Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
die Suche in einem Radius von achthundert Metern westlich dieser Kamera beginnen.«
»Hafen und Inland?«
»Ja. Haus-zu-Haus-Befragungen und Überprüfung sämtlicher Nebengebäude, Garagen, Schuppen, Gewerbegebiete, Schiffe. Wir befinden uns außerhalb der Reichweite des Kameranetzes von Brighton and Hove, daher müssen wir uns auf gewerbliche Gebäude mit Videoüberwachung konzentrieren. Ein Wagen löst sich nicht in Luft auf. Irgendjemand muss ihn gesehen haben. Und eine Kamera hat ihn mit Sicherheit gefilmt.«
»Noch einmal, Roy: Der Wagen wurde zuletzt an der Einmündung Boundary Road und Kingsway gesichtet und fuhr nach Westen?«
»Korrekt, Graham.«
»Ich kümmere mich drum.«
Grace hegte größten Respekt für den Gold Commander und wusste, dass dieser nichts unversucht lassen würde. Am besten würde er Barrington die Sache überlassen und nach Sussex House zurückkehren, um sein Team zu unterstützen und sich auf die Abendbesprechung vorzubereiten. Da sowohl der Chief Constable Tom Martinson als auch der Assistant Chief Constable Peter Rigg anwesend sein würden, musste er unbedingt bestens gerüstet sein. Doch er wollte bei der Jagd dabei sein.
Der Killer befand sich irgendwo hier in Shoreham, da war er sich ganz sicher. Hätte ihn jemand nach dem Grund gefragt, hätte er nur mit den Schultern zucken und Bulleninstinkt antworten können. Glenn Branson verstand so etwas. Darum würde es sein Kumpel auch bis ganz nach oben schaffen, vorausgesetzt, er kam über seine gescheiterte Ehe hinweg.
Grace meldete sich in der Soko-Zentrale bei Nick Nicholas.
»Nick, ich möchte, dass alle Kollegen zwei Minuten lang die Arbeit ruhen lassen und ganz angestrengt über die folgende Frage nachdenken: Wo in Shoreham würden Sie ein entführtes Kind verstecken? Ich denke an einen Ort, an den niemand sonst geht. Den vielleicht keiner kennt. Die ganze Stadt ist voller Geheimgänge aus alten Schmugglerzeiten. Machen Sie ein kurzes Brainstorming mit dem Team, okay?«
»Ja, Chef, wird gemacht.«
»Wir haben es mit einem cleveren, hinterlistigen Typen zu tun. Er wird eine kluge Wahl treffen.«
»Ich bin schon dran.«
Grace bedankte sich, fuhr los und bog bei der nächsten Gelegenheit rechts ab. Er kurvte langsam durch das Labyrinth der Straßen, die von Reihenhäusern und Gewerbegebäuden gesäumt wurden. Sie suchten nach der Nadel im Heuhaufen. Dann erinnerte er sich an die Worte seines Vaters, der auch Polizist gewesen war, und wiederholte sie wie ein Mantra: Niemand hat jemals einen größeren Fehler begangen als der Mann, der wenig tun konnte und nichts getan hat.
102
TYLER SPÜRTE, WIE DER WAGEN unvermittelt wackelte. Dann ertönte ein lauter Knall, als würde eine Tür zugeschlagen. Gefolgt von knirschenden Schritten.
Er wartete, bis er nichts mehr hören konnte, und warf sich wieder herum, trat, so fest er konnte, trommelte mit den Füßen, der rechten Schulter und dem Kopf, bis ihm der Schweiß ausbrach, trommelte und trommelte, bis er völlig entkräftet war.
Dann lag er wieder still und dachte nach.
Warum hatten sie ihn noch nicht gefunden?
Na komm schon, Mum, Mapper! Denk an Mapper!
Wo war sein Handy? Irgendwo musste er es doch haben. Wenn er das Zeug an seinem Mund irgendwie abbekäme, könnte er um Hilfe rufen. Er rollte sich auf den Bauch und bewegte sein Gesicht über den Teppich. Irgendwo hier drinnen musste es eine scharfe Kante geben. Er kroch vorwärts, hob den Kopf. Weicher neuer Teppich, der wie eine Bürste über sein Gesicht strich.
Was würden seine Helden in dieser Situation tun? Was hätte Harry Potter getan? Oder Alex Rider? Oder Amy und Don Cahill in Die 39 Zeichen ? Sie alle hatten sich aus schwierigen Situationen gerettet. Sie hätten eine Lösung gefunden. Was also war ihm entgangen?
Dann hörte er wieder ein Knirschen. Ein Fahrzeug! Er trat wild um sich, so fest er nur konnte. Hier drinnen! Ich bin hier drinnen!
Türen wurden zugeschlagen. Schritte erklangen.
Und verklangen wieder.
103
WÄHREND DES FLUGES hörte Carly nichts mehr von der Sussex Police. Wann immer ein Mitglied des Kabinenpersonals durch den Gang kam, hoffte sie auf eine Nachricht. In Großbritannien war es 20.45 Uhr. Tyler wurde seit fast zehn Stunden vermisst.
Ihr ging es zunehmend schlechter. Sie hatte nichts gegessen und nur ein bisschen Wasser getrunken, eingequetscht in ihren Sitz, neben sich den fetten schwitzenden Mann, der widerlich stank und ohne Ende Wodka Cola trank.
Sie zerbrach sich den Kopf,
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