Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
fortführen wollte.« Weil er die übrig gebliebenen Forschungsunterlagen behalten hatte. »Offenbar mit nicht sonderlich durchschlagendem Erfolg.« Misha wirkte amüsiert. »Wenn er das hörte, würde ihn das schwer treffen.« »Ach, das tut mir aber leid. Seit wann gibt es diese anderen Labore?« »Man hat dort lange Zeit Drogen entwickelt. Es ist nicht verwunderlich, dass sie sich anschließend mit Genforschung beschäftigt haben, weil sie sich davon deutlich höhere Gewinne versprachen. Das war vor fünfzig Jahren.«
Mir wurde plötzlich kalt. Ich rieb meine Arme und versuchte, mich von der bösen Vorahnung zu befreien, dass ich eines Tages weit mehr von diesen Laboren sehen würde als mir lieb war. Dann allerdings nicht als Opfer.
»Dann muss der Mann um die Siebzig sein?« »Nein. Der ehemalige Kopf der Organisation hat die Arbeit begonnen, der jetzige Leiter führt sie fort.« »Wie alt ist er dann? Dein Chef meine ich.« »Anfang Vierzig.« Etwas schimmerte in seinen Augen. Belustigung. Oder vielleicht Vorfreude. »Er regiert mit eiserner Faust. Pass gut auf, wenn du gegen ihn vorgehst.«
Ich hatte nicht vor, gegen ihn vorzugehen. Ich war kein Idiot. Die Abteilung sorgte schon dafür, dass der Mann seine gerechte Strafe erhielt. Allerdings wäre ich sehr gern dabei gewesen. »In den Gedanken der Geisterechse habe ich ein Haus voller Mischlingswesen gesehen. Baut er eine Armee auf?« »Keine Armee, nein, aber eine Einheit aus Wesen, vor denen die meisten Angst haben. Du hast vor zwei Monaten einige seiner Geflügelten Kämpfer zerstört, und er kann sie noch nicht ersetzen. Es stehen ihm ungefähr vierzig andere Wesen zur Verfügung.« Er zögerte. »Zudem will er sie verleihen. Für sehr viel Geld versteht sich.«
Ich nickte. Misha hatte diesen kleinen Nebenverdienst schon erwähnt. »Dann benutzt er seine Kreaturen dazu, die einzig wichtige kriminelle Organisation in Australien zu werden?« »Ja.« Hatten wir es womöglich mit einem Unterweltskrieg zu tun? Großartig. »Und das Haus aus meinem Traum? Ist das seins?« Misha nickte. »Es ist einer der vielen Schlupfwinkel, über die er verfügt.« »Magst du mir sagen, wo es liegt?« Er trat nach vorn und seine Lust brannte erneut auf meiner Haut. »Magst du ein bisschen Sex?«
»Wenn du mir den Namen von diesem Schuft verrätst.« Ich hob eine Hand, damit er nicht näher kam. Er ergriff sie, führte sie an seine Lippen und küsste beinahe zärtlich meine Fingerspitzen. Wäre da nicht dieser kühle Ausdruck in seinen Augen gewesen, hätte ich mir eingebildet, dass er mich mochte. Vielleicht stimmte das auf eine seltsame Art auch. Vielleicht verwechselte er einfach nur Zuneigung mit Besitz.
»Ich kann dir den Namen nicht nennen«, erklärte er, ließ meine Hand los und versuchte, mich in seine Arme zu ziehen.
Ich wehrte mich, stemmte meine Hacken in den Boden und war froh, dass ich flache Schuhe und keine Pumps angezogen hatte, mit denen ich ihm Hals über Kopf in die Arme gefallen wäre. »Du hast mir fast alles von ihm erzählt, wieso sagst du mir nicht den Namen?« »Ich habe es dir doch bereits erklärt. Ich kann seinen Namen nicht aussprechen. Er hat mich mit einem Bann belegt, der das verhindert.« »Es ist unlogisch, dass er seinen Namen mit einem Bann belegt, dich aber alles andere über ihn ausplaudern lässt.« »Das merkt er nicht. Ich kann über alles reden. Ich bin stark genug, gewisse Bereiche meines Gehirns ohne sein Wissen abzuschotten. Er glaubt, der Bann würde sich auf alles erstrecken.«
Ich sah in seinem Blick, dass er mir etwas verschwieg, etwas zweifellos Wichtiges. Ich runzelte die Stirn und dachte über seine Worte nach. Dann wurde es mir schlagartig klar.
»Du kannst seinen Namen nicht aussprechen«, sagte ich langsam, »aber kannst du ihn denn nicht aufschreiben?« »Du bist nicht nur hübsch, sondern obendrein schlau.« Er fasste wieder meine Hand, diesmal fester. Ich rutschte ein Stück nach vorn, dann fand ich wieder Halt unter den Füßen. »Schreib den Namen auf, Misha. Wir müssen diesen Mann aufhalten.« »Du musst ihn aufhalten. Ich will dich.« Aber ich wollte ihn nicht. »Ich dachte, du wolltest ein Kind, das deinen Namen trägt?« »Ja, und das werde ich auch bekommen, aber nicht von dir. Das wissen wir doch beide.« »Ich liebe dich nicht, Misha.« »Es ist mir nie um Liebe gegangen. Aber ich wollte dich vom ersten Moment an, als ich gesehen habe, wie du dich so sexy an deinem Schlafzimmerfenster ausgezogen
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