Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
schieflaufen ?«
»Keine Ahnung. Ich nehme an, viele Leute werden nervös, sobald sie das Wort Mafia hören. Der Chief Constable steht unter Druck, weil er den historischen Ruf der Verbrechenshauptstadt loswerden will. Daher sollte die Verbindung zur Mafia möglichst geheim gehalten werden.«
»Ich dachte, die New Yorker Mafia wäre ziemlich geschrumpft.«
»Sie ist nicht mehr so mächtig wie früher, hat aber noch einiges zu melden. Wir müssen den weißen Lieferwagen so schnell wie möglich finden und den Fahrer verhaften. Das nimmt ein bisschen den Druck aus der Sache.«
»Denkst du an Schutzgewahrsam, Chef?«
»Du hast zu viele Mafiafilme gesehen. Deine Phantasie geht mit dir durch.«
»Hundert Riesen«, knurrte Glenn Branson in einer Imitation des Paten. Er sprach, als hätte er den Mund voller Kieselsteine. »Das ist ein Angebot, das niemand ablehnen kann.«
»Halt die Klappe.«
Doch bei sich dachte Grace, dass sein Kollege durchaus recht haben konnte.
30
LOU REVERE MOCHTE ES NICHT, wenn seine Frau zu viel trank, und seit ihre drei Kinder ausgezogen waren, griff Fernanda abends fast immer zur Flasche. Für sie war es normal geworden, gegen acht Uhr betrunken durchs Haus zu stolpern.
Je mehr sie trank, desto übler wurde ihre Laune, und sie fing an, Lou an allem die Schuld zu geben, was ihr gerade in den Sinn kam. Das konnte die Position sein, in der ein Fernseher an der Wand befestigt war und die, wie sie festgestellt hatte, Schmerzen im Nacken verursachte. Als Nächstes regte sie sich darüber auf, dass er seine Golfkleidung im Schlafzimmer auf den Boden geworfen hatte. Vor allem aber gab sie ihm die Schuld daran, dass ihr jüngerer Sohn Tony, den sie vergötterte, mit dieser Schlampe in England lebte.
»Wenn du ein Mann wärst«, pflegte sie zu brüllen, »dann hättest du Tony gezwungen, sein Studium in Amerika abzuschließen. Mein Vater hätte nie geduldet, dass sein Sohn einfach so weggeht!«
Lou zuckte nur mit den Achseln und sagte: »Die Generation von heute ist eben anders. Man muss seine Kinder tun lassen, was sie möchten. Tony ist ein kluger Junge und braucht als Mann seine Unabhängigkeit. Ich vermisse ihn auch, aber es ist doch gut, dass er so selbständig handelt.«
»Es ist gut, dass er seine Familie verlässt? Du meinst wohl, meine Familie.«
Genau das meinte er, auch wenn er es nie ausgesprochen hätte. Insgeheim jedoch hoffte er, dass Tony sich aus den Fängen der Giordinos befreien und ein eigenes Leben aufbauen würde. Manchmal wünschte er sich, er hätte selbst den Mut besessen, doch dafür war es zu spät. Dies war das Leben, für das er sich entschieden hatte. Er war reicher, als er es sich je hätte träumen lassen. Sicher, Reichtum war nicht alles, und das Geld, mit dem er arbeitete, war schmutziges Geld. Manchmal klebte auch Blut daran. Aber so lief es eben.
Lou liebte seine Frau trotz ihres Benehmens. Er war stolz auf ihr Aussehen, auf die luxuriösen Partys, die sie organisierte, und auch im Bett konnte sie immer noch ganz schön wild sein – falls sie sich nicht vorher ins Koma getrunken hatte.
Auch war es eine Tatsache, dass ihre familiären Verbindungen seiner Karriere nicht gerade geschadet hatten.
Lou Revere hatte in Harvard studiert und als Buchhalter angefangen. Obwohl er einer New Yorker Familie entstammte, die mit den Giordinos konkurrierte, hatte er zunächst nicht vorgehabt, sich in die Welt des Verbrechens zu begeben. Das änderte sich an dem Abend, an dem er Fernanda auf einem Wohltätigkeitsball kennengelernt hatte. Damals war er schlank und gutaussehend gewesen, und er hatte ihr gefallen, weil er sie zum Lachen brachte. Außerdem erinnerte er sie mit seiner inneren Stärke angeblich an ihren Vater.
Sal Giordino war von Lous strategischem Verstand beeindruckt und hatte eine Zeitlang sogar versucht, eine Verbindung zu Lous Familie zu schmieden. Er wollte das Beste für seine Tochter, und das erreichte er in seinen Augen, indem er dem Mann half, den sie heiraten wollte. Außerdem konnte der Bursche ihm vielleicht nützlich sein.
Innerhalb von fünf Jahren stieg Lou Revere zum Finanzberater der Giordino-Familie auf und übernahm die Wäsche von Hunderten Millionen, die aus Drogenhandel, Prostitution und Markenpiraterie stammten. In den nächsten zwanzig Jahren investierte er die Gewinne geschickt in legale Firmen, darunter ein besonders erfolgreiches Entsorgungsimperium, das sich quer durch die Vereinigten Staaten bis nach Kanada erstreckte, und durch
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