Riley Jenson 03 - Der Gefähfrte der Wölfin
seinen Geruch wahr, der Anklänge an Erde und Luft enthielt. Ich blieb direkt hinter einem der dick gepolsterten Sofas stehen und ließ meinen Blick umherschweifen, bis ich seine vagen Umrisse in der Dunkelheit erspähte. Noch eine Geisterechse. Wie die anderen Exemplare hatte auch diese Saugnäpfe an Händen und Füßen. In den DNA-Cocktail hatte man eindeutig eine Echse gemischt. Keine Ahnung, wie das »Geister …« in die Bezeichnung gekommen war, aber das hatte vermutlich damit zu tun, dass die Gestalt selbst in einem erleuchteten Raum kaum zu sehen war.
Er verhüllte sich nicht wie ein Vampir. Das brauchte er nicht. Er war nackt wie ein Säugling, und die Haut war schwarz wie die Nacht. In dem Dämmerlicht war er nur als schwarzer Umriss zu erkennen, eine Gestalt ohne definierte Gesichtszüge. Es waren auch keine Genitalien auszumachen, weder weibliche noch männliche. Ich weiß nicht, wieso ich von »er« sprach. Vieleicht war es die Form seines Gesichtes. Es wirkte irgendwie eher männlich.
»Nun«, sagte ich dreist. »Was zum Teufel bist du? Das Willkommenskomitee?«
Er verzog die schmalen Lippen zu einem Lächeln. Seine Augen waren blau, vollkommen blau. Kein Weiß, keine schwarzen Pupillen, nur ein dunkles Nachtblau. Hübsch, aber gruselig. »Die meisten Besucher erschrecken bei meinem Anblick, wenn sie das erste Mal kommen. Die, die zum zweiten Mal kommen, sogar noch mehr.«
Ich musterte ihn in aller Seelenruhe von oben bis unten. »Wovor muss man sich denn fürchten?« »Äußerlichkeiten können täuschen.« »Offensichtlich.« Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen. »Hübsch hier. Deins?« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin hier, um dich vorzubereiten.« Ich hob fragend eine Braue. »Worauf?« »Sex natürlich.« Mein Blick zuckte seinen Körper hinunter. »Damit?« »Damit.« Während er sprach, erschienen seine Genitalien.
Sie stülpten sich nach außen und gewannen zwischen seinen Beinen an Kontur. Es war, als würde eine Gummipuppe aufgeblasen, nur wirkte es irgendwie seltsam. »Interessante Art, einen Tritt in die Eier zu vermeiden«, bemerkte ich trocken.
Er lächelte. Dabei erschienen Dornen an seinem Schwanz, stellten sich auf und zeigten spitze Enden.
»Das«, fügte ich unumwunden hinzu, »kommt nicht in meine Nähe.« »Doch.« »Wenn du das wagst, bist du auf der Stelle tot.« »Du bist hier, um zu tun, was dir befohlen wird.« »Nein, ich bin hier, um Sex mit Moss zu haben. Wenn er nicht in der Lage ist, das Ganze selbst hinzukriegen, ist das sein Pech. Ich werde nicht mit einem Kaktus vögeln, nur damit er abspritzen kann.«
Das schwarze Wesen hob eine Braue, und ich hätte schwören können, dass es mich amüsiert ansah. Dann glitt sein Blick an mir vorbei, es erstarrte, und mir sank der Mut. »Interessant«, ertönte eine Stimme hinter mir. »Du hast offenbar keine Angst vor der Kreatur und dem, was sie dir antun könnte.«
Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Einen Augenblick konnte ich mich nicht rühren, konnte kaum atmen. Ich kannte die Stimme nicht, doch das war auch nicht nötig. Nicht, wenn der Raum sich derart mit Bosheit füllte, dass die gute Luft durch faulige ersetzt wurde.
Vieleicht hatte mir das schwarze Wesen keine Angst eingejagt, der Mann hinter mir aber tat es mit Sicherheit. Denn es war Deshon Starr.
8
Ich zwang mich dazu, mich umzudrehen. Aus der Nähe betrachtet wirkte Starr sogar noch harmloser. Ein dürres Kerlchen, das aussah, als würde es sich lieber hinter einem Schreibtisch und einem Computermonitor verschanzen, als eins der größten Verbrechenskartele von Melbourne zu leiten.
Sein wahres Ich sah man erst, wenn man ihm in die Augen blickte. Sie waren blau, blutunterlaufen und unbeschreiblich kalt. Sie hatten nichts Menschliches an sich und wirkten wie tot. Eine Gänsehaut überlief mich, und ich stutzte. Diese Augen erinnerten mich an jemanden. An wen nur? Ich konnte mich erinnerten mich an jemanden. An wen nur? Ich konnte mich nicht erinnern. Jedenfalls noch nicht. Aber noch nie hatte ich auf jemand so reagiert wie auf Starr.
An eine solche Reaktion würde ich mich erinnern, egal in welcher Gestalt er mir begegnet wäre. Denn die Seele blieb immer dieselbe. Und die Seele dieses Mannes war durch und durch böse, das spürte ich. Wieso spürte ich das jetzt und nicht, wenn ich mit sonst wem zusammen gewesen war? Hatte es etwas damit zu tun, worüber Dia gesprochen hatte? Wurden meine Psi-Kräfte durch meine
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