Riesling zum Abschied
sie sich sonst noch interessiert hat. Das könnte uns weiterbringen.«
»Fällt das nicht unter den Datenschutz?«
»Bislang habe ich Sie gar nicht zu den Bedenkenträgern gezählt.« Thomas war kurz vor dem Verzweifeln. »Es geht um Mord, Frau Breitenbach, und um meinen Freund. Mit Frankreich hatte sie auch was zu tun.«
»Das ist bei Internationaler Weinwirtschaft selbstverständlich.« Wieder war es Thomas, als gäbe sie sich selbst die Antwort auf eine Frage.
»Was hat denn für Sie überhaupt was zu bedeuten, Frau Breitenbach? Alles, was ich vorbringe, machen Sie nieder. Interessiert es Sie, dass auch kein Mobiltelefon gefunden wurde?«
»Das hat bestimmt die Mordkommission, um die Verbindungsdaten zu überprüfen.«
»Sie haben keins gefunden, ich sagte es doch. Aber ich weiß, dass sie eines hatte. Die Verbindungsdaten sind sowieso gespeichert. Ich wette, sie hatte ein zweites, für Gespräche, deren Nummer nicht angezeigt wird und wovon man andere nichts wissen lassen will.«
»Warum?«
»Genau das sollten wir herausfinden.«
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»Erzählen Sie mir ganz in Ruhe, was Sie über Alexandra wissen.« Johanna hob abwehrend die Hand, als Thomas Luft holte. »Lassen Sie sich von Ihren Gefühlen nicht mitreißen. Sie treiben uns an; aber bei Ihnen läuft der Motor bereits auf Hochtouren. Jetzt hilft uns ausschließlich der Verstand weiter.«
»Heißt das, Sie denken auch, dass Manuel unschuldig ist?« Thomas war wieder hellwach.
Eine klare Antwort wollte sie ihm nicht geben, Johanna seufzte. Sie konnte und wollte sich noch nicht festlegen. »Seien Sie damit zufrieden, dass ich Ihnen helfe, und stellen Sie mir keine weiteren Fragen. Aber eine Bedingung muss ich stellen, nein, zwei!«
Thomas blickte sie an, als hätte er sich zu früh gefreut.
»Keine Sorge, ich werde Sie nicht in Ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, und ich nehme auch kein Geld. Ich will auch sonst keine Gegenleistung, ich will nur absolutes Stillschweigen. Versprechen Sie mir das? Ich möchte meinen Beruf nicht aufs Spiel setzen, ich fühle mich in Geisenheim wohl, auch unter den Kollegen. Ich erwarte, dass Sie sich an Absprachen halten und Ihren Überschwang bändigen.«
»Jugendlichen Überschwang« hatte sie sagen wollen, aber sie korrigierte sich im letzten Moment. So wie sie Thomas kannte, würde er gleich wieder aufbrausen, und gleichzeitig |174| wusste sie, dass es besser war, junge Männer nicht zu bremsen, andernfalls preschten sie erst recht vor.
»Ich erwarte weiter, dass Sie mich über Ihre Schritte informieren und nicht eigenmächtig handeln.«
Klarer konnte sie ihre Vorstellungen nicht äußern. Der Junge wusste, woran er war, und sie war überzeugt, dass er ein Versprechen hielt. Sie hatte erlebt, wie er mit seinem Vater und dessen Freundin umgegangen war, wie er Manuel an jenem Wochenende behandelt hatte, und hielt ihn für jemanden, der von Verantwortung schon mal gehört hatte, was nicht nur bei jungen Menschen aus der Mode gekommen war. Die Mehrheit hatte Verantwortung längst gegen einen Werbeslogan eingetauscht: Unterm Strich zähl ich!
Thomas wand sich, Johanna sah es ihm an. Es fiel ihm schwer, sich zu ihren Forderungen zu äußern, schließlich stimmte er zu. »Ich habe kapiert, worauf Sie hinauswollen. Gut, ich halte mich dran. Und wenn wir schon bei Forderungen sind, oder dabei, Ansprüche zu formulieren, dann informieren Sie mich bitte auch über alles, was Sie herausfinden, auch wenn es sich um ...« Er zögerte, wusste nicht weiter.
»... Mitglieder der Dozentenschaft handelt?«
Thomas nickte und schaute zu Boden.
Johanna fragte sich, ob er einen Verdacht hatte oder ob es ihm peinlich war, darüber zu sprechen. Es war besser, ihn nicht zu drängen; so wie sie ihn einschätzte, würde er sowieso nichts mehr sagen. Aber da täuschte sie sich.
»Ich habe mir von vielem ein Bild machen können. Ich habe mit meinem Vater einiges durchgestanden. Das hat uns noch mehr zu einem Team gemacht. Ich sage das, damit Sie mich verstehen. Philipp und ich haben ein gemeinsames Projekt, ich war bei den wichtigsten Verhandlungen dabei, sowohl in Bezug auf den Kauf der Kellerei, es wird ja mal Manuels und mein Betrieb sein, wie auch in Bezug auf die Finanzierung. Ich habe die Banker erlebt und die Weinhändler, |175| die Anteile gezeichnet haben. Manuel hat sich gleich eingeklinkt, hat sich eingekauft, weil er es ernst meinte. Er war glücklich bis auf – diese Beziehung. Alexandra hat ihn fertiggemacht.
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