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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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wünschte eine spritzige Säure, dann sollte auf den BSA verzichtet werden. Dann musste der Wein rasch aus dem Gärbehälter abgezogen und geklärt werden, damit er geschwefelt werden konnte und bakteriell stabil wurde.
    Während Thomas sich langsam beruhigte und sich mehr auf den Stoff des Vortragenden einließ, vergaß er die Handtaschen, er vergaß Manuel und seine Sorge um ihn. Die Bilder ihres Weingutes tauchten vor ihm auf, er stellte sich vor, wie er das, was der Dozent ansprach, mit seinem Vater diskutierte und dabei durch seine Fragen auf die eigenen Wissenslücken hingewiesen wurde. Sie mussten das Gelernte bereits im kommenden Herbst selbst in die Tat umsetzen.
    Regine saß rechts neben ihm, und als würde sie seinen Blick spüren, wandte sie sich ihm zu. Ihr Lächeln tat ihm gut. Als er gestern aus Alexandras Wohnung zurückgekommen war, war Regine nicht da gewesen und heute Morgen auch nicht. Es hätte ihn nicht gestört, wenn sie ihren neuen Freund mitgebracht hätte, aber dass sie jetzt nur noch durch Abwesenheit glänzte, dass er allein frühstücken musste, ging ihm höllisch gegen den Strich. Weshalb brachte sie Thorsten nicht mit? War er nicht zum Vorzeigen?
    Er sehnte das Wochenende herbei. Freitag würde er so schnell wie möglich nach Hause fahren. Er war das Alleinleben nicht gewohnt, weder aus der Zeit des Studiums noch aus der Lehre, als er ein Zimmer auf dem Weingut Knipser bewohnt hatte. Wenn er nach Hause fuhr, kam er in der Nähe von Laumersheim vorbei, und er würde schnell mal bei seinem ehemaligen Lehrherrn vorbeischauen.
     
    Erst in der folgenden Woche begegnete er Johanna wieder. Auf dem Weg zur Bibliothek standen sie sich plötzlich gegenüber.
    »Frau Breitenbach?«
    »Herr Achenbach!«
    |161| Die Namensverwandtschaft ließ sie schmunzeln. Thomas’ Laune besserte sich. »Ich habe Ihnen gar nicht von meinem Besuch beim Untersuchungsrichter erzählt.«
    »Und?«
    »Das geht nicht auf die Schnelle, und erst recht nicht auf dem Flur   ...«
    »Und ich habe den zukünftigen Verteidiger Ihres Freundes kennengelernt.«
    »Ach   ... und was halten Sie von ihm?« Ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
    »Auch dafür ist der Flur als Konferenzort wenig geeignet. Kennen Sie Bingen?«, fragte Frau Breitenbach leise.
    Thomas schüttelte den Kopf. »Nur vom Durchfahren, rüber zur Autobahn 61.   Die Fähre, klar, und dann waren wir mal auf ’ner Funk-and-House-Party drüben an Ihrer Fachhochschule.«
    »Ich halte es für besser, wenn Sie zu mir kommen, man sollte uns nicht zusammen sehen.«
    »Mir ist das egal, ich habe nichts zu verbergen.«
    »Es geht um Diskretion. Zeigen Sie dem Gegner nie, wer Ihre Verbündeten sind. Dann macht er Fehler und rüstet nicht entsprechend auf.«
    Thomas wurde hellhörig. »Von welchem Gegner sprechen Sie?«
    »Es ist schlimmer, wenn man ihn noch nicht kennt. Aber er kennt Sie und beobachtet Ihre Schritte.«
    Das klang unheimlich. Thomas vermutete, dass es Frau Breitenbach noch um etwas anderes ging, aber er ließ es dabei bewenden. Zumindest war er erleichtert, dass sie von Manuels Unschuld ausging.
    »Nehmen Sie nicht diesen auffälligen Wagen. Den bringt jetzt jeder mit dem Fall in Verbindung. Das wollen wir vermeiden.«
    Nachdem sie ihm ihre Adresse zugesteckt hatte, ging sie in die Bibliothek, und er schlich in die Mensa. Er war |162| erleichtert, dass sie ihm helfen wollte, es war ein Lichtblick an diesem düsteren Tag. Sie müsste im Lehrkörper spionieren. Da sie keinerlei Beziehung zu Manuel hatte, wären ihre Fragen nicht verdächtig. Ihm hingegen unterstellte jeder ein persönliches Interesse.
    Thomas verzog sich mit seinem Tablett und dem Hühnerfrikassee an den hintersten Tisch in der Mensa, wo er der Masse seiner Kommilitonen den Rücken zuwandte und nach draußen ins Grüne schaute. Regine saß bei irgendwelchen Frauen. Sie hatte es vermieden, ihm nach Ende der Vorlesung zu begegnen. Es gab Wichtiges zu besprechen, sie mussten klären, wie es mit der Wohnung weitergehen sollte. Würde es Schwierigkeiten mit Manuels Mietzahlung geben, würde dessen Vater das Zimmer kündigen? Das konnte nur Manuel selbst. Thomas würde ihm auf alle Zeit sein Zimmer freihalten, und wenn er in der Mensa Geschirr spülen müsste. Dann musste geklärt werden, wie es mit Manuels Studium weitergehen sollte; er durfte den Anschluss ans Semester nicht verlieren. Thomas würde in Zukunft doppelt so aufmerksam sein und mehr als sonst mitschreiben müssen. Er

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