Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
ob die Entscheidung, nach New York zu fliegen, richtig gewesen war. Wäre sie zu Hause geblieben, hätte sie Tyler selbst von der Schule abgeholt, und er wäre jetzt in Sicherheit. Er würde in seinem Zimmer am Computer sitzen, allein oder mit einem Freund, sich mit seiner Fossiliensammlung beschäftigen oder Kornett üben.
Fernanda Revere, die all das hätte stoppen können, war tot.
Vor Lou Revere hatte sie Angst. Er hatte etwas von einem wilden Tier, etwas Böses. Wäre Fernanda Revere nüchtern gewesen, hätte sie heute von Frau zu Frau mit ihr reden können. Aber nicht mit dem Mann. Chancenlos. Vor allem jetzt nicht mehr.
Das Flugzeug landete und erreichte seine Parkposition. Dann ertönte ein Gong, worauf sich die Gepäckfächer entriegelten und die Leute ihre Sicherheitsgurte lösten und aufstanden. Carly war froh, von dem stinkenden Fettkloß wegzukommen. Sie holte Tasche und Mantel und rief rasch ihre Mutter an, doch es gab keine Neuigkeiten.
Wenige Minuten später nickte sie den beiden Flugbegleiterinnen am Eingang zu und verließ die Maschine über die Gangway. Sofort erkannte sie die hochgewachsene Gestalt von Glenn Branson, der mit einem jüngeren Polizeibeamten in Uniform auf sie wartete. Bei ihnen stand Bella Moy.
»Wie war der Flug?«, erkundigte sich Glenn Branson.
»Entsetzlich. Gibt es etwas Neues?«, platzte sie heraus.
Branson nahm ihr die Tasche ab und steuerte sie weg von der Menge. Sie schaute von ihm zu seiner Kollegin und dem Fremden und versuchte verzweifelt, etwas Positives in ihren Augen zu lesen. Sie fand nichts.
»Leider noch nicht, Carly«, sagte Bella Moy. »Sie haben vermutlich auch noch nichts gehört?«
»Ich habe alle seine Freunde und deren Eltern angerufen, bevor ich an Bord gegangen bin. Keiner hat ihn gesehen.«
»Und er ist wirklich nicht irgendwo in einem Haus oder Garten oder in einer Garage?«
»Sie haben alles gründlich abgesucht«, erwiderte sie niedergeschlagen.
»Eine positive Nachricht gibt es schon«, sagte Branson. »Wir sind uns relativ sicher, dass sich Tyler noch in der Gegend befindet. Wir glauben, er könnte in Shoreham, Southwick oder Portslade sein. Hat er dort irgendwo Freunde oder Verwandte, bei denen er sich in Sicherheit bringen könnte, falls ihm die Flucht gelingt?«
»Ich habe einige Freunde in Shoreham Beach«, antwortete Carly. »Aber ich glaube nicht, dass er weiß, wo sie wohnen.«
»Wir bringen Sie so schnell wie möglich nach Hause«, erklärte Bella, »und halten Sie ständig auf dem Laufenden.« Sie deutete auf den uniformierten Beamten. »Dies ist PC Jackson von der Metropolitan Police. Sie ist für den Flughafen zuständig. Er ist so freundlich, Sie schnell durch die Einreisekontrolle zu bringen.«
Carly bedankte sich.
Eine Viertelstunde später saß sie auf dem Rücksitz eines Streifenwagens und fuhr durch den Flughafentunnel. Am Steuer saß Glenn Branson, neben ihm Bella Moy. Sie drehte sich zu ihr nach hinten.
»Wir möchten Ihnen einige Fragen über Tyler stellen. Ist es Ihnen jetzt recht, oder möchten Sie lieber warten, bis Sie zu Hause sind?«
»Bitte jetzt. Ich sage Ihnen alles, was Ihnen weiterhilft.«
»Sie haben uns schon die Namen und Adressen seiner Freunde genannt. Wir möchten wissen, mit wem er Kontakt hatte, und zwar außerhalb seines unmittelbaren Freundeskreises. Wir lassen zurzeit sein Handy und den Computer untersuchen.«
»Sein Handy? Sie haben sein Handy?«
Bellas Miene erstarrte. Sie schaute Branson an und dann wieder Carly. »Tut mir leid – hat es Ihnen noch niemand gesagt?«
»Was gesagt?« Carly zitterte und schwitzte gleichzeitig. Sie beugte sich vor. »Was gesagt?«, wiederholte sie. »Was meinen Sie?«
»Sein iPhone wurde in der Tiefgarage gefunden.«
»Gefunden? Was meinen Sie mit gefunden ?«
Bella Moy zögerte. Sie wusste nicht, wie viel sie der Frau sagen sollte, doch sie hatte das Recht, die Wahrheit zu erfahren.
»Auf dem Boden lagen Splitter – wir haben das Gerät in einem Mülleimer entdeckt.«
»Nein«, sagte Carly mit bebender Stimme. »Nein. Bitte nicht.«
»Vielleicht hat er es fallen lassen«, sagte Glenn Branson und versuchte, positiv zu klingen. Sie alle hatten ein bisschen Optimismus dringend nötig. »Vielleicht hat er es beim Weglaufen verloren. Im Augenblick hoffen wir darauf, dass er sich irgendwo versteckt hat.«
Völlig verzweifelt und zitternd vor Angst sagte Carly: »Bitte sagen Sie mir, dass Sie sein Handy nicht gefunden haben. Tyler ist ein cleverer
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