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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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explodieren können. Es war ihm egal, ob hier drei oder dreihundert Fälle behandelt wurden, Manuels Fall war der wichtigste. Glücklicherweise war Regine dabei, einerseits um ihrem Auftreten mehr Gewicht zu geben, andererseits um ihn zu besänftigen. Ihr praktischer Sinn und ihre Unbekümmertheit – oder bäuerliche Sturheit, wie er insgeheim wohlwollend dachte – beruhigten ihn, und er ließ ihr den Vortritt.
    Altmann war ein Bürokrat, farblos und blass, gleichzeitig war er das Misstrauen in Person, mit Augen, die jeden durchdrangen. Er hatte keine eigene Meinung, und gleichzeitig schien er alles für möglich zu halten. Er mochte vierzig sein oder sechzig, Thomas konnte sich vorstellen, dass er beim Wiesbadener Halbmarathon ganz gut mithalten oder unterwegs zusammenbrechen würde. Wie groß er war, hatte Thomas nicht sehen können, denn er war, als sie sein nach altem Papier riechendes Büro betreten hatten, sitzen geblieben.
    »Wo waren
Sie
zur Tatzeit?« Bei seiner ersten Frage beugte er sich mit untergeschlagenen Armen weit über seinen Schreibtisch.
    »Wenn wir die Tatzeit kennen würden, könnten wir Ihnen das sagen.« Thomas hoffte, auf diese Art herauszufinden, wann Alexandra umgebracht worden war.
    Altmann schrieb etwas auf. »Hauptkommissar Sechser hat mich informiert, dass Sie, Herr Achenbach, sich wenig kooperativ, geradezu feindlich zeigen. Haben Sie ein gestörtes Verhältnis zur Polizei?«
    |123| Thomas fühlte sich nicht bemüßigt, diese Frage zu beantworten. Altmanns Lippen wurden schmaler, es war die erste Regung, die er zeigte. »Über Sie«, er wandte sich Regine zu, »hat der Hauptkommissar lediglich gesagt, dass Ihre Antworten selten aus mehr als vier Worten bestehen würden. Ich hoffe trotzdem, dass Sie beide uns die Arbeit leicht machen, ich kann mir denken, dass auch Ihnen daran gelegen ist, dass der Fall geklärt wird.«
    »Das ist richtig«, sagte Regine.
    Das waren nur drei Worte, dachte Thomas. »Wir hätten gern gewusst, was gegen unseren Freund vorgebracht wird«, ergänzte er etwas zu stürmisch, »es ist uns völlig schleierhaft, wieso Sie ihn verhaftet haben.«
    »Wegen dringenden Tatverdachts. Mehr möchte ich nicht sagen, eigentlich wäre ich nicht einmal dazu verpflichtet. Sie stehen zu dem Verdächtigen in keinerlei familiärer Beziehung.«
    Thomas sah Regine an, sie zuckte mit den Achseln, aber längst nicht resignierend, dann sagte er: »Wir kooperieren gern, wenn es dazu führt, den wirklichen Täter zu fassen – oder die Täterin – und meinen Partner zu entlasten.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass es auch eine Frau gewesen sein kann«, sagte Regine. »Was glauben Sie, wie eine Winzerin, die körperlich arbeitet, zuschlagen kann.« Ihr Nicken unterstrich ihre Worte.
    Altmanns Augen huschten von einem zum anderen. Was er von der Antwort hielt, ließ er sich nicht anmerken. »Zurück zu meiner Eingangsfrage – wo waren Sie am Abend des fraglichen Sonntags?«
    Zuerst gab Thomas Auskunft, Regine schloss sich an:
    »Ich war auch auf einem Weingut, auf dem meiner Eltern in Hochheim. Meine Eltern sind Zeugen, meine Großmutter und ein Freund. Ich bin am Wochenende immer zu Hause, ich komme erst montags zur ersten Vorlesung nach |124| Geisenheim. Manuel und Thomas sind am Wochenende fast immer zusammen.«
    »Gab es einen bestimmten Grund dafür, Herr Achenbach«, Altmann blätterte in Papieren, »dass Ihr Partner, wie Sie ihn nennen, an diesem Wochenende nicht mitgekommen ist?«
    »Ja, weil Alexandra gemeckert hat, dass er sie am Wochenende immer allein lässt. Das ist insofern Quatsch, weil sie an den Wochenenden meistens mit den Handtaschen unterwegs war.«
    »Was meinen Sie mit Handtaschen? Wer sind die Handtaschen?«
    »Zwei Tussis   ...«
    »...   Kommilitoninnen, die dasselbe studieren wie sie«, antwortete Regine schnell, bevor Thomas noch etwas Dummes sagen konnte, und bedachte ihn mit einem bösen Blick. »Irgendwann kamen sie zu dritt mit rosa Handtaschen in die Hochschule. Seitdem haben sie diesen Namen. Die hingen immer zusammen rum, und Manuel musste sie fahren, mal nach Wiesbaden in die Clubs, mal nach Frankfurt und Mainz. Sie fanden es toll, in seinem Auto aufzukreuzen.«
    »Waren Sie, Frau Kirchner, mal mit den sogenannten Handtaschen unterwegs?«
    »Nein. Nie. Wir hatten uns nichts zu sagen. Mir ist mein Studium wichtiger.«
    »Sie muss daheim immer helfen, ihr Vater spart dadurch Arbeitskräfte«, warf Thomas

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