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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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befreit. »Diese Tölpel wollen also wirklich hinauf? Ohne dass die Mauern sturmreif sind?«
»Zwei Fähnlein vom Hellen Haufen.« Sinterius deutete mit dem Kopf in Richtung Main. »Wortführer sind dieselben Männer, die sich gestern drüben in der Vorstadt eingenistet haben. Oben vom Lager wollen sich welche anschließen, und auch einige Bürger der Stadt machen sich bereit.«
»Und ausgerechnet heute, da sich dieser saubere Junker Geyer in Rothenburg rumtreibt.«
Thoma seufzte und erinnerte seinen Ritter: »Es darf nichts unternommen werden, bis er mit den Geschützen zurück ist. Darin habt Ihr eingewilligt, Herr.«
»Weiß ich«, blaffte Götz. »Und hör auf, mich zu ermahnen, sonst …« Nachdenklich wischte er sich das fettige Kinn ab. »Noch zwei Wochen, dann ist meine Zeit hier um, dann bin ich den Feldhauptmann los. Deshalb, meine Buben, müssen wir auch an später denken.« Lebhaft erhob er sich. »Federquäler. Nach oben mit dir ans Schreibpult.« Er wollte die Fähnlein auffordern, sich zurückzuhalten. »Das ist meine Pflicht. Allerdings formulieren wir den Befehl so höflich, dass sie ihn sicher nicht befolgen werden. Und außerdem …«
Von draußen näherten sich Stimmen. Rasch gab der Ritter seinem Knappen Anweisung. »Bleib hier und sorg dafür, dass wir oben nicht gestört werden.« Gleich entschwand er mit Sinterius durch die Tür zur Treppe.
Oben in seinem Gemach legte er dem Schreiber die Linke auf die Schulter: »Den Befehl wirst du nachher ins Lager bei Höchberg bringen. Offiziell weiß ich ja nichts von den Kerlen in St. Burkard.«
»Aber, Herr, dann kommt er zu spät …«
»Ist das unsere Schuld?« Götz senkte die Stimme. »Und noch etwas. Ich werde dir zusätzlich drei Worte diktieren, die schreibst du auf einen extra Zettel …« Mit Blick zur Tür bog er den hochgewachsenen Sekretär zu sich herunter und raunte ihm ins Ohr. Sinterius wurde blass. »Aber, Herr, ich denke …«
»Nein, nein, von Diplomatie verstehst du nichts. Also überlass das Denken nur mir. Und jetzt spitz die Feder!« Am späten Nachmittag eilte ein Waffenknecht vom Palisadenzaun hinauf zur Mauer, durch den Geheimgang gelangte er in den Schlosshof. Atemlos überreichte er seinem Kommandanten einen fest in Papier gewickelten Stein. »Der kam über den Zaun geflogen … drüben, an der Seite nach Höchberg hin. Ich dachte, das ist vielleicht wichtig.«
Sebastian Rotenhan löste, glättete das Papier und las, gleich ließ er die Hand sinken. »Danke, Freund. Geh wieder auf deinen Posten!« Kaum war der Mann außer Hörweite prüfte er noch einmal die Nachricht. »Sturm heute Nacht.« Er schüttelte den Kopf. »Jeder Stein steht hier noch auf dem anderen? Kein vernünftiger Befehlshaber würde seine Leute gegen uns anrennen lassen.« Er faltete den Zettel und steckte ihn in die Tasche. »Aber wer weiß, da draußen lauern keine Landsknechte, sondern tollwütige Bauern. Denen ist alles zuzutrauen.«
Der Kommandant gab stillen Alarm. »Der Feind will stürmen. Bereitet euch vor.« Er ließ mehr Kugeln und Pulver ausgeben, als es für eine gewöhnliche Nacht notwendig wäre. Die Posten auf den Wehrmauern wurden verdoppelt. Er befahl, die kleineren Geschütze nicht mit Kugeln, sondern mit Eisensplittern zu laden. »Richtet die Rohre auf die Gräben und Palisadenzäune.« Ohne Befehl durfte nicht geschossen werden. Jede Bewegung unterhalb des Schlosses ließ er sich melden.
Gegen Abend lastete sonderbare Stille in der Vorstadt. Kein Grölen der Betrunkenen drang mehr aus St. Burkard. Drei Bauern huschten den Pfad zu den Wehrzäunen hinauf und verbargen sich in den Weingärten. Eine zweite Gruppe folgte, dann schlichen breit auseinandergezogen gleich sechs Trupps hinauf, mehr und immer mehr wurden es mit zunehmender Dunkelheit.
Noch ein Atemholen, und die Nacht fiel, allein der halbe Mond spendete bleiches Licht, ließ schwach den hölzernen Zaun, die Mauern und hoch droben das Schloss erkennen.
Trommelwirbel! Pfeifen! Im Schutz der Dunkelheit rannten und hasteten nun ganze Rotten den Berg hinauf, Hunderte von Bauern vereinten sich mit den wartenden Gruppen, und gemeinsam wagten sie sich an die Palisaden vor. Keine Gegenwehr von oben. Die Überraschung war gelungen, musste ausgenutzt werden. Das Johlen schwoll an, Geschrei hob den Mut über alle Vorsicht. Machtvoll schwangen sie ihre Äxte, schlugen Breschen, und sie quollen hindurch, erreichten denGraben und ließen sich an Stricken hinunter.
Das Mündungsfeuer von mehr

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