Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
längsten hielt. Oder der Teil, der am wenigsten Energie benötigte. Vielleicht war zu wenig Energie übrig für die restlichen namenlosen Wunder – doch das glaubte Tegger nicht. Er hatte den Schlag gespürt. Wo auch immer er hergekommen war, dort gab es reichlich Energie. Und sie trieb die Vampire zurück.
Der alte Schädel war vollkommen sauber. Irgendetwas hatte das Fleisch genommen. Wenn es nicht die Ghoule gewesen waren, dann vielleicht Vögel? Die leeren Augenhöhlen schienen Tegger anzustarren.
Er nahm den Schädel und legte ihn in die Nische, doch dann überlegte er es sich anders und ließ die Tür offen. »Du meinst, du hättest einen schlechten Tag gehabt?« fragte er den Schädel des Piloten. »Ich hatte einen Tag, den ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen würde. Du hattest vielleicht hundert Atemzüge …«
Wahrscheinlich ist es dir wie die Ewigkeit vorgekommen, dachte Tegger. Wie ist es, wenn man aus dem Himmel fällt, vielleicht mitten in einer Wolke kleinerer Fahrzeuge, und durch einen Sprachsender um Hilfe kreischt, der nicht mehr arbeitet, während all die anderen Maschinen dieses wundervollen fliegenden Transporters dunkel werden und nichts mehr funktioniert?
Aha!
Tegger betätigte jeden Schieberegler, der sich bewegen ließ. Wenn das Licht ausging, schob er den entsprechenden Regler in seine alte Position zurück.
Ja! Jedes dieser gleitenden Dinger hatte auf voller Energie gestanden, als die Plattform abgestürzt war, und bei seinem ersten Versuch hatte Tegger alle ausgeschaltet. Alle, bis auf die Lichter. Der Transporter war am hellichten Tag abgestürzt!
Das nächste, was Tegger zuwege brachte, war ein Stottern, und ein Gestank, als würde etwas brennen. Er befürchtete schon, daß er etwas zerstört haben könnte. Dann jedoch erzeugte er einen Wind in der Pilotenkanzel. Der Vampirgeruch wurde hinausgeweht, und sein Kopf wurde klar und kühl. Er schrie triumphierend auf.
Tegger drehte sich um und blickte über die Schräge der Frachtplattform nach unten. Die Vampire waren schwer zu erkennen. Das Licht stammte anscheinend von beiden Seiten der durchsichtigen Blase; es warf Schatten, und Vampire liebten den Schatten. Er meinte, fünf zu entdecken, und schätzte, daß es wenigstens doppelt so viele waren. Aber sie wagten sich nicht näher heran.
Jetzt war es an der Zeit, etwas zu essen. Und zu überlegen, ob sich vielleicht irgendetwas hier oben eingenistet hatte. Aber Tegger fand nichts. Er würde bis Tagesanbruch warten und dann einen Fisch fangen müssen. Im Augenblick schien es, als würde er zumindest diese Nacht lebendig überstehen.
Woher kamen die Blitze und die Energie? Tegger hatte nicht die leiseste Ahnung.
Er schnitt einen weiteren schmalen Streifen von Valavirgilins Stoff und begann mit seinem nächsten Experiment.
KAPITEL NEUN
VERTRAUTE GESICHTER
Stadt der Weber, A. D. 2892
Durch das Fenster in der Klippe betrachtete Louis die verwitterte Frau in der verwitterten Kleidung. Sie steuerte ein dampfgetriebenes Fahrzeug einen Abhang hinunter. Neben ihr saß ein Mann, der zur gleichen Spezies gehörte wie sie und ihr in Alter und Aussehen glich. Über den beiden hatte sich ein kleinerer, rothäutiger Mann zusammengekauert. »Das ist drei Tage her?«
»Genau neunzig Stunden.«
»Falls das Valavirgilin ist, dann sieht sie nicht gut aus.«
»Genauso wenig wie du, Louis. Vielleicht vernachlässigt sie die Einnahme ihres Boosterspice?«
Louis ignorierte den Seitenhieb. »Sie ist alt geworden. Elf Jahre …« Louis lebte inzwischen seit elf Jahren ohne die gentechnologisch veränderten Samen, die einen Menschen langsamer altern ließen. Valavirgilin hatte Boosterspice nie angerührt. War es wirklich Valavirgilin?
Sie war es! Louis hatte mit Valavirgilin Rishathra begangen!
»Das verändert die Lage ein wenig, nicht wahr, Louis?«
»Sie muß sich Zehntausende von Meilen steuerbords der Gegend aufhalten, wo wir uns getrennt haben. Was macht sie dort?«
»Sie greift eine Enklave der Vampire an, glaube ich. Es ist Valavirgilin, oder nicht? Gibst du mir jetzt endlich recht? Wenn ich dir zehn Überlebende zeige, dann können es die letzten zehn unter Tausenden von Toten sein.
Aber ich zeige dir eine Frau, die du aus der Zeit vor dem Strahlungssturm kennst, und zwar eindeutig in der Jetztzeit. Was sagst du nun, Louis?«
Louis rutschte auf dem vom Wasser glatt geschliffenen Stein herum, den er sich als Sitz ausgesucht hatte. »Ist die Aufnahme in der
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