Riley Das Mädchen im Licht
nach oben auf das Schloss, überwältigt und total aufgeregt.
Ich würde nach London fahren!
Der Wohnsitz von Orlando Bloom, Daniel Radcliffe, Prinz William und Prinz Harry, und nicht zu vergessen von der absoluten Lieblingsband meines Vaters, den Beatles (okay, sie stammen eigentlich aus Liverpool, aber für mich war das nahe genug dran).
Ich musste einfach nur einen Geist von diesem Ort vertreiben, und schon war ich dort. Ich musste nur ein verwöhntes Muttersöhnchen mit einem bedauernswerten Namen, der sich weigerte, ein riesiges Haus mit einem tollen Garten, Springbrunnen und spitzen Türmchen zu verlassen, dazu bewegen, das alles gegen eine in meinen Augen wirklich merkwürdige Schule und einen peinlichen Rückblick auf sein Leben einzutauschen.
Und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich das konnte. Es war kinderleicht. Ich meine, ich war mir meiner selbst plötzlich so sicher, dass ich vor Selbstbewusstsein beinahe geplatzt wäre.
Ich unterbrach Bodhi bei seinem endlosen Vortrag. »Okay, also lass uns jetzt die Sache auf den Punkt bringen. Womit genau habe ich es zu tun? Wie alt ist dieser Junge eigentlich?« Ich war der Meinung, ich sollte einen Plan haben, bevor ich dort hineinging, und wenn ich sein Alter wusste, könnte ich besser einschätzen, wie ich auf ihn zugehen sollte.
Entweder war er jünger als ich und damit weniger beängstigend, mir sogar vielleicht in jeder Hinsicht unterlegen. Oder er war älter als ich. Na ja, dann würde ich mich etwas mehr anstrengen müssen, aber auch das würde ich sicher hinkriegen.
»Ich weiß es nicht.« Bodhi seufzte. »Niemand weiß es. Dieser Junge ist wirklich ein Rätsel, ein absolutes Mysterium. Aber wie man sich erzählt, scheint er ungefähr zehn zu sein.«
» Zehn? « Ich riss erstaunt den Mund auf und ließ meinen Blick zwischen dem Schloss und Bodhi hin und her wandern. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Dieses Kind, dieser Furcht einflößende Geist, war erst zehn Jahre alt? »Ich bitte dich.« Ich lachte, schüttelte den Kopf und erlaubte mir ein dramatisches Augenrollen. »Zehn. Das werde ich mir merken.« Ich blies mir meinen Pony aus der Stirn, straffte die Schultern, zog meinen Rock zurecht und bereitete mich darauf vor, in das Schloss zu gehen. »Also, wo ist er? Wo steckt dieser Furcht erregende Zehnjährige? Lass mich zu ihm. Auf mich wartet ein Ausflug nach London.«
Bodhi sah mich an. Offensichtlich wägte er in Gedanken etwas ab und entschied sich dann dagegen – worum auch immer es sich gehandelt haben mochte. Er zuckte die Schulter. »Gut, dann machen wir es so, wie du willst. Vorerst. Komm mit.«
ZWÖLF
B uttercup und ich folgten ihm durch den riesigen Garten und durchquerten eine Reihe von sorgfältig geschnittenen Hecken, die einen recht komplizierten Irrgarten bildeten, wenn man nicht, wie wir, einfach hindurchgehen konnte. Wir marschierten durch die dicke Hauswand und gelangten auf der anderen Seite in einen riesigen Raum mit extrem hoher Decke, großen Buntglasfenstern, abgewetzten Teppichen, verstaubten Kronleuchtern und einer Unmenge von altem Zeug, bei dem es sich, wie ich annahm, um unbezahlbare Antiquitäten handelte.
»Angeblich spukt er in dem blauen Zimmer«, flüsterte Bodhi, obwohl niemand außer uns hier war und uns hören konnte. Sein Blick irrte hin und her, bis er eine große, breite Treppe entdeckte. Er legte sein Board auf den Boden und skatete darauf zu.
»Dann gibt es hier also so viele Zimmer, dass sie Kennfarben brauchen?«, fragte ich. Seit ich tot war, hatte ich mir schon einige Villen von berühmten Persönlichkeiten angeschaut, aber in einem richtigen Schloss, das so riesig, so ausladend und beeindruckend war, war ich noch nicht gewesen.
Bodhi zuckte jedoch nur die Schultern. Er war bereits am oberen Treppenabsatz angelangt und neigte den Kopf nach rechts. »Wenn ich mich richtig erinnere, geht es hier entlang. Es ist die dritte Tür auf der linken Seite.«
Ich blieb wie angewurzelt stehen. Das gefiel mir nicht. Das gefiel mir ganz und gar nicht. Kein bisschen.
»Was meinst du damit? Wenn du dich richtig erinnerst?« Ich musterte ihn aufmerksam, um irgendein verräterisches Zeichen zu entdecken, irgendeinen nervösen Tick, ein Zucken des Augenlids, eine ruckartige Bewegung des Knies, irgendetwas. Aber außer dass er wieder so komisch auf seiner Unterlippe herumkaute, konnte ich nichts bemerken. Sein Gesicht war wie versteinert, seine Miene nicht zu deuten. Er wollte nichts preisgeben.
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