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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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Vorliebe teile ich mit ihr. Aber woher kennen Sie Gigondas? Es ist selten, dass der Name einem Deutschen geläufig ist, äh, einer Deutschen«, korrigierte er sich.
    »Mein Mann brachte eines Tages Wein aus Gigondas mit. Da ich sehr gerne Wild esse, habe ich mir das gemerkt. Es gibt so viele Weine mit schönen Namen. Es sind fast immer die der Ortschaften und Regionen, die ihnen die Namen geben. Im Ausland ist es jedenfalls so.«
    »Stimmt«, bemerkte Marquardt, »ein Oestricher sagt man nicht, auch nicht ein Oberwallufer, da wird bei uns dann noch die Lage angehängt. Oder man differenziert erst, wenn man der Sache näher kommt. Wenn man wie wir ständig damit zu tun hat, sind diese Namen interessant. Für den, der einfach nur gern ein schönes Glas Wein trinken will, ist das gleichgültig. Es ist ziemlich kultig geworden, sich mit Wein zu befassen.«
    Jetzt arbeitete es in ihren Schädeln, sie fragen sich, wie die Ehe ist, dachte sie, wie der Mann sein mochte, mit dem sie im selben Bett schlief. Falls sie es tat   ...
    Sie hatte richtig kombiniert. Waller rang sich als Erster zu |150| der obligaten Frage durch. »Sie leben mit Ihrem Mann in Bingen?«
    »Da habe ich nur eine kleine Wohnung.« Mit dieser Antwort sollten sie klarkommen, es würde sich zeigen, wer sich weiter um sie bemühen würde.
    Übergangslos wechselte Johanna das Thema. Sie wollte Vormwald auf die Probe stellen. »Woher wissen Sie, Herr Rechtsanwalt, dass Alexandra Lehmann Manuel Stern unter Druck gesetzt hat?«
    Es gab einen fragenden Blick zwischen Vormwald und Marquardt.
    »Das weiß niemand außer den Beteiligten, und einer davon ist tot. Der andere sitzt in U-Haft und schweigt. Ich hatte noch keine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.«
    »Da fällen Sie bereits ein Urteil?« Johanna bemühte sich, mehr neugierig als vorwurfsvoll zu klingen. »Sie haben sich bislang keinen persönlichen Eindruck verschaffen können? Sie halten den jungen Mann für schuldig, nur aufgrund der Angaben der Polizei? Wie können Sie jemanden verteidigen, den Sie für schuldig halten? Sie sollten seine Unschuld beweisen. Dann steht er für Sie bereits als Täter fest, ein anderer kommt gar nicht infrage?«
    »Da muss ich Frau Breitenbach recht geben«, sagte Marquardt zu Vormwald. »Es war vielleicht missverständlich formuliert. Aber so wirst du es kaum gemeint haben. Ich bin mir sicher, dass Otto«, jetzt richtete er die Worte wieder an Johanna, »sowohl Sorgfalt wie das richtige Augenmaß walten lässt.«
    »Außerdem werde ich nicht in aller Öffentlichkeit meine Strategie ausbreiten«, sagte der Anwalt kühl und kurz. »Ich werde euch auch nicht mit meinen beruflichen Belangen den Abend verderben.«
    Man probierte den zweiten Gigondas. Er war vom Tannin her tatsächlich ein Raubein und hatte keine Ähnlichkeit mit den eleganten Spätburgundern des Rheingaus. Der Wein |151| war sieben Jahre alt, »genau richtig«, wie Waller erklärte. »Er ähnelt dem Châteauneuf-du-Pape, ist ihm in Fülle und Schmelz vielleicht sogar eine Spur überlegen, aber in puncto Kraft bleibt er hinter ihm.«
    Dass die Fachsimpelei nicht zu sehr über Johannas Kopf hinweg geführt wurde, war Marquardt zu verdanken, der zum Aufbruch drängte. Man ließ die Autos stehen, bis zum »Krug« waren es nur wenige Minuten zu Fuß auf der Hauptstraße durch Hattenheim.
    Vormwald und Marquardt steckten die Köpfe zusammen, Peter Waller begleitete Johanna.
    »Ich habe Sie noch gar nicht nach Ihrem Fachbereich gefragt«, sagte er. »Ich vermute mal, Sie gehören einer der weichen Wissenschaften an. Wenn es in Geisenheim etwas wie Philosophie geben würde, dann wäre das Ihr Fachbereich. Aber hier vermute ich Biologie und Verbraucherschutz.«
    »Weit gefehlt, mein Freund«, rief Marquardt, der mitgehört hatte, »sie ist härter, als du denkst. Sie unterrichtet Energiemanagement und Umweltschutz, Verfahrenstechnik gehört auch dazu. Sogar vom Anlagenbau versteht sie was.«
    Er musste sich gründlich informiert haben. »Frau Breitenbach ist Umweltingenieurin, und wenn sie an die Macht kommt, werden wir beide arbeitslos, dann schließt sie unsere Chemiefabriken.«
    »Als Kleinaktionäre werden Sie entschädigt«, konterte Johanna, »schließlich schätzen wir den Mittelstand.«
    »Nimm dich in Acht, Peter«, Marquardt lachte. »Ich würde mich zurückhalten.«
    Sie bogen um eine Ecke und sahen den bunt bemalten Fachwerkbau des »Krug« am Marktplatz vor sich, Johanna war hier auf dem Weg zum Kloster

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