Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
uns bisher vorliegen, ist Ihr Sohn aus einer Nebenstraße auf die Hauptstraße, die Portland Road, abgebogen. Er fuhr auf der falschen Straßenseite genau auf einen Audi zu. Die Fahrerin scheint ausgewichen zu sein und prallte gegen die Mauer eines Cafés. Ihr Atemtest fiel positiv aus, sie wurde wegen des Verdachts auf Trunkenheit am Steuer verhaftet.«
»Ist ja super«, sagte Fernanda Revere und zog an ihrer Zigarette.
»Zum augenblicklichen Zeitpunkt können wir nicht sagen, inwieweit sie am eigentlichen Unfallgeschehen beteiligt war.« Pattenden warf einen Blick auf seinen Notizblock. »Ein weißer Ford Transit, der sich dicht hinter ihr befand, hat anscheinend eine rote Ampel ignoriert und Ihren Sohn angefahren. Durch den Aufprall wurden Ihr Sohn und das Fahrrad über die Straße vor einen Sattelschlepper geschleudert, der in Gegenrichtung fuhr. Dieser Zusammenstoß hat dann vermutlich die tödlichen Verletzungen verursacht.«
Es herrschte tiefe Stille.
»Wir haben festgestellt, dass der Lkw-Fahrer die zulässige Fahrzeit überschritten hatte«, warf Dan Pattenden ein.
»Was heißt das?«, wollte Lou Revere wissen.
»In Großbritannien gelten strenge Gesetze, die vorschreiben, wie viele Stunden ein Fernfahrer am Steuer sitzen darf. Danach muss er eine Pause einlegen. Alle Strecken werden von einem Fahrtenschreiber kontrolliert. Wir haben das Gerät im fraglichen Lkw untersucht und herausgefunden, dass der Fahrer die erlaubte Zeit vermutlich überschritten hatte.«
Fernanda Revere warf die Zigarettenkippe in die Kaffeetasse und griff wieder nach dem Päckchen. »Wirklich toll.« Sie zündete sich mit verächtlicher Miene die Zigarette an. Eine einzelne Träne rann über ihre Wange.
»Was ist nun mit diesem weißen Lkw?«, fragte ihr Mann. »Was ist mit dem Fahrer?«
»Er ist weitergefahren, ohne anzuhalten, und uns liegt zurzeit keine Personenbeschreibung vor. Es wurde eine umfassende Suchmeldung herausgegeben. Wir hoffen, dass Aufnahmen von Überwachungskameras Bilder des Fahrers liefern können.«
»Nur damit ich das richtig verstehe«, sagte Fernanda Revere. »Sie haben eine betrunkene Fahrerin, einen Lkw-Fahrer, der zu lange am Steuer gesessen hat, und den Fahrer des Lieferwagens, der Fahrerflucht begangen hat. Ist das richtig?«
Pattenden schaute sie vorsichtig an. »Ja. Im Verlauf der Ermittlungen werden wir hoffentlich weitere Informationen erhalten.«
»Sagten Sie hoffentlich ?«, drängte sie. Ihre Stimme klang ätzend wie Schwefelsäure. Sie deutete auf die geschlossene Tür. »Das da drinnen ist mein Sohn.« Sie schaute zu ihrem Mann. » Unser Sohn. Was glauben Sie, wie wir uns fühlen?«
Pattenden sah sie an. »Natürlich kann ich mich nicht in Sie hineinversetzen, Mrs Revere. Meine Kollegen und ich können nur versuchen, den Unfall so genau wie möglich nachzuvollziehen. Ich empfinde tiefes Mitgefühl mit Ihnen und Ihren Angehörigen. Ich bin hier, um Ihre Fragen zu beantworten und Ihnen zu versichern, dass wir unser Möglichstes tun werden, um den Tod Ihres Sohnes aufzuklären.« Er reichte ihr seine Visitenkarte. »Hier können Sie mich erreichen, jederzeit, rund um die Uhr. Ich werde Ihnen sagen, was immer ich weiß.«
Sie ließ die Karte auf dem Tisch liegen. »Haben Sie schon mal ein Kind verloren?«
Er schaute sie wortlos an. »Nein. Ich habe Kinder, und ich kann mir nicht vorstellen, wie das ist. Ich kann mir nicht annähernd vorstellen, was Sie jetzt durchmachen, und es wäre vermessen, es zu versuchen.«
»Ja«, sagte sie eisig. »Sie haben recht. Versuchen Sie es gar nicht erst.«
26
TOOTH UND SEIN PARTNER YOSSARIAN saßen auf der Terrasse der Shark Bite Sports Bar, von der man auf den Fluss am Südende des Turtle Cove Yachthafens auf Providenciales Island blickte. Die knapp fünfzig Kilometer lange und acht Kilometer breite Insel, die von den Einheimischen Provo genannt wurde, lag in der Karibik südlich der Bahamas. Sie war die wichtigste Ferienregion der Turks und Caicos-Inseln, aber noch weitgehend unerschlossen, und das war Tooth nur recht. Wenn sie richtig touristisch wurde, würde er weiterziehen.
Am Abend herrschten noch sechsunddreißig Grad, die Luftfeuchtigkeit war hoch. Er schwitzte, obwohl er abgeschnittene Jeans, ein T-Shirt mit einem Bild von Jimmy Paige und Flipflops trug. Alle paar Minuten erschlug er eine Mücke, die sich auf ihm niederlassen wollte. Er rauchte eine Lucky Strike und trank Maker’s Mark Bourbon on the rocks. Der Hund neben ihm bediente
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