Ring aus Feuer
unerklärliche Sehnsucht in ihr auslöste: die Sehnsucht nach seiner Berührung. Vor vier Jahren hatten Stavros und sie die fingierte Ehe auf traditionelle Weise mit einem Kuss besiegelt. Der flüchtige Kontakt ihrer beider Lippen hatte sich auf ewig in Tessas Erinnerung gebrannt. Nie würde sie den intensiven Blick des dunklen Fremden vergessen, der ihr Leben gerettet und gleichzeitig ihr Herz in Beschlag genommen hatte. Seine Umarmung damals war behutsam und beschützend gewesen, hatte ihr Wärme und Vertrauen vermittelt. Dieser Kuss war mehr gewesen als nur ein intimer Augenblick. Für Tessa war die Welt stehengeblieben. Ihre Verletzungen waren einfach vergessen gewesen. Am liebsten wäre sie niemals wieder aus ihrer süßen Trance erwacht.
„Natürlich habe ich mit meinen Anwälten gesprochen“, beantwortete er brüsk ihre Frage und riss sie damit aus ihren Erinnerungen. „Und sie suchen gerade nach dem effektivsten Ausweg aus dieser verzwickten Situation.“
Endlich wandte er sich von Tessa ab und trat an das andere Fenster.
Ihre Knie gaben nach, und beinahe wäre Tessa vor Erleichterung zusammengesackt. In seiner unmittelbaren Nähe hatte sie sich bemüht, kerzengerade stehen zu bleiben, aber jetzt musste sie sich auf einer Stuhllehne abstützen. Zum Glück würdigte Stavros sie keines Blickes, und so stemmte Tessa beide Hände auf die Oberschenkel und atmete tief durch.
„Es kann einige Zeit dauern“, fuhr er fort, ohne sich umzudrehen. „Sie müssen dort, wo die Ehe geschlossen wurde, einige Dinge überprüfen.“
Das wird eine Lösung hinauszögern, dachte Tessa. Nach dem Bürgerkrieg ging in jenem kleinen südamerikanischen Land kaum etwas seinen normalen Gang.
„Das lässt sich wohl nicht ändern“, erwiderte Tessa und schluckte schwer. Sie hatte Mühe, sich aufrecht hinzustellen.
„Außerdem werde ich eine zusätzliche Vereinbarung entwerfen lassen.“ Er hatte sich umgedreht, aber sie wich tunlichst seinem Blick aus.
„Ach ja?“
„Ich werde dich unter der Bedingung abfinden, dass du mit niemandem über diese Angelegenheit sprichst, insbesondere nicht mit der Presse. Und dass du von allen weiteren Versuchen absiehst, dich an meinem Besitz zu bereichern.“
Er glaubt wirklich, ich will sein Geld, dachte Tessa. Das hatte er am Vorabend schon angedeutet, aber heute klang sein Vorwurf noch beleidigender.
„Was immer du willst“, sagte sie tonlos und setzte sich in einen Sessel. Sie konnte sich keine Sekunde länger auf den Beinen halten.
„Keine Diskussion? Keine Verhandlung über den Preis?“
„Nein.“ Sie wandte sich ab. „Du hast sicherlich schon auf den letzten Cent ausgerechnet, wie viel du wert bist und wie viel mein Schweigen kosten sollte. Wozu sich mit einem Experten streiten?“
Außerdem würde sie sein Geld nicht anrühren. Aber es hatte keinen Zweck, ihm das noch einmal zu versichern. Stavros glaubte nicht daran, dass sie einfach nur nach Hause fahren wollte.
Wieder hatte er sich lautlos bewegt. Jetzt beugte er sich plötzlich tief über sie. Erschrocken wollte sie sich aus dem Sessel hochstemmen, doch seine Hand auf ihrer Schulter hielt sie zurück. Die Hitze seiner Haut brannte sich förmlich durch den Stoff ihres Shirts.
„Spiel keine Spielchen mit mir“, warnte er sie.
Tessa fühlte sich nicht stark genug, um sich noch länger mit Stavros zu streiten. Geschwächt lehnte sie sich zurück.
„Ich wollte die australische Botschaft in Athen anrufen und für die Auflösung der Ehe um Hilfe bitten.“
„Das wird nicht nötig sein. Meine Anwälte haben jetzt alles in der Hand.“
„Werden sie auch meinen Heimflug veranlassen? Oder darf ich mich wenigstens darum selbst kümmern?“
Sein Gesichtsausdruck war todernst. „Es besteht momentan kein Grund, einen Flug zu buchen. Du wirst nirgendwo hingehen, ehe diese Sache nicht geklärt ist!“
4. KAPITEL
„Willst du mich etwa hier gefangen halten?“
Sein höhnisches Grinsen verursachte bei Tessa eine Gänsehaut. Tessa ahnte, dass hinter Stavros’ beherrschtem Äußeren ein unberechenbarer Sturm von Gefühlen tobte.
„Nennen wir es doch einfach bloße Gastfreundschaft!“
Ich soll hier in seinem Haus bleiben?, überlegte sie empört. „Das kann doch ewig dauern“, protestierte sie. Wann ging es schon mal schnell, wenn Anwälte und Gerichte involviert waren? „Du kannst mich nicht die ganze Zeit hier festhalten.“
„Ich habe jedes Recht, meine Privatsphäre und meine Familie zu schützen.“
Diese
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