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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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und hier in Unmengen, waren Steine … die wunderschönsten Steine der Welt, so weit das Auge reichte, angespült aus der See! Die meisten waren gerade mal so groß, dass zwei bis drei von ihnen prima in eine Hand passten. Es gab rote mit dünnen grünen Streifen drin und braune mit dicken gelben Streifen drin. Es gab orangefarbene mit hellen Tupfen, bläuliche mit schwarzen Einschlüssen und schwarze mit bläulichen Adern. Manche sahen aus, als wären Wolken darauf gemalt worden, und manche, als hätte der Mond seine Farbe drübergeschüttet. Vielleicht ließen sie sich sogar züchten. Und mit jeder Welle, die anrauschte, wurden neue Steine an den Strand gewirbelt, und mit jeder Welle, die sich zurückzog, wurden alte Steine zurück in die See gerissen.
    Zwanzig besondere sammelte ich ein und verstaute sie im Rucksack. Der letzte kam frisch aus dem Wasser angerollt, der war besonders schön. Etwas brauner Seetang pappte daran. Er war fast golden und sah aus wie gefrorener Honig.
    Und weiter am Wasser entlang, wo andere Urlauber ebenfalls Steine sammelten, in der Sonne lagen, sich auf Luftmatratzen in die Ostsee warfen. Ab und zu blieb ich stehen und guckte mir alles an, und dabei kratzte ich mich am Hintern, wo der Sand in meine Hose gerieselt war. Das Rauschen der anbrandenden Wellen übertönte fast jedes andere Geräusch. Die See funkelte und glitzerte, als hätten alle Sterne vom Nachthimmel beschlossen, tagsüber darauf ein Nickerchen zu machen und sich ein bisschen durch die Gegend schaukeln zu lassen. Bis zum Horizont lag ein feines Schimmern auf dem Wasser.
    Ich fand ein angespültes Stöckchen, mit dem ich Porsche auf Trab hielt, während wir uns immer weiter in Richtung Strandzugang bewegten. Wind und Wellenrauschen um die Ohren, Sonne auf der Haut, Wasser um die Füße. Ich weiß nicht, wie das funktionierte, aber es machte einem das Gefühl, als wäre gerade nichts wichtig auf der Welt und als gäbe es keine Zeit. Aber um halb sieben heute Abend fuhr der letzte Bus Richtung Ribnitz, und Julia hatte immer noch den Kalbstein.
    Ich musste nach Prerow zurückfinden.
    Der Zugang zum Strand sah aus, als hätte jemand ein Stückchen aus der Küste rausgeschnitten oder es mit einem Löffel ausgehoben, damit man nicht umständlich den Abhang hochklettern musste. Es war auch ganz klar, warum dieser schmale Weg hier angelegt worden war: Er führte über eine Kuppe hinweg direkt zu dem Leuchtturm, den ich von einer der Postkarten beim Bonhöfer kannte. Man sah ihn schon vom Strand aus, aber natürlich noch besser, wenn man die kurze Strecke bis zu ihm hingelaufen war. Ich nahm Porsche wieder an die Leine und stiefelte los, über die Kuppe rüber und an ein paar Sitzbänken vorbei, auf denen Urlauber hockten, um sich ihre Schuhe aus- oder sie wieder anzuziehen. Viele Urlauber. Und außerdem, wenn man den Weg hinunterschaute, viele Fahrräder. Ich hatte zwar bei meiner Verirrung keine gesehen, aber es musste Radwege in diesem Wald geben.
    Ich zog mir auch meine Schuhe wieder an, dann ging ich den sanft abfallenden Weg runter. Tatsächlich, da war ein großer Parkplatz für Fahrräder auf der einen Seite. Auf der anderen standen, um den Leuchtturm herum, ein paar niedrige kleine Häuser. Bei einem waren die Fenster geöffnet, und lustiges Geschirrklimpern drang nach draußen. Da war ein Café drin. Mein Magen, der heute Morgen schon wie ein Kampfhund geknurrt hatte, legte sofort wieder los, bloß knurrte er jetzt wie zwei Kampfhunde.
    Â»Ich schätze«, sagte ich zu Porsche, »dass wir uns gleich eine kleine Futterpause verdient haben. Was meinst du?«
    Porsche wuffte. Ich legte den Kopf in den Nacken und guckte an dem Leuchtturm rauf. Er stand da, so fest und stark und imposant, als hätte der liebe Gott ihn persönlich in die Erde gerammt.
    IMPOSANT
: Beeindruckend, mächtig, auffällig. Aber nur mit hinten einem T am Ende und nur, wenn man nicht vorher im Sitzen seine Schuhe am Strand ausgezogen hat. Sonst hat es hinten ein D, und man muss sich dauernd unauffällig am Hintern kratzen.
    Rote Backsteine. Ein paar hübsche Fensterchen. Ganz oben so ein Rundumglasdings mit Blechdach, aus dem bei Nacht und Nebel Leuchtsignale durch die Gegend geschickt wurden, damit keine Schiffe gegen die halbe Insel rumsten. Ich fragte mich gerade, wie weit man von da oben wohl gucken konnte, als

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