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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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wollen. Zu groß war die Sorge, dass ihnen der Schwarze Haufe mit dem Frankenheer zu viel Beute wegschnappen könnte, und während über ihnen die Kugeln sangen, fielen sie auf der linken Mainseite unterhalb des Schlosses in die Vorstadt ein, brachen die Weinkeller von St. Burkard auf und tranken und johlten …
»Sauhaufen sind es, mehr nicht«, grollte Florian Geyer in der mit Sandsäcken gesicherten Schankstube des Rathauses; er blickte den Feldhauptmann des Hellen Haufens scharf an. »Ohne jede Disziplin, ohne Ordnung.«
Götz schlug die Eisenfaust auf den Tisch. »Was hör ich da?« Zorn wölbte die Stirnader. »Werter Herr, wollt Ihr mir etwa für diese … diese unfähigen Bauern die Schuld geben. Ich habe sie nicht ausgebildet.« Die Stimme wurde lauter. »Verdammt, seht mich nicht so herablassend an! Ich trug schon Rüstung, als Ihr noch gar nicht geboren wart.«
»Keinen Streit, bitte.« Vergeblich hob Georg Metzler, der Oberste im Bauernrat, beschwichtigend die Arme. Götz stürmte durch den Raum zum Fenster, deutete durch einen schmalen Spalt zwischen den Sandsäcken. »Und was richten Eure Geschütze aus? Der Herr will ein tüchtiger Feldhauptmann sein und beschießt ein Schloss, doch die Kugeln schaffen es gar nicht bis zu den Mauern. So wie … wie ein Knabenschwanz, der noch vor dem Freudental losspritzt.« Götz lachte allein über den Vergleich, suchte Zustimmung bei den Obersten des Bauernrates. »Hab ich recht? Oder?«
Vorsorglich stellte sich Metzler dem Junker aus Giebelstatt in den Weg. »Mäßigt Euch. Beide. Das ist ein Befehl!«
Florian Geyer rang mit sich, die Vernunft siegte schließlich, und er sagte betont sachlich: »Es ist wahr, unsere Geschütze sind zu schwach. Wir benötigen schwere Kartaunen und Notschlangen, und zwar rasch. Sonst werden wir das Schloss nicht bezwingen.« Er wusste auch, woher die Verstärkung kommen sollte. »Wenn ich mit Nachdruck den christlichen Brüdern in Rothenburg unsere Lage schildere, werden sie nicht zögern und uns ihre Geschütze ausleihen. Bis dahin aber …« Er vermied es, Götz von Berlichingen anzusehen. » … sollte nichts mehr gegen den Marienberg unternommen werden. Jeder übereilte Schritt schadet unserer Sache.«
»Du verlangst sehr viel«, brummte der Oberste des Bauernrates. »Die Leute da draußen haben schon zu lange gewartet. Solch einen Befehl durchzusetzen, das wird schwer werden.«
»Aber Ihr habt doch den erfahrenen Ritter mit der eisernen Hand, damit wird er schon durchgreifen.« Florian zahlte jetzt zurück. »Er lag schon mit seinen Strauchdieben im Hinterhalt, als wir noch Knaben waren. Ritter Götz weiß also genau, wie mit undisziplinierten Horden umzugehen ist.«
»Du kannst mich …« Auch Götz gelang es, sich zu beherrschen, und er beendete den Satz nicht.
Georg Metzler ließ rasch das Hilfegesuch aufsetzen, und schon eine Stunde später verließ Florian Geyer, ungeachtet des anhaltenden Artilleriegefechts, mit einem Kuriertrupp durchs Sander Tor die Stadt, war unterwegs nach Rothenburg.
Bei Einbruch der Dämmerung ließ das Schießen endlich nach, bald schwiegen die Geschütze ganz. Nichts war von den Angreifern erreicht, kaum einen Stein hatte das Schloss verloren. In der Stadt aber starrten die Bürger mit entsetzten Blicken auf die Schäden … das zerstörte Dach … ihr eingestürztes Haus.
Meister Tilman Riemenschneider kehrte noch vor den Männern mit Magdalena und den Mädchen ins Wolfmannsziechlein zurück. Der erste Blick galt den Tieren. Die Pferde standen ruhig da, auch Hühner und Kaninchen hatten den Tag schadlos überlebt. Nach kurzer Inspektion des Wohnhauses und der Werkstatt trat Til erleichtert wieder nach draußen. Bis auf diesen einen Einschlag im Hof gab es keine Schäden. »Wir sind verschont geblieben.«
Die Söhne kamen mit den Gesellen durchs Tor, unversehrt.
»Wo ist Rupert?« Magdalena tastete unter ihr Kinn, zerknüllte die Enden des Kopftuches.
»Wir dachten, er ist schon vorausgegangen.« Jörg sah sich um, dann senkte er den Blick.
»Habt ihr nicht auf ihn …« Magdalena flüsterte: » …nicht auf ihn geachtet?«
»Das war nicht möglich. Er blieb gleich ganz vorn, wir mussten weiter durch. Als dann alle von der Floßbrücke zurück in die Stadt drängten, haben wir ihn nicht gesehen.«
»Aber er muss doch …«
»Da!« Barthel lachte und wies mit der Hand ins Dunkel der überdachten Einfahrt. »Da kommt er doch.«
Aus Angst geborenes Glück weckt leicht auch Zorn. Magdalena lief auf ihn

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