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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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von Frau Breitenbach halte? Sie liebt Sturm, sie liebt es, sich körperlich zu verausgaben. – Nein, nicht, was du jetzt meinst.« Thomas hatte Regines Erstaunen bemerkt und grinste anzüglich. »Das zu beurteilen steht mir nicht |130| zu, obwohl«, er machte eine Kunstpause, um Regine zu verunsichern, »ich könnte mir vorstellen – sie hat eine tolle Figur, findest du nicht?«
    »Sie könnte deine Mutter sein«, sagte Regine in einer Mischung aus Vorwurf und Skepsis.
    »Ist sie aber nicht«, gab Thomas zurück.
    »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich dich für einen arroganten Pinsel halten. Aber du hast mir immer noch nicht gesagt   ...«
    »...   was ich von Frau Breitenbach halte? Eine ganze Menge. Sie hat was drauf, fachlich gesehen. Sie ist ehrlich, aber gleichzeitig versteckt sie auch was, sie kommt mir verschlossen vor – und irgendwie auch traurig.«
    »Meine Frage bezog sich nicht auf ihre fachliche Kompetenz, sondern darauf, ob sie   ... ob sie sich unter den Dozenten nach Alexandra erkundigen könnte.«
    Thomas berichtete vom Wochenende und dass sie gut miteinander zurechtgekommen waren. »Einen Plan, wie sie ihn für uns macht, sollte dein Vater auch mal zu sehen kriegen. Vielleicht überzeugt ihn das, und er wird ein bisschen lockerer.«
    »Spare dir deine Vorschläge für bessere Zeiten. Aussichtslos.«
    »Dann nimm mich mal mit zu euch.«
    »Du bist zu beschäftigt, du hast nie Zeit.« Regine begann eine Haarsträhne zwischen den Fingern zu drehen, für Thomas ein Indiz für ihre Nervosität.
    Schweigend fuhren sie am Brentano-Haus in Winkel vorbei, wo Geistesgrößen wie Achim von Arnim, der Jurist Friedrich Carl von Savigny und Freiherr vom und zum Stein verkehrt haben sollen. Von außen schien das große Gebäude unter dem Lauf der Zeit ziemlich gelitten zu haben, und mit der Romantik hatte Thomas wenig zu schaffen, sie war ihm ein zu vollgestopftes Zeitalter. Auch Goethe war hier zu Gast gewesen (wo eigentlich nicht?). Von hier aus hatte er es nicht |131| weit zu den berühmten Weinen im Keller vom Schloss Johannisberg, das rechts von ihnen auf dem Johannisberg thronte.
    Erst als Thomas von der Schnellstraße abbog, fand Regine ihre Sprache wieder. »Wieso nimmst du die erste Ausfahrt? Zur FH musst du die letzte nehmen.«
    Thomas versprach, sie direkt vor dem Hörsaal abzuliefern.
    »Und wieso hältst du jetzt hier an der Apotheke?«
    Thomas war auf den Parkplatz eingebogen. »Ich brauche was gegen Kopfschmerzen. Ich halte diese Ermittlungs-, Haft- oder Untersuchungsrichter schlecht aus.«
    Das, was er wirklich besorgen wollte, sollte Regine nicht sehen. Wenn er gesagt hätte, dass er hauchdünne Gummihandschuhe kaufen wolle, hätte sie geantwortet, dass ein Paar im Eimer unter der Spüle lag, aber die würden ihm nicht nutzen.
     
    An diesem Nachmittag versäumte er zum ersten Mal mit Absicht eine Vorlesung. In seinem Zimmer angekommen schaltete er den Rechner ein, um E-Mails abzurufen. Die erste hatte sein Vater geschickt. Er fragte nach Neuigkeiten und erinnerte ihn daran, die Bodenproben abzugeben. Verdammt, das hatte er vergessen, er blickte sich nach dem Karton um, in dem diverse Plastiktüten mit verschiedenfarbigen Erden lagen. Er würde sich morgen drum kümmern und sie ins Labor bringen. Heute stand Manuel oben auf seiner Prioritätenliste. Die zweite Nachricht stammte vom Weingut Künstler: Man bat, den Termin für die Weinprobe um einige Tage zu verschieben. Das war ihm recht, denn seit er zu wissen glaubte, wie er Alexandra auf die Schliche kommen könnte, ließ ihn eine Idee nicht mehr los.
    Er rief Johanna Breitenbach an, sie war nicht zu erreichen, so hinterließ er eine entsprechende Nachricht auf der Mailbox und bat um Rückruf. Nachdem er Regine wunschgemäß |132| abgesetzt hatte, war er zurück nach Oestrich-Winkel gefahren und hatte im Drogeriemarkt eine Duschhaube, eine Plastiktüte mit einem Gummizug, gekauft. Im Kleiderschrank suchte er nach einem Paar Schuhe. Die ledernen Schnürschuhe, die eigentlich nur zu einem dunklen Anzug passten, erfüllten den Zweck am besten. Sie hatten kein Profil. In Regines Schrank fand er eine Kleiderbürste und reinigte seinen dunkelgrünen Blouson gründlich, genauso verfuhr er mit den ausgewaschenen Jeans. Nichts durfte fusseln. Zuletzt nahm er Manuels Schlüsselbund an sich. Die beiden unbekannten Schlüssel hatten ihn auf die Idee gebracht – und Johanna Breitenbachs Satz war für ihn das Programm: »Den Grund für einen

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