem Orangensaft kam bei uns leider nur Tomatensaft in die Gläser. Aber wir hatten Aufbackbröt chen, zwei Eier, vegetarischen Aufschnitt und drei Schei ben Käse.
Finn schlug noch vor, dass wir die Teller mit Obst oder etwas Ähnlichem verzieren sollten. Ich entdeckte nur rohe Kartoffeln. Die schnitzte ich flugs in Herzchenform zurecht und war selbst ganz baff, wie talentiert ich war. Anschließend legte ich den Sauna-Gutschein für zwei gut sichtbar auf die weiße Tischdecke. Das war Finns Idee ge wesen. Gleich nach dem romantischen Versöhnungsfrüh stück sollten die beiden in den Wellnessclub abdüsen, lau tete der Plan.
Als ich danach eine Kanne von Lindas geliebtem Yogi-Tee aufbrühen wollte, schüttelte Finn den Kopf.
»Mensch, Rick. Philipp kann den Geruch doch nicht ab«, erinnerte er mich. »Und es soll total friedlich zwischen den beiden ablaufen. Erinnere dich, was im Buch stand: Das werdende Elternpaar braucht nun viel harmonische Zeit zu zweit. So gelingt es ihnen am besten, sich gemeinsam an die neue Situation und die Veränderungen, die damit verbunden sind, zu gewöhnen .«
Die
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