Riley Jenson 01 - Die Mondjägerin
Vampire, mit denen ich mich so wohl fühlte, weitaus gefährlicher sein konnten als Gautier. »Wieso ermittelt Quinn wegen der Klone?« »Er hat vor einiger Zeit einen in Sydney gesehen und angehalten. Anscheinend war der Klon das Ebenbild eines Freundes, den er für tot gehalten hat.«
Das hieß, dass der Freund ein Ebenbild von Gautier war, wenn dieser »Freund« der tote Mann war, den Jack vorhin erwähnt hatte. Ich fragte mich unwillkürlich, ob der arme Kerl wegen seines Aussehens depressiv geworden war und sich deshalb umgebracht hatte. »Ein Vampirfreund. Richtig?«
Jack nickte. »Quinn ist ein alter Freund von Direktorin Hunter. Er hat sie kürzlich um ihre Unterstützung in dieser Sache gebeten, weil er bei seinen Untersuchungen auf Moneisha gestoßen ist und nach Melbourne kommen wollte, um dieser Angelegenheit weiter nachzugehen. Deshalb hat sie mich gebeten, ihn in unsere Untersuchungen einzubeziehen.«
»Nur weil sie zugestimmt hat, ist es noch lange nicht legal, eine Zivilperson in einen Fall der Abteilung einzubinden.« »Wenn es um die zivile Sicherheit geht, kann die Abteilung jegliche Hilfe in Anspruch nehmen. Und außerdem können wir so eingreifen, bevor er irgendetwas Illegales tut.« Irgendwie glaubte ich nicht, dass sich Quinn um Gesetze scherte, wenn es hart auf hart kam. »Er hat eine Nachricht auf meiner Mailbox hinterlassen. Er will mich heute Nacht treffen.«
Jack nickte. »Er hat sich bei mir gemeldet, nachdem er sich wieder an alles erinnern konnte. Ich möchte, dass du bis auf weiteres mit ihm zusammenarbeitest.« »Hältst du das für klug? Ich meine, wenn er so mächtig ist, wie du sagst, wird er dann nicht seine Fähigkeiten einsetzen, um bei dir seinen Willen durchzusetzen?« »Direktorin Hunter vertraut ihm bedingungslos, also tue ich das ebenfalls.« »Direktorin Hunter ist nicht unfehlbar. Sie hatte schließlich keine Ahnung, dass ihr Vizepräsident Gautiers Eintritt in die Abteilung genehmigt hat.«
Jack grinste. Das schien er in letzter Zeit ziemlich häufig zu tun, was ich extrem nervig fand. Ich nahm an, dass er sehr zufrieden war, wie sich sein Plan mit mir entwickelte. »Misstrauen ist sehr wichtig für einen Wächter, weißt du?«
Genau wie das Talent, sich zum richtigen Zeitpunkt zurückzuziehen, und genau das würde ich jetzt tun. Außerdem war es bald elf Uhr. Wenn ich Quinn treffen wollte, musste ich mich langsam auf den Weg machen. »Erzähl mir von Moneisha.« Er blickte auf den Computermonitor und sagte »Moneisha, Informationentransfer«, und eine Sekunde später erschien ein winziger in Plastik eingeschweißter Chip. Er nahm ihn und überreichte ihn mir. »Da sind alle Informationen drauf, die wir derzeit haben. Zeig ihn Quinn, und zerstört den Chip, wenn ihr alles gelesen habt.«
Ich schob ihn in meine Tasche. »Mach ich.« »Halt mich auf dem Laufenden.«
Ich nickte und ging. Als ich in das Auto stieg, sah ich die Akte, die Talon mir gegeben hatte. Beim schnellen Durchblättern konnte ich nichts entdecken, was ich nicht schon wusste. Er hatte noch nicht einmal versucht, sorgfältig über Quinn zu recherchieren, und das ärgerte mich. Ich verlangte nicht viel von meinen beiden Freunden, aber wenn ich es tat, erwartete ich, dass sie sich ein bisschen mehr anstrengten.
Ich schüttelte den Kopf, warf die Akte auf den Sitz und fuhr auf den Parkplatz des Casinos. Es war schon beinahe halb zwölf, als ich auf das Casino selbst zulief. Als ich den Haupteingang des großen Gebäudes erreicht hatte, ließ ich den Blick suchend über die flanierenden Leute gleiten. Es war alles vertreten, Menschen, Wölfe, Gestaltwandler und Vampire, aber nicht der Mann, nach dem ich suchte. Ich drehte mich um und sah mich in der näheren Umgebung um.
Dann entdeckte ich ihn. Er saß auf den Stufen, die hinunter zum Anleger führten. Ich ging zu ihm und setzte mich neben ihn, nah genug, dass ich seine Wärme spüren konnte, aber auch nicht so nah, dass wir uns berührten. »Ich habe nicht mehr damit gerechnet, dass du noch kommst«, sagte er beiläufig.
Seit unserer letzten Begegnung hatte er offenbar geduscht und sich angezogen. Seine Haare waren tatsächlich schwarz und so dicht und seidig, dass es mir in den Fingern juckte, hindurchzufahren. Er trug nicht mehr den Mantel, den ich ihm gegeben hatte. Stattdessen schmiegte sich ein dunkelroter Pullover locker um seinen schlanken Körper, und eine schwarze Jeans betonte seine sportlichen Oberschenkel. Mit Schlamm bedeckt war er
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