Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
Gabelstapler, der ihm letzte Woche so gute Dienste geleistet hatte. Heute würde er ihn nicht brauchen.
Er stieg aus dem Wagen und schaute sich aufmerksam um. Das Wasser klatschte gegen die Mauer, in der Ferne knatterte die Takelage einer Yacht. Auch der Hubschrauber war noch zu hören. Mit Hilfe der Taschenlampe überprüfte er noch einmal das Wageninnere, holte den Aschenbecher heraus und warf Kippen und geschmolzene SIM-Karten ins dunkle Wasser. Zufrieden atmete er mehrmals tief durch.
Dann setzte er den Wagen ein Stückchen zurück, öffnete alle Türen, Fenster und den Kofferraum. Er setzte sich ans Steuer, legte einen Gang ein und gab an der Kante des Kais Vollgas. In letzter Minute warf er sich zur Seite und rollte aus dem Wagen. Ein lautes Klatschen ertönte.
Tooth kam auf die Füße und sah, wie der Wagen allmählich versank. Er wollte schon die Taschenlampe einschalten, als er einen Motor hörte. Er schien näher zu kommen. Ein Boot lief ins Hafenbecken ein.
Er erstarrte.
Um den Wagen herum stiegen Blasen auf. Das Auto sank langsam, aber stetig. Der Motorraum befand sich schon fast unter Wasser. Doch das Boot kam näher.
Geh unter, verdammt nochmal, geh endlich unter!
Er bemerkte ein schwaches Licht, das sich von rechts näherte.
Geh unter!
Das Wasser schwappte und blubberte, reichte jetzt bis zur Windschutzscheibe.
Geh unter!
Das Motorgeräusch wurde lauter. Ein kräftiger Zwei-Zylinder Diesel. Auch das Licht wurde rasch heller.
Geh unter!
Das Dach versank. Die Heckscheibe war verschwunden. Jetzt noch der Kofferraum.
Und weg.
Sekunden später kam ein Boot der Hafenverwaltung in Sicht, das Navigationslichter gesetzt und die Suchscheinwerfer eingeschaltet hatte. An Deck standen zwei Polizisten.
Tooth tauchte hinter einen Müllcontainer. Das Boot fuhr vorbei. Einen Moment lang konnte er neben dem Motorgeräusch auch das Knistern eines Funkgerätes hören. Doch dann wurde es wieder leiser, und die Lichter verblassten.
Er atmete aus.
107
TYLER HÖRTE EIN LAUTES, metallisches Scheppern. Dann Schritte. Eine Sekunde lang schöpfte er neue Hoffnung.
Die Schritte kamen näher. Er roch Zigarettenrauch. Dann ertönte eine vertraute Stimme.
»Na, genießt du die Aussicht, Kleiner?«
*
Tooth schaltete die Taschenlampe ein, löste das Seil vom Geländer und ließ den Jungen weiter hinunter, wobei er das Seil behutsam durch die behandschuhten Hände gleiten ließ. Er spürte, wie der Junge gegen die Wände des Schachtes schlug, dann wurde das Seil schlaff.
Gut. Er war auf dem ersten von drei Absätzen gelandet, die in einem Abstand von etwa fünfzehn Metern angebracht waren.
Mit dem Rucksack auf dem Rücken und der eingeschalteten Taschenlampe kletterte Tooth die Leiter hinunter, wobei er nur eine Hand benutzte und mit der anderen das schlaffe Seil mit sich führte. Als er den Absatz erreicht hatte, wiederholte er die Prozedur, bis der Junge mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden des Schachtes landete. Tooth stieg den letzten Abschnitt hinunter, zog eine kleine Lampe aus dem Rucksack und schaltete sie ein.
Vor ihnen befand sich ein Tunnel, der unter dem Hafen durchführte. Tooth hatte ihn zufällig einmal entdeckt, als er bei seinem vorherigen Besuch Nachforschungen angestellt hatte. Man hatte diesen Tunnel, durch den früher die elektrischen Leitungen des Kraftwerks verliefen, wegen Baufälligkeit geschlossen und, während man das neue Kraftwerk errichtete, einen neuen Tunnel gebohrt.
Er sah aus wie das Innere eines verrosteten, endlosen Metallrohrs, das sich irgendwo in der Dunkelheit verlor, und war an beiden Seiten mit großen, asbestverkleideten Rohren versehen, in denen noch die alten Kabel lagen. Der Boden bestand aus einem verrotteten hölzernen Laufgang, neben dem Pfützen standen. Die Innenseiten der genieteten Platten waren mit riesigen Rostflecken übersät, und überall wuchsen spitze gelblich weiße Stalaktiten und Stalagmiten, die wie halb geschmolzene Kerzen aussahen.
Eigentlich blickte Tooth aber auf etwas ganz anderes. Zufrieden betrachtete er den menschlichen Schädel, der ihn mit einem starren Grinsen empfing. Die zwölf Ratten, die er in verschiedenen Tierhandlungen in Sussex gekauft und fünf Tage hatte hungern lassen, hatten ganze Arbeit geleistet.
Die Uniform des Kapitäns der estnischen Handelsmarine samt Mütze war verschwunden, ebenso das gesamte Fleisch und fast alle Sehnen und Haare. Sie hatten sich sogar an den Stiefeln versucht. Die meisten Knochen lagen auf
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