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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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Regine weiß ich, dass er sich über meine angeblich katastrophalen Leistungen auslässt, dass ich meine Klausuren angeblich verschwinden lasse. Ich |334| sei nur gut gewesen, solange ich von Manuel profitiert hätte. Nur deshalb wolle ich ihn aus dem Knast holen und weil wir sein Geld für unser Weingut brauchten. Wenn es mit mir so weiterginge, würde ich exmatrikuliert.«
    »Das sind harte Geschütze. Dann informieren wir besser die Polizei über alles, auch darüber, was wir jetzt herausgefunden haben, bevor wir uns weiter in Gefahr begeben.«
    »Bloß nicht, Johanna.« Thomas wollte ihr die Hand auf den Arm legen, zuckte aber im letzten Moment zurück.
    Johanna bemerkte es und lächelte. Sie fragte sich kurz, ob sie die Hand hätte liegen lassen   ... nein! Unter keinen Umständen, und doch   ... Verflixt – was zog sie nur zu diesem Jungen hin?
    »Wir müssen überlegen, was wir sagen. Am wichtigsten ist die Untersuchung der Wohnung in Lorch. Wenn DN A-Spuren ohne Zuordnung aus Alexandras Wohnung auch dort gefunden werden, dann ermittelt die Polizei weiter. Und wenn sie das Keyboard ausgewertet haben, sind neue Sachverhalte da.«
     
    Gegen einundzwanzig Uhr erhielt Johanna einen Anruf von Thomas. Er bat sie, noch einmal auf die andere Seite zu kommen, er wisse jetzt, was alle Beteiligten verbinde. Er habe von Sechser Informationen über die beschlagnahmten Dokumente bekommen und Verbindungen herstellen können, aber am Telefon wolle er das nicht sagen. Und am Nachmittag habe der Wagen eines Malerbetriebs vor der Wohnung gestanden, wie die Nachbarin gesagt habe, die auch er nach der freien Wohnung gefragt habe.
    Eigentlich war es zu spät, aber die Fähren verkehrten fast bis Mitternacht, und länger als eine Stunde würden sie nicht brauchen. Sie könnten sich in Rüdesheim treffen, dann wäre sie rechtzeitig zurück. Sie hatte die Wohnung für den morgigen Besuch aufgeräumt und geputzt, obwohl sie wusste, dass Carl es kaum bemerken würde. Sie duschte, band sich |335| das kurz geföhnte Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen, schlüpfte schnell in Jeans und Bluse, zog leichte Slipper an und warf sich der Kühle des Abends wegen die Jeansjacke über. Handtasche und Autoschlüssel lagen wie immer im Flur vor dem Garderobenspiegel.
    Es herrschte wenig Verkehr, und auf der Rampe war sie die Erste und gänzlich allein, sie konnte als Erste auf die Fähre fahren und sie drüben auch als Erste wieder verlassen. Sie stoppte an der Haltelinie, stellte den Motor ab und öffnete beide Fenster. Der Abend war lau, es ging ein leichter Wind, sie hörte dem Zwitschern der Vögel zu und sah, wie die letzten Strahlen der untergehenden Sonne die Wolken erleuchteten, rot wie Zuckerwatte.
    Dieser Abend war voller Ruhe, sie hatte die anstehenden Klausuren vorbereitet, vor dem Wochenende keine Besprechungen mehr. Sie kamen ihrem Ziel langsam, aber stetig näher, eine Information ergänzte die vorherige, ein neues
    Bild entstand. Im Grunde hatte Thomas es verstanden, sie in seine Pläne einzubauen, sein Ziel war zu ihrem geworden. Außerdem gewann sie ihren Mut und ihre Zuversicht zurück, sie haderte viel weniger mit ihrem Schicksal und den Verhältnissen. Wenn es junge Menschen gab, die so waren wie er, wie Manuel oder Regine, dann brauchte man doch noch nicht zu verzweifeln, dann gab es vielleicht eine Chance   ...
    Es knallte fürchterlich, Johannas Kopf wurde nach hinten gerissen und gegen die Nackenstütze geschleudert. Sie erschrak so heftig, dass sie glaubte, vom Kopf bis zu den Füßen unter Strom zu stehen. Sie prallte zurück, blieb im Anschnallgurt hängen und sackte benommen in sich zusammen. Dann hob sie mühsam den Kopf und sah in den Rückspiegel. Verschwommen nahm sie eine riesenhafte weiße Fläche wahr, in der Mitte ein Stern   ... Schon wieder ein Stern, fuhr es ihr durch den Kopf, nur war dieser auf dem weißen Kühler eines Lieferwagens   ...
    |336| Hinter ihr heulte der Motor des Kleintransporters, er schob sie vor sich her, als gäbe es keine Johanna Breitenbach in ihrem kleinen Auto. Da erst begriff sie, dass der Wagen sie gnadenlos in Richtung Wasser schob, egal wie stark sie in Panik an der Handbremse riss. Sie roch verbranntes Gummi, roch den überdrehenden Motor, sie stemmte sich mit aller Kraft in die Bremse, doch der Rhein kam auf sie zu, die Rampe neigte sich, sie wollte den Wagen zur Seite steuern, aber bei abgestelltem Motor schnappte das Lenkradschloss ein.
    Rechts neigte sich die Rampe, der

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