Riemenschneider
mit in das Bett, grün und schwarz strömen mit dem Blau, drei Farben hat das Wasser. Der Kaiser fiebert. Die Reise muss unterbrochen werden. Vor Linz ankert das Schiff am rechten Ufer. »Es ist nicht mehr weit«, versucht der Leibdiener etwas Trost zu spenden. Auf dem Landweg tragen Knechte die Sänfte nach Wels, dort in der Burg ist das Schlafgemach geheizt, und Federkissen umarmen den Kaiser.
Für einige Wochen mildern sich die Krämpfe ab, doch es ist nur ein Atemholen vor noch größeren Qualen. Der Medicus verabreicht in Wein gesottenes Wermutkraut. »Sollte diese Medizin nicht anschlagen, so beginnen wir morgen mit einer neuen Therapie.« Er spricht von gemahlenen Schneckenschalen, Korallen, gemischt mit Hirschhornsalz und Kaminruß. »Ihr werdet gesunden, Majestät.«
In der Nacht erhellt Mondlicht das Schlafgemach. »Lass mich ihn sehen!« Der Baron öffnet den Fensterflügel. Einige Atemzüge lang betrachtet Maximilian den Mond, »Ich glaubte, er wäre vollkommen …« Er müht sich um jedes Wort. » … doch in Wahrheit fehlt dem schönen Rund ein Stück.«
In der dritten Morgenstunde nimmt der knöcherne Zeremonienmeister die Hand des Kranken und führt ihn von der Bühne.
»Der Kaiser ist tot!«
Keine Lähmung. Kein Schreck! Eilige Geschäftigkeit erwacht in der Burg zu Wels. Klare Weisung hat Maximilian dem Beichtvater für die Stunden nach seinem Tod gegeben. »Licht. Bringt Licht!« Der Kartäuserprior nickt dem Leibarzt zu. »Ihr könnt beginnen.«
Der Medicus öffnet den Mund. Um die Kiefer auseinanderzuhalten, schlägt er eine Holzstütze zwischen Zunge und Gaumen, dann entfernt er alle Zähne bis auf einen Vorderzahn. Sorgfältig schabt er dem Verstorbenen die Haare vom Schädel. »Entblößt den Leib.« Und der Mönch geißelt die Brust, Striemen bleiben auf der noch warmen Haut zurück.
»Ich will«, hatte Maximilian angeordnet, »ohne Prunk und weltliche Würdezeichen, als armer Sünder und Büßer will ich vor den ewigen Richter hintreten.«
Als der Tag anbricht, liegt Kaiser Maximilian, der erste dieses Namens, aufgebahrt in der Halle. »So soll man mich konterfeien.« Wie befohlen hat der Beichtvater einen Maler aus der Stadt kommen lassen. Nun steht die Staffelei neben dem Totenbett, und der Künstler zeichnet einen ersten Entwurf. Immer wieder setzt er ab und vergleicht. Das Haupt umhüllt eine rote schlichte Ohrenkappe, die nun eingefallenen Wangen lassen den habsburgischen Nasenhöcker wie auch das Kinn noch schärfer hervortreten, darunter wölbt sich ein breiter Rand des reinweißen Körpertuchs über dem schwarzen Leichenmantel. Als einziger Schmuck ziert ein goldenes Kleeblattkreuz die Brust des Verstorbenen.
Es ist der 12. Januar im fünfzehnhundertneunzehnten Jahr nach Christi Geburt.
Der knöcherne Reigenführer schreitet fidelnd bis in die Mitte der Bühne, bricht sein Spiel ab und deutet auf den mit dem Bischofshut. »Jetzt du.«
Würzburg
Sie dürfen ihn nicht mehr von Angesicht zu Angesicht sehen. Im Vorzimmer zu den Gemächern des Fürstbischofs steht der Domdechant mit einigen Beratern. Vor wenigen Tagen hat der Kranke sie zu seinen Testamentsvollstreckern ernannt. Den Herren rinnt der Schweiß. Im Raum lasten Hitze und Gestank nach Fäulnis.
Verborgen hinter einem Seidenvorhang, den zwei Diener an Stangen hochhalten, gibt ihnen Lorenz von Bibra mit kehlig heiserer Stimme seinen Willen kund: » … und bittet Bürgermeister und Rat der Stadt Würzburg um Vergebung, wenn ich während meiner Herrschaft gegen sie gehandelt habe …« Husten unterbricht ihn, versinkt in gequältes Röcheln, dann fremde Stille, endlich ist wieder pfeifendes Atmen zu vernehmen. » … und erinnert meine Kritiker daran, dass es während meiner Regentschaft keinen Krieg gab. Stets habe ich zwischen Fürsten und Herren vermittelt, damit arme Leute nicht so viel leiden mussten. In meinem Land herrschte Frieden … Gebt mir zu trinken!«
Die Schlucke sind laut, mehr ein Würgen, so als öffnete sich der Schlund nur wenig. Nach einer Weile nimmt Bischof Lorenz den Faden wieder auf. » … Frieden. Während es um uns herum immer wieder Empörung und Kämpfe gab, konnte das Volk in meinem Land in Sicherheit leben. Nur ein einziges Mal kam es zur Aufrüstung …« Die Erregung nimmt die Stimme.
Die Herren treten näher an den Vorhang, um das krächzende Flüstern zu verstehen. »Damals vor fünf Jahren. Dieser Götz von Berlichingen. Er hat den Landfrieden gebrochen. Und ich musste im Auftrag des Kaisers
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