Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
Clubs.
Während der Motor im Leerlauf tuckerte und BBC Radio Sussex einen alten Song von den Kinks spielte, schaute er sich nach weiteren Kinderwagen um. Am Abend, bevor Cleo ins Krankenhaus gekommen war, hatten sie sich lange verschiedene Kinderwagen im Internet angesehen und eine Liste der passenden Modelle aufgestellt.
Cleo wollte gern einen haben, den er beim Joggen schieben konnte, damit er eine Bindung zu dem Baby aufbauen konnte, selbst wenn ihn seine Arbeit häufig von der Familie fernhielt. Genau davor warnten nämlich die Schwangerschaftsratgeber. Die Mutter könne sich ganz auf das Kind konzentrieren und ihre Beziehung entwickeln, während der Vater außer Haus arbeitete und sich von dem Kind entfernte.
Auf der anderen Straßenseite bemerkte er einen Mann in seinem Alter, der beim Joggen sein Baby in einem Mountain Buggy schob. Dann entdeckte er eine Joggerin mit dem iCandy Apple Jogger, den er und Cleo favorisierten. Kurz darauf sah er ein weiteres Modell, dessen Name ihnen gefiel, ein Graco Cleo. Und ganz am Ende der Promenade schob eine Frau den Buggy, der ihnen am meisten zusagte und leider auch zu den teuersten gehörte, ein Bugaboo Gecko.
Zum Glück war Geld kein Problem. Cleo hatte ihm erzählt, dass ihre Eltern den Wagen bezahlen wollten. Normalerweise hätte Grace darauf bestanden, alles selbst zu übernehmen, so war er erzogen worden. Dann aber hatte er die Kosten überschlagen, die ein Baby verursachte, und sich gehörig erschreckt. Sie waren ebenso hoch wie unüberschaubar. Es fing schon damit an, dass sie das Gästezimmer bei Cleo in ein Kinderzimmer umwandeln mussten. Man hatte ihm geraten, es lange im Voraus zu streichen, damit die Farbe keine Dämpfe mehr ausdünstete. Dann ging es um die Digitalmonitore, mit denen Cleo den Atem des Kleinen überwachen wollte. Das Körbchen, in dem das Baby in den ersten Monaten schlafen sollte. Die Dekoration des Zimmers. Kleidung – die sie noch nicht kaufen konnten, weil sie nicht wussten, ob es ein Junge oder ein Mädchen wurde.
Es war seltsam, dass es bisher nur es war, doch sie wollten das Geschlecht nicht wissen. Allerdings hatte Cleo mehrfach erwähnt, dass sie auf einen Jungen tippe, weil sie das Kind sehr hoch trug und, ein weiteres Ammenmärchen, eher Lust auf herzhafte als auf süße Sachen hatte.
Ihm persönlich war es egal. Hauptsache, das Baby war gesund und, noch wichtiger, Cleo ging es gut. Er hatte von Männern gelesen, die in besonders dramatischen Situationen zwischen dem Leben des Kindes und dem der Mutter entscheiden mussten. Diese Frage stellte sich für ihn überhaupt nicht. Er würde immer Cleo retten.
Auf der Promenade rollte ein Ziko Herbie vorbei. Gefolgt von einem Phil & Teds Dash, einem Mountain Buggy und einem Mothercare MyChoice. Er hatte sich in kürzester Zeit ein geradezu enzyklopädisches Wissen über Kinderwagen angeeignet. Da klingelte sein Telefon.
Es war Norman Potting. »Chef, ich habe gute und – ähm – nicht so gute Neuigkeiten. Aber mein Akku ist fast leer.«
»Und?«
Die Antwort war Schweigen.
35
JEMAND HATTE DEN MÜNCHNER MERKUR auf dem hölzernen Biertisch liegen lassen. Sie saß allein im Seehaus im Englischen Garten. Auf der Titelseite der Lokalzeitung sah man einen großen silbernen Bus, der gegen eine Leitplanke geprallt und auf die Seite gekippt war. Darum herum standen Rettungshelfer in orangefarbenen Westen, auf einer Trage war ein zugedecktes, blutiges Opfer zu erkennen.
Die Schlagzeile, die sie im Kopf ins Englische übersetzte, lautete: Sieben Tote bei Busunglück auf Autobahn .
Obwohl sie inzwischen fließend Deutsch sprach, dachte sie immer noch in Englisch und träumte bisweilen auch auf Englisch. Sie fragte sich, ob sich das eines Tages ändern würde. Sie hatte deutsches Blut. Ihre Großmutter mütterlicherseits stammte aus einer kleinen Stadt in der Umgebung, und sie empfand Bayern zunehmend als ihre wahre geistige Heimat. Sie liebte München.
Und vor allem diesen Park. Wenn möglich, kam sie jeden Samstagmorgen her. Heute war der Aprilsonnenschein ungewöhnlich warm, und sie war dankbar für die Brise, die vom See herüberwehte. Obwohl sie nur ein T-Shirt, eine Jogginghose und Turnschuhe trug, schwitzte sie stark nach ihren zehn Kilometern. Dankbar nahm sie einen tiefen Zug aus der kalten Flasche Mineralwasser, die sie gerade gekauft hatte.
Dann saß sie ganz still da, atmete den süßen Duft von Gras und Seewasser, von Holzpolitur und sauberer Luft ein. Plötzlich wehte von
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