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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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nämlich der Satz durch den Kopf, den Mama mit so komisch fester Stimme im Krankenhaus zu mir gesagt hatte: Und es wird auch alles in Ordnung bleiben.
    Wenn jemand ständig beteuert, dass alles in Ordnung ist, kommt ja wohl sogar ein Tiefbegabter mit kleinen Löchernim Kopf schnell auf die Idee, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Mama wollte sich etwas einreden, an das sie selber nicht glaubte.
    Und ich auch nicht mehr.

    Ohne das Schildkrötenkästchen im Regal in meinem Kopf und ohne die Einladungen von Fitzke und Frau Dahling hätte die Sorge um Mama mich wahrscheinlich komplett durcheinandergebracht. Aber so hatten Oskar und ich vorläufig genug zu tun, auch wenn ich Oskar gut zureden musste, dass er mich begleitete, weil der Fitzke ja einen an der Waffel hatte und so weiter.
    Ich freute mich auf die Kekse und den Saft, aber vor allem würden wir endlich rauskriegen, was es mit den Steinen auf sich hatte. Nachdem ich aus dem Krankenhaus zurückgekommen war, hatte ich schon überlegt, ein Loch aus dem Fünften nach unten in den Vierten zu buddeln, um hinter Fitzkes Geheimnis zu kommen. Solange die RBs noch in den Ferien waren, könnten Oskar und ich in ihrer Wohnung mit Hacken und Schaufeln loslegen, oder wir würden uns den Schlagbohrer vom Mommsen leihen. Dann abwarten, bis Fitzke auf Einkaufstour ging, und KAWUMM!
    Der Durchbruch fiel nun aus, Fitzke ließ uns ja jetzt freiwillig rein. Und womöglich wären wir nach dem Abseilenin seine Wohnung sowieso gleich wieder abgehauen, die ist nämlich so unordentlich und dreckig, dass man eigentlich sofort ein Reinigungskommando mit Schutzanzügen und Gasmasken und dergleichen bestellen müsste. Voll der Schweinestall. Aber gleichzeitig ist es auch ein wunderbarer Steinestall.
    Es lagern Hunderte von Steinen dort, kleine und große, in allen Farben und Formen. Ich hätte gar nicht sagen können, warum, aber ich war völlig hin und weg. Die Steine sind rund und glatt oder eckig und scharfkantig. Es gibt sie in allen Farben und Schattierungen, mit Körnchen oder hübschen Mustern drin oder drauf oder ohne. In andere ist Glimmerzeugs eingebettet, und in wieder anderen stecken rote und grüne und blaue und gelbe Extrasteinchen drin, die aussehen wie Diamanten und Smaragde und Rubine. Die Steine füllen jeden Raum. Man kann nicht mal die Wohnungstür ganz aufdrücken, weil man damit gegen Steine stößt. Sie liegen auf den Fensterbänken, in hohen Regalen, auf den Türschwellen, sie lagern in Ecken und Nischen und Winkeln. Fitzkes Schlafzimmer hab ich nicht gesehen, die Tür blieb als einzige verschlossen. Aber garantiert gibt es dort auch welche, auf und unter seinem Bett und im Kleiderschrank, und in der Küche in den Kühlschrank zu gucken wäre bestimmt auch ganz spannend gewesen. Sollte unter dem Gewicht aller Steine je der Fußboden durchbrechen, würde der Kiesling in der Wohnung untendrunter jedenfalls ganz schön blöd gucken. Allerdings nur kurz, denn er wäre ja ruck, zuck unter einer tonnenschweren Lawine begraben.
    Oder ertrunken, denn am coolsten sind die Wassersteine. Im Wohnzimmer stehen fünf riesige Aquarien, in denen über massenweise verschiedene Steine am Boden perliger Sauerstoff sprudelt. Für eine zweite Sorte Wassersteine hat Fitzke im Badezimmer eine schräge Rinne oberhalb der Wanne angebracht. Ein Schlauch am Hahn befördert ständig Wasser nach oben, und durch die Rinne läuft es wieder runter und in den Ausguss. Den Steinen in der Rinne würde das einfache Besprudeln mit Sauerstoff wie im Aquarium nämlich nicht reichen. Er muss die ganze Zeit richtig über sie drüberfließen. Ich hielt einen Finger ins gluckernde Wasser. Fitzke beobachtete mich, protestierte aber nicht. Er trug immer noch den grauen Anzug. Schließlich lotste er uns zurück ins Wohnzimmer. Um uns herum blubberten leise die Aquarien. Die Vorhänge waren zugezogen, so dass kaum Tageslicht durchdrang.
    Â»Und was soll das alles?«, sagte Oskar.
    Es war ein Wunder, dass er in dieser Düsternis durch seine Sonnenbrille überhaupt etwas erkannte. Die fahlgelbe Helligkeit reichte gerade so aus, um Dutzende Stapel alte Zeitungen herumliegen zu sehen, ungewaschene Klamotten, aufgerissene Packungen, in denen mal Essen gewesen war, benutzte Teller und Tassen und Bestecke und Gläser und Flaschen, vollgerotzte Taschentücher. Fitzke hauste hier wie ein

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