Riley Jenson 01 - Die Mondjägerin
lachend trat er zur Seite. Ich zuckte nach vorn, versuchte ihn zu packen und ihn dazu zu bringen zu beenden, was er angefangen hatte. Doch wieder hielten mich die Ketten zurück. Ich verfluchte ihn, ausgiebig und heftig.
»Genau deshalb«, meinte er sichtlich amüsiert, »sollte ich unser Kind aufziehen und nicht du.«
Obwohl ich durch den dichter werdenden roten Schleier kaum noch etwas sah, konnte ich deutlich die eisige Entschlossenheit in seinem Gesicht erkennen. Seltsam. Ich hatte eigentlich erwartet, dass er verrückt aussah, so verrückt, wie sich das anfühlte, was gerade in mir vorging. Er musste verrückt sein, wenn er dachte, mit so etwas davonzukommen. Selbst wenn er mich schwängerte, würde ich mich niemals zurücklehnen und ihm unser Kind überlassen.
»Zehn von den fünfzig der ersten Testreihe sind nicht schwanger geworden. Wahrscheinlich wird es mir genauso ergehen.« »Die Tests der vergangenen Monate haben bewiesen, dass dein Körper fabelhaft auf das Medikament reagiert.« Aber vielleicht reagierte mein Körper auf eine Art, die er nicht erwartet oder getestet hatte. »Was ist mit den anderen zehn? Denen, die mutiert sind?« Er hob die Brauen. »Was ist mit ihnen?« »Es waren Mischlinge, genau wie ich.«
Ihm war das Lachen vergangen, und sein Gesicht war wie versteinert. »Was meinst du?« Ich lachte bitter. »Hast du dich nie gefragt, wieso ich so schnell und so stark bin? Ich bin nicht einfach nur ein Werwolf, ich bin auch ein Vampir.« Er verschränkte die Arme und sagte mit ausdrucksloser Stimme und gleichgültigem Blick: »Unmöglich. Vampire sind unfruchtbar.«
»Außer in den seltenen Fällen, in denen die Begegnung in den ersten vierundzwanzig Stunden nach der Verwandlung stattfindet. Von einem solchen Vampir ist meine Mutter vergewaltigt worden.« »Nein.« »Was glaubst du denn, wieso ich aus unserem Rudel ausgeschlossen worden bin? Sie haben aus Loyalität meiner Mutter gegenüber zugelassen, dass ich dort aufwachse, aber als ich einmal die Pubertät erreicht hatte, haben sie mich verstoßen.« »Nein.«
Diesmal sagte er es mit mehr Nachdruck, und ich schnaubte verächtlich. »Was ist los? Ist dir nicht wohl bei dem Gedanken, dass du die ganze Zeit mit einem Mischling geschlafen hast?«
Er antwortete nicht. Ich starrte ihn an, bemerkte die plötzliche Abscheu in seinen Augen, und mir wurde klar, dass ich mit meiner scherzhaften Bemerkung den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Talon glaubte, dass Werwölfe anderen Rassen überlegen waren, aber mir war nicht klar gewesen, dass er deshalb auch Mischlinge verurteilte.
»Bei unseren Untersuchungen hat es keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass du irgendetwas anderes als ein Wolf bist.« Seine Stimme war leise und voller Wut, die jetzt ebenso heiß auf meiner Haut brannte wie seine Lust noch einen Augenblick zuvor. »Das können sie auch nicht, weil ich im Grunde ein Wolf bin. Erst bei einer umfassenden DNA-Untersuchung werden die Unterschiede sichtbar.«
Einige Sekunden starrte er nur vor sich hin, wobei seine Wut immer stärker wurde, die jede Faser meines Körpers in Brand zu setzen schien. Er ballte die Fäuste, und ich ahnte, dass ein Schlag folgen würde. Ich fuhr meine Schutzschilde herunter und versuchte verzweifelt in seinen Verstand einzudringen, stieß jedoch auf eine Blockade. Zum ersten Mal in den zwei Jahren bemerkte ich den dünnen Draht, der um die Weißgoldkette an seinem Hals gewickelt war. Seit ich ihn kannte, war er gegen Bewusstseinskontrolle geschützt gewesen.
Ein Lachen sprudelte in mir hoch. So viel zu meiner Zurückhaltung in all den Jahren. Er stieß mir die Faust in den Magen. Mein Lachen erstarb, und ich rang verzweifelt nach Luft. Er schlug wieder und wieder auf mich ein. Ich zitterte, warf mich hin und her und versuchte, frei zu kommen. Das Bedürfnis, ihm alle Glieder einzeln auszureißen, war genauso stark, wie das Bedürfnis zu überleben.
»Feigling«, spie ich zwischen den Schlägen hervor. »Komm näher, trau dich doch.«
Ich zitterte, hatte Schmerzen und blutete. Alles war rot geworden, nur dass das kein Blut war. Die Wut und der Wolf hatten die Kontrolle übernommen und der verzehrende Schmerz hatte keine Bedeutung. Ich wollte, ich brauchte Blut.
Wenn er einen Schritt näher kam, konnte ich ihn packen und ihn in Stücke reißen. Ich rollte erwartungsvoll die Finger ein. Ich wollte ihn schmecken, wollte mit meinen Zähnen an seinem köstlichen Fleisch reißen und zusehen, wie das Blut aus
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