Riley - Die Geisterjägerin - Noël, A: Riley - Die Geisterjägerin - N.N. 3 (nach "Radiance" - The Riley Series)
ich die Antwort bereits. Der freie Wille ging über alles.
Ich schüttelte den Kopf und ging zum Ausgang. Ich schob das erste Holzbrett zur Seite und legte es auf den Boden, als er mich erneut ansprach. »Weißt du, Riley, auf diese Weise wirst du niemals dreizehn werden.« Ich warf einen Blick über die Schulter und sah, dass er mich besorgt musterte.
»Ach ja?«, brummte ich, packte die nächste Holzlatte und schleuderte sie auf den Boden. »Na großartig. Im Ernst. Danke, dass Sie mir das gesagt haben, Balthazar. Vielen Dank für den wirklich nützlichen, ganz tollen und praktischen Tipp.«
Ich sah ihn finster an, blies mir meinen Pony aus dem Gesicht und entfernte die letzte Holzlatte, um so schnell wie möglich eine große Entfernung zwischen uns zu schaffen.
»So wirst du nicht älter werden. Gewinnen ist nicht das, wofür du es hältst.«
»Ach ja? Wie genau sollte ich es denn anstellen?«, fragte ich mit sarkastischer Stimme, obwohl ich insgeheim hoffte, dass er es mir verraten würde.
»Du wirst älter … na ja, indem du älter wirst.« Er nickte, als hätte er mir gerade etwas Bedeutendes offenbart.
Ich stöhnte und verdrehte die Augen. Noch mehr nutzlose weise Worte von dem großen Regisseur persönlich! , dachte
ich. Dann bückte ich mich tief und setzte einen Fuß fest auf den Boden vor dem Gebäude.
»Du hast so viel Potenzial, aber keine Ahnung, wie du es in die richtigen Bahnen lenken sollst«, meinte Balthazar.
Meinen nächsten Schritt machte ich nur zögernd. Es ist mir peinlich, aber ich muss zugeben, dass ich neugierig war, was er damit bezweckte.
»Wenn du nicht bereits eine Ausbildung zur Seelenfängerin machen würdest, hätte ich dich gefragt, ob du bei mir lernen möchtest, wie man Regieassistent wird. Du hast das Herz und Feuer dafür. Immer, wenn du etwas sagst, sehe ich heiße Flammen aus deinem Mund schießen.«
Okay, ich war zwar wütend, aber jetzt konnte ich ein Lächeln nicht unterdrücken. Es war keine wirklich schmeichelhafte Bemerkung, aber sie beschrieb mich sehr treffend.
»Du scheinst auch dazu zu neigen, gern Regeln zu missachten. Wie zum Beispiel die Öffnungszeiten von Traumland.«
Das Lächeln verschwand von meinem Gesicht. Und da ich keine Lust hatte, mir eine weitere Belehrung anzuhören, kroch ich durch den Spalt auf die andere Seite der Tür. Ich war bereits auf dem Weg zum Tor, als Balthazar hinter mir herkam. »Du hast die Seele eines Künstlers«, sagte er. »Und große Kunst erfordert es, Regeln großzügig auszulegen. Man muss neue Möglichkeiten
entdecken, um einen alten Pfad wieder zu erhellen. Du hast dein Leben nach dem Tod mit grimmiger Entschlossenheit und Leidenschaft begonnen, und du liebst nichts mehr, als zu gewinnen. Diese Eigenschaften kommen dir in deinem Job als Seelenfängerin sicher zugute, aber, wie du siehst, wird es immer wieder Seelen geben, die auf ihrem eigenen Weg beharren. So ist es nun einmal. Das wirft weder ein gutes noch ein schlechtes Licht auf dich.«
Ich schluckte unwillkürlich. So hatte ich das wohl noch nie gesehen. Bisher hatte ich gedacht, der große Rat hätte mich zur Seelenfängerin gemacht, weil ich eine Beziehung zu den Geistern hatte. Weil ich aus erster Hand wusste, wie es war, wenn man sich nicht von der Erdebene lösen konnte, sich nicht von der bisherigen Lebensweise verabschieden wollte und sich weigerte, dorthin zu gehen, wohin man eigentlich gehörte. Aber vielleicht sahen sie mehr in mir. Möglicherweise lag es an dem Feuer in meinem Herzen, an meiner Entschlossenheit und Leidenschaft und an meinem Bestreben, immer gewinnen zu wollen … na ja, vielleicht hatte das zumindest einen kleinen Ausschlag gegeben, als ich zu dem bestimmt wurde, was ich jetzt war.
Balthazar unterbrach meinen Gedankengang. »Und obwohl du diese guten Eigenschaften besitzt, musst du lernen, sie so zu lenken und einzusetzen, dass du damit wahre Größe erreichst. Sonst sind sie nur ein Haufen Gefühle, die Amok laufen. Die Fähigkeit, seine Gefühle zu lenken, ist ein Zeichen von Reife, richtig?«
Mir fiel die Kinnlade herunter, und ich blieb stocksteif stehen, beinahe eingefroren wie … na ja, wie ein Schneemann. Plötzlich verstand ich es – oder zumindest teilweise. Ich hatte das Gefühl, als hätte mir gerade jemand ein gesuchtes Teil für mein Puzzle gereicht.
Balthazar legte den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel hinauf. Es war immer noch dunkel, doch es zeichneten sich bereits zarte silberne Streifen ab –
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