Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
eine absolute Katastrophe. Sie hatte ein hübsches Gesicht, doch ihr Haarschnitt war ohne jede Form, und sie kleidete sich wie immer plump und nachlässig. Sie besaß einfach keinen Stil, von der langweiligen Swatch mit dem verschlissenen Armband bis hin zu ihrem Auto, das in seinen Augen eine richtige Omakutsche war.
Es war, als hätte sie sich mit fünfunddreißig Jahren in einem Leben eingerichtet, das nur aus Arbeit und der Pflege ihrer Mutter bestand. Sie schien sich überhaupt nicht darum zu kümmern, wie sie aussah. Am liebsten hätte er sie modisch generalüberholt, so wie er es mit Roy Grace gemacht hatte. Er war sich sicher, dass er sie in eine schöne Frau verwandeln könnte.
Aber wie sollte er ihr das sagen? In der politisch korrekten Welt von heute musste man auf Nummer Sicher gehen. Vielleicht wäre sie unheimlich sauer und würde ihn als Sexisten bezeichnen.
Ein weiteres Auto kam angefahren, ein blauer Ford Mondeo mit DC Pattenden am Steuer. Neben ihm hockte ein Mann von Anfang fünfzig mit zurückgekämmtem schwarzen Haar, das von silbernen Strähnen durchzogen war, und der argwöhnisch dreinschaute. Von der Seite erinnerte er Branson an einen Dachs. Hinter ihm saß eine Frau.
Der Dachs stieg aus und gähnte, dann schaute er sich müde und niedergeschlagen um. Er trug einen teuer aussehenden hellbraunen Crombie Coat mit Samtkragen, braune Loafer mit goldenen Schnallen und einen Smaragdring. Seine gelbliche Haut zeugte von künstlicher Sonnenbräune und einer schlaflosen Nacht.
Er hatte soeben seinen Sohn verloren, und wer immer er auch in der Verbrecherwelt sein mochte, Glenn empfand Mitleid mit ihm.
Dann flog die hintere Tür auf, als wäre sie explodiert. Branson atmete eine Parfumwolke ein, als die Frau die Beine aus dem Auto schwang und ausstieg. Sie war etwas größer als ihr Mann und hatte ein attraktives, aber hartes Gesicht, das angespannt war vor Trauer. Ihr kurzes blondes Haar war tadellos frisiert, und ihr kamelhaarfarbener Mantel, die dunkelbraune Handtasche und die passenden Stiefel aus Krokoleder zeugten von dezentem Luxus.
»Mr und Mrs Revere?« Er trat auf sie zu und streckte die Hand aus.
Die Frau schaute ihn an, als wäre er Luft, und wandte sich verächtlich ab. Offenbar sprach sie nicht gern mit Schwarzen. Der Mann lächelte sanft und nickte. »Lou Revere. Das ist meine Frau Fernanda.« Sein Händedruck war überraschend fest.
»Ich bin Detective Sergeant Branson. Dies sind Detective Sergeant Moy und DC Pattenden. Wir stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung. Den Tod Ihres Sohnes bedauern wir außerordentlich. Hatten Sie eine gute Reise?«
»Absolut beschissen, wenn Sie es genau wissen wollen«, sagte die Frau, ohne ihn anzusehen. »In der Maschine gab es kein Eis. Können Sie sich das vorstellen? Kein Eis. Nur ein paar abgestandene Sandwiches. Müssen wir hier im Scheißregen herumstehen?«
»Natürlich nicht, gehen wir hinein.« Er deutete nach vorn.
»Liebes«, sagte der Mann. »Liebes –« Er schaute die beiden Ermittler entschuldigend an. »Es war Last Minute. Ein Geschäftspartner war gerade angekommen, die Maschine stand noch in La Guardia. Sonst wären wir erst viel später geflogen, vielleicht sogar erst morgen.«
»Wir haben 25000 Dollar bezahlt, und die hatten nicht mal Eis«, wiederholte sie.
Glenn Branson konnte nicht fassen, dass sich jemand, der soeben seinen Sohn verloren hatte, über etwas so Triviales wie den Mangel an Eis beschwerte. Dennoch verhielt er sich diplomatisch. »Das ist bedauerlich.« Er führte sie zur Vorderseite des Gebäudes und blieb vor der kleinen blauen Tür mit der Milchglasscheibe stehen. Darüber hing eine Überwachungskamera. Er klingelte.
Cleo Moreys Assistent Darren Wallace öffnete ihnen. Er war ein fröhlich aussehender Mann von Mitte zwanzig, dessen schwarzes Haar mit Gel zu Stacheln frisiert war. Er trug schon seine blaue Arbeitskleidung und hatte die Hose in weiße Gummistiefel gesteckt. Er begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln und bat sie herein.
Der Geruch überwältigte Glenn Branson, wie immer würgte es ihn in der Kehle. Es war der widerlich süße Geruch des Desinfektionsmittels, doch er konnte den Gestank des Todes, der das ganze Gebäude durchdrang, nicht ganz überdecken. Der Geruch blieb immer in der Kleidung hängen.
Sie gingen in ein kleines Büro, wo man sie mit Philip Keay bekannt machte, der das Coroner’s Office vertrat.
Darren Wallace führte sie durch den gefliesten Korridor, vorbei am
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