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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Augen, sah, wie es im Morast versank.
Die Glocke tönte vom Dom herüber. Der vierte Schlag verebbte.
Donnern, hartes Knallen, gleich gefolgt wieder von Gedonner. Magdalena stieß mit der Hand gegen ihren Napf, konnte ihn gerade noch festhalten. Für einige Atemzüge schwiegen die Geschütze, um gleich darauf erneut aufzubrüllen, dann wieder schwiegen sie, und erneut setzte das Wummern und Krachen ein, lauter und heftiger als zuvor.
Hans tippte Barthel auf den Arm. »Wir sollten nachsehen …«
»Ihr bleibt. Ich will nicht …« Gleich unterbrach sich der Vater. »Verzeiht. Ich wollte nicht befehlen. Die Sorge, versteht ihr … Ja, es ist sicher besser, wenn wir wissen, was draußen vorgeht.«
Vor der Tür befestigten sich die Brüder noch gegenseitig die Helme, als Jörg mit seiner Frau atemlos den Hof erreichte. »Wo wollt ihr hin?«
Er war von seinem Haus in der Wagengasse zuerst hinunter zur Mainbrücke gelaufen und dann hergekommen. »Geht besser nicht! Wer weiß, was noch geschieht.« Barthel und Hans legten die Eisenhauben wieder ab und folgten dem Ältesten und der Schwägerin ins Haus.
»Sie schießen vom Niklasberg.« Auf der Anhöhe direkt dem Schloss gegenüber hatten die Bauern ihre Artillerie hinter Schanzkörben in Stellung gebracht. »Aus fünf Rohren feuern sie, doch die Reichweite fehlt.« Jörg schien erleichtert, sogar etwas Schadenfreude schwang mit. »Einige hohe Kugeln fallen zwar auf die Überdachung der Wehrmauern. Die meisten aber prallen einfach ab.«
Um genauer zu sehen, wäre er gern auf die aneinandergeketteten Flöße unterhalb der Mainbrücke gegangen. Doch dieser durch die Steinbögen geschützte Übergang war nur den Bewaffneten vorbehalten. »In jedem Fall weiß ich, dass auf der anderen Seite die Bauern vom Deutschhaus her mit kleinen Geschützen feuern. Die knallen aber nur laut. Oben im Schloss können die kaum was anrichten.«
Til ballte beide Hände langsam zu Fäusten. »Und doch, so fürchte ich, werden die Bauern nicht aufgeben. Im Gegenteil.«
»Was haltet ihr die Mäuler offen?« Betont forsch klatschte Magdalena den Mädchen. »Nehmt das Geschirr, und ab mit euch in die Küche!« Sie zwang sich zu scherzen. »Glaubt ihr etwa, nur weil da draußen Krieg geführt wird, gäb’s keine Arbeit. Nun bewegt euch schon!« Sie nahm die Frau des Ältesten der Brüder am Arm, stärkte sich einen Moment an Tils dankbarem Blick und verließ den Speiseraum.
»Ihr könnt euch auch nützlich machen.« Der Meister bat Rupert und die Gesellen, nach den Tieren zu sehen. Die Pferde sollten beruhigt werden, auch eine Kontrolle im Hühner- und Kaninchenstall sei sicher notwendig.
Der heftige Beschuss hatte nachgelassen, die Pausen wurden größer. Jetzt noch einmal nachschauen? Sich vergewissern? Nein, sie wollten noch abwarten.
Während Jörg mit Hans überlegte, wie lange die Burgbesatzung den Bauern Widerstand leisten könnte, setzte sich der Vater zu dem jüngsten Sohn. »Für gewöhnlich hab ich deinem Meister Johann Wagenknecht hin und wieder kleinere Aufträge zu malen gegeben. Er ist aber in dieser schlimmen Zeit genau wie ich zu sehr mit den Kämpfen zwischen Stadtrat, Bauernführern und den Burschen vom Parlament beschäftigt. Deshalb dachte ich, dass du mir helfen könntest.«
Barthel staunte den Vater an. »Du meinst, ich soll … ich darf für dich malen?«
»Sobald wieder ruhigere Tage kommen. Mein Beweinungsrelief für Rimpar, weißt du, die Augen …«
Ein dumpfes Donnern ließ alle im Zimmer aufspringen. Grollen und Wummern wurden mächtiger. Furchtbares Krachen kam vom Haus auf der anderen Seite der Franziskanergasse. Gleich folgte helles Pfeifen, dann schlug drüben eine zweite Kugel ins Dach. Balken brachen, Ziegel regneten nieder, Wände stürzten. Wieder ein Treffer, und das Gebäude sank in sich zusammen.
»Das sind die großen Kartaunen von der Burg.« Jörg war blass geworden. »Sie beschießen nicht die Bauern. Sie zielen auf die Stadt. Sie … sie meinen das Parlament im Franziskanerkloster. Und wir sind gleich nebenan …«
Ein gewaltiger Schlag vom Innenhof her. Geschrei folgte. Entsetzen. Die Mägde schrien durch den Flur; Magdalena öffnete die Stubentür: »Was jetzt?«
Hinter ihr tauchten Rupert und die Gesellen auf. »Im Hof ist ein Loch. Nur gut, dass die Kugel nicht unser Haus getroffen hat.«
»Meine Werkstatt … Nein!« Til schlug sich gegen die Stirn, zunächst gab es Wichtigeres: »Ihr Frauen, sofort runter in den Keller. Bleibt dort, bis das Schießen

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