Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
Dinge passiert waren. Dass sie von schlechten Menschen bedroht würden. Sie müssten vorsichtig sein. Auf Fremde achten, die sich in der Nähe des Hauses aufhielten. Er müsse die Polizei anrufen, sobald er jemanden bemerkte.
War dies einer der schlechten Menschen?
Immerhin hatte er sein iPhone in der Tasche, und es war eingeschaltet. Friend Mapper würde ihn registrieren und seiner Mutter zeigen, wo er sich gerade befand. Dann konnte sie es der Polizei sagen. Eigentlich brauchte er gar keine Angst zu haben. Sie würden ihn finden.
Hoffentlich bald, denn heute Nachmittag hatte er Informatikunterricht, den er nicht verpassen wollte. Und weil ihm die Dunkelheit nicht gefiel und er sich nicht rühren konnte und seine Arme weh taten.
Aber alles würde gut.
93
GRACE EILTE ZU BRANSON, der sich über den Kofferraum des Taxis beugte.
Der Mann darin sah verängstigt aus und stank nach Urin. Sein fleischiges Gesicht war blass und feucht. Er war mit Klebeband an Armen, Beinen und Mund gefesselt, dem gleichen Klebeband, das man auch bei Evie Preece verwendet hatte. Grace holte seinen Ausweis heraus und hielt ihn dem Mann hin.
»Polizei. Keine Sorge, Sie sind in Sicherheit. Wir holen Sie hier raus.«
Dann wandte er sich zu Branson und Sue Carpenter, die zu ihnen getreten war.
»Erst entfernen wir das Klebeband von seinem Mund. Sue, Sie rufen einen Krankenwagen und ein Suchteam, dann soll jemand Wasser oder Tee bringen. Ich möchte, dass dieses Geschoss abgeriegelt wird, ebenso die Treppenhäuser, falls sie sich zu Fuß entfernt haben.«
»Ja, Sir.«
Dann beugte er sich vor und schob seine Fingerspitzen so sanft wie möglich unter das Klebeband. Ohne die Handschuhe wäre es einfacher gewesen, aber er behielt sie an und konnte es schließlich entfernen, wohl wissend, dass es für den Mann sehr schmerzhaft sein musste. Dennoch musste er das Klebeband möglichst unversehrt ablösen, damit man es im Labor analysieren konnte.
Der Mann schrie auf vor Schmerz.
»Tut mir leid«, murmelte Grace.
Das Klebeband war auch um den Hinterkopf des Mannes gewickelt.
»Mike Howard?«
»Ja! Herrgott, das hat weh getan«, sagte er und lächelte.
Grace faltete das Band vorsichtig zusammen. »Es tut mir leid. Wir heben Sie jetzt raus. Sind Sie verletzt? Haben Sie große Schmerzen?«
Er schüttelte den Kopf. »Holen Sie mich einfach nur raus.«
Mike Howard war ein großer, schwer gebauter Mann. Mit Hilfe von Glenn Branson gelang es Grace, ihn bis an die Kante des Kofferraums zu manövrieren. Sie befreiten seine Arme und Beine und lösten das Klebeband an seinem Kopf so gut wie möglich ab. Dann richteten sie ihn auf und gingen ein wenig mit ihm herum, bis die Blutzirkulation in die Beine zurückkehrte und er sich sicherer fühlte. Er keuchte, hyperventilierte fast, und sie setzten ihn auf die hintere Stoßstange.
»Können Sie uns sagen, was passiert ist?«, fragte Grace sanft.
»Tut mir leid. Ich hab gepinkelt. Ging nicht anders. Konnte nicht mehr aufhalten.«
»Schon gut, keine Sorge. Können Sie mir sagen, was passiert ist?«
»Wie spät ist es?«
»Halb zwei«, erwiderte Glenn Branson.
»Welcher Tag?«
»Freitag.«
Der Mann runzelte die Stirn. »Freitag? Freitagmorgen?«
»Nachmittag, früher Nachmittag.«
»Heilige Scheiße.«
»Wie lange waren Sie hier drin?«
Mike Howard atmete mehrmals tief durch. »Ich hatte Nachtschicht. Wollte gerade nach Hause – gegen eins –, und da hat mich dieser Mann an der Promenade angehalten.«
»Wo genau?«
»Bei der Friedensstatue. Er ist hinten eingestiegen und hat gesagt, ich soll ihn zum Flughafen Shoreham bringen. Er hätte dort Nachtschicht. Ich weiß noch, wie ich in die Umgehungsstraße eingebogen bin – an mehr kann ich mich nicht erinnern.«
Grace kannte die Straße.
»Was ist das Letzte, an das Sie sich erinnern?«
»Ich bin aufgewacht, weil ich durchgeschüttelt wurde. Es roch nach Diesel und Auspuffgasen. Ich dachte mir schon, dass ich im Kofferraum meines Taxis liege. Ich hatte furchtbare Angst. Wusste nicht, was passieren würde.«
»Können Sie sich erinnern, wie der Mann ausgesehen hat?«
»Er hatte seine Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen. Ich wollte ihn genauer ansehen – das mache ich immer, wenn ich nachts jemanden mitnehme. Aber es war nichts zu erkennen.«
Grace war erleichtert, weil der Taxifahrer jetzt etwas munterer wirkte.
»Was ist mit seinem Akzent?«
»Er hat nicht viel gesagt. Klang Englisch. Haben Sie vielleicht Wasser?«
»Ist schon
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