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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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bin ich nicht an der Sache dran.«
    »Stehen Sie nicht in Kontakt mit seinem Wohngenossen, diesem umtriebigen Achenbach?«
    Es hatte den Anschein, als seien die Gerüchte auch bei Marquardt angekommen. »Nein, er ist für mich nur ein Student, der Kontakt besteht zu seinem Vater.«
    »Dieser Achenbach macht sich unbeliebt, kaum jemand hat mehr ein gutes Wort für ihn übrig. Anfangs hatte jeder Verständnis für ihn. Aber er übertreibt. Haben Sie mitbekommen, wozu er sich verstiegen hat?« Ohne auf eine Antwort zu warten, sprach Marquardt weiter, jetzt bedeutend |292| leiser. »Er zeigt überall ein Bild herum, von Alexandra Lehmann auf einem Reiterhof. Ich finde es geschmacklos, besonders der Toten gegenüber. Jeder wusste von dem gespannten Verhältnis der beiden. Da ist noch eine weitere Person auf dem Bild, und dieser Mini-Derrick fragt jeden, ob er die Person kennt. Haben Sie das Bild gesehen?«
    Johanna verneinte, ohne sich in Ausflüchte zu retten. Konnte es dieselbe Person sein, mit der sie Alexandra in Lorch gesehen hatte?
    »Vielleicht haben Sie mäßigenden Einfluss auf ihn. Können Sie nicht die geschäftliche Beziehung zum Vater nutzen? Er gefährdet sein Studium, schwänzt Klausuren, kommt nicht zu den Übungen, lässt seine Arbeitsgruppe im Stich   ...«
    »Sie überschätzen meine Möglichkeiten, Herr Dr.   Marquardt«, unterbrach ihn Johanna und wunderte sich, wie gut der Professor informiert war. »Ich habe das Weingut unter energetischen Gesichtspunkten analysiert, und jetzt gebe ich meine Vorschläge ab, das ist alles.«
    »Dann wissen Sie auch nichts von Umständen, die Manuel Stern entlasten könnten? Gibt es nichts, keinen Hinweis auf seine Unschuld, irgendeinen Verdacht, dem man noch nicht nachgegangen ist? Wäre es möglich, dass Achenbach recht hat und Stern den Mord gar nicht verübt hat? Ein geheimnisvoller Dritter als Täter?«
    Das waren für Johanna zu viele Schwenks und zu viele Fragen auf einmal. »Im Moment geht es mehr um die Frage, wer den Überfall auf Thomas Achenbach in Auftrag gegeben hat.«
    Marquardt zeigte sich erschrocken, er wusste offenbar nichts davon, und Johanna erzählte ihm, was sie wusste.
    »Drei Mann hat er verprügelt? Wer hätte ihm das zugetraut?« Marquardt schüttelte ungläubig den Kopf, aber er hatte eine Erklärung für den Überfall parat. »Das wird eine Sache unter jungen Männern gewesen sein. Drogengeschäfte vielleicht? Nimmt er Drogen? Sagten Sie nicht, dass es vor |293| einer Russen-Diskothek stattgefunden hat? Wundert mich, dass er dort verkehrt. Da geht es nur um Drogen oder Mädchen. Oder Achenbach hat die Angreifer beleidigt, Sie wissen ja, Frau Kollegin, wie anmaßend er sein kann. Heutzutage ist die Toleranz genauso niedrig wie die Schwelle zur Gewalt. Jeder Anlass ist recht.«
    »Ein Angriff mit dem Messer ist keine Kleinigkeit mehr«, entgegnete Johanna ärgerlich. »Es wird eine Anzeige wegen versuchten Mordes geben. Zwei Täter wurden gefasst.«
    Jetzt war der Professor wirklich beunruhigt. »Schlimme Dinge, sehr schlimm. Wer weiß, in was dieser Stern seinen Freund noch hineinzieht, wo anscheinend beide so unbeherrscht sind. Ist es nicht schrecklich, dass zwei junge Leben bereits jetzt ein Ende gefunden haben, das eine physisch, das andere sozial? Stern ist für sein Leben gebrandmarkt.«
    Johanna ließ sich ihr Erstaunen über sein gestelztes Nachfragen und die dummen Kommentare nicht anmerken. Was wollte Marquardt? Wollte er reden, wollte er ihr etwas ganz anderes sagen?
    Es gab für Johanna eine gute Möglichkeit, ihn zu bremsen. Sie würde Vormwald zitieren. »Totschlag oder Mord im Affekt – wie das heißt – dafür gibt es bei mildernden Umständen, die sich aus der schweren Kindheit von Manuel Stern ergeben, fünf oder sechs Jahre Gefängnis, bei guter Führung und entsprechenden Auflagen nur vier oder fünf   ...«
    »...   wenn er sie übersteht«, bemerkte Marquardt in seiner überheblichen Art. »Kinder reicher Leute, besonders die sensiblen, haben es nie leicht. Im Gefängnis herrscht ein ausgeprägtes Klassenbewusstsein. Erpressung, Notzucht, er ist ein hübscher Bengel, er kann sich nicht wehren, er ist das typische Opfer.«
    »Sie sagen es in einer Weise, als hätten Sie keinerlei Mitgefühl, Herr Professor Dr.   Marquardt.« Diese Debatte wollte Johanna nicht fortsetzen. Dafür stellte sie eine Frage, deren Antwort sie brennend interessierte. »Was ich Sie bereits |294| seit Langem fragen wollte: Stichwort

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