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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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Nachmittag am Strand. Wenn man denkt, dass beide Eltern einen nicht wollen, kann man sich auch gleich mit einem Schild um den Hals als Sonderangebotskind der Woche vor ein Kaufhaus setzen oder in ein Waisenhaus auswandern oder sich wenigstens selber zur Adoption freigeben. Aber Oskar hatte einen anderen Weg gewählt. Dieser Weg hatte ihn direkt an die Ostsee geführt und mich gleich dazu.
    Â»Es tut mir leid, dass für dich alles so schrecklich ist«, sagte ich.
    Â»Ich weiß. Danke.« Oskar stockte, als hätte er eben meine Gedanken gelesen. »Weißt du, wir müssen das hier nicht machen. Ich hab dich hierhergelotst, nur weil ich abhauen wollte. Falls wir in Schwierigkeiten geraten, dann …«
    Â»Nee. Wir ziehen das jetzt durch.«
    Es war seltsam, aber seit ich von dem Rubin wusste, dachte ich bloß umso mehr an den Kalbstein. Nur der war Gustav W. Fitzkes wirkliches Vermächtnis. Der Rubin mochte wertvoll sein, aber er war Fitzke gleichgültig gewesen. Falls Julia und Justin uns erwischten, sollten sie ihn von mir aus behalten, und gepfiffen auf den Reichtum. Aber den Kalbstein wollte ich zurück.
    Wir standen früher auf dem Feldweg vor dem Haus der Bonhöfers, als mir lieb war. Drinnen kein Licht. Julia und Justin schliefen, und wer auch immer dieser Bobo war, den Justin erwähnt hatte, schlief hoffentlich auch. Erste Regentropfen trafen uns. Ich leckte sie mir von den Lippen und bildete mir ein, dass sie ein bisschen nach Salz schmeckten.
    Â»Wir gehen vor wie besprochen«, flüsterte Oskar. »Plan A.«
    Er hob eine geballte Faust hoch. Das war ein A in Gebärdensprache. Sven nickte und grinste. Er atmete so ruhig und unaufgeregt, als würde er jede Nacht in ein Haus einbrechen. Voll C und L. Was ich von mir leider nicht behaupten konnte.
    Â»Okay«, flüsterte ich mit trockenem Hals. »Plan A.«
    Plan A war: Rein ins Haus. Schuhe ausziehen und auf Socken schleichen. Keinen Ton, nicht mal ein Flüstern. Aufteilen – jeder in ein anderes Zimmer. Türen schließen, Licht an, Steine suchen. Durchsuchung des Schlafzimmers nur im äußersten Notfall, unter Einsatz der Taschenlampe, um die eine Socke gewickelt war.
    Plan B war Schreien und Weglaufen.
    Während wir durch den Garten schlichen, überlegte ich, ob ich Porsche irgendwo hier draußen anbinden sollte. Im Schuppen hatte ich ihn nicht zurücklassen wollen, weil er vor lauter Einsamkeit womöglich Radau gemacht und Svens Eltern geweckt hätte. Aber hier drohte die gleiche Gefahr. Es ging nicht anders, er musste mit rein. Abgesehen davon, hatte er es sowieso am leichtesten von uns allen.
    Bei unserem ersten heimlichen Besuch war mir die Schwingklappe in der Haustür zwar auch aufgefallen. Aber im Gegensatz zu Oskar wäre ich nie auf die Idee gekommen, durch dieses Ding, das eigentlich für eine Katze gedacht war, ins Haus einzudringen. Wir passten durch die Klappe gerade so durch. Oskar bildete die Vorhut, Sven die Mittelhut und ich mit Porsche die Nachhut.
    Drinnen roch es nach Pizza und nach schlecht gelüftet. Teppich unter den Füßen, das konnte man spüren. Sonst zappenduster. Das Haus war nicht groß, so viel war schon von außen zu erkennen gewesen. Mehr als zwei Zimmer, dazu Küche und Bad, konnten das hier unten kaum sein. Oskar, der blitzschnell barfuß war und eine Socke über die Taschenlampe stülpte, beleuchtete den Flur. Geisterhaftes Licht fiel auf vier Türen – das passte genau zu meiner Aufteilung. Am Ende des Flurs führte eine schmale Holztreppe nach oben unters Dach.
    Nach knappen Handzeichen von Oskar teilten wir uns schweigend auf. Ich war überrascht, wie lautlos alles vor sich ging. Wie super alles nach Plan A lief. Was für geborene Einbrecher wir waren.
    Meine Tür war nur angelehnt. Unmittelbar davor hörte ich, wie Porsche schnuppernd Luft einsog und ein fast unhörbares Fiepen von sich gab. Ich wollte ihn hinter mir herziehen, aber er stemmte sich gegen den Boden, genau wie zu Hause, als ich ihn in den Reisekasten hatte verfrachten wollen. Toll – damit war das Geheimnis der Schwingklappe gelüftet: Irgendwo im Haus gab es tatsächlich eine Katze, oder es hatte mal eine gegeben! Falls sie noch da war, konnte ich nur hoffen, dass sie tief und fest pennte. Ich beugte mich zu Porsche runter, streichelte ihm beruhigend über den Kopf und verpasste ihm ein paar kleine Knutscher.

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