Ringwelt 04: Brennans Legende
bevor er antwortete. »Gut.«
»Gut oder schlecht – wir haben es getan. Wir haben uns erfolglos bemüht, den Gravitationspolarisator zu verstehen. Falls es überhaupt einer war. Brennan hat vielleicht gelogen.«
»Es war ein Schwerkraftpolarisator.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Wir analysierten die Aufzeichnungen der Flugbahn, die der Outsider zum Mars zurückgelegt hat. Seine Beschleunigung war variabel, offensichtlich abhängig von lokalen Gravitationsgradienten. Nicht nur, was den Schub angeht, sondern auch in laterale Richtungen.«
»In Ordnung, das ist eine nützliche Information. Was können wir sonst noch unternehmen?«
»Wegen Brennan? Nichts. Irgendwann wird er wahrscheinlich verhungern. Und bis dahin wissen wir stets genau, wo er gerade steckt.«
»Oder wo seine Monopolquelle steckt.«
Nicks Geduld schwand. »Ohne seine Monopole hat er kein Schiff mehr! Er hat keinen Nahrungsvorrat, Punkt. Er ist tot, Garner.«
»Ich muß immer daran denken, daß er viel intelligenter ist als wir. Wenn er eine Methode findet, sich in Kälteschlaf zu versetzen, kann er es bis nach Wunderland schaffen. Eine blühende Kolonie … und weiter? Was hat er mit Wunderland vor?«
»Etwas, das wir übersehen haben.«
»Schade, daß ich es niemals erfahren werde«, seufzte Garner. »Wenn Brennan Wunderland erreicht, bin ich längst tot. Der arme Outsider. Dieser ganze weite Weg, nur um uns die Wurzeln zu bringen, die uns ein – nach seinen Maßstäben – normales Leben ermöglichen sollen.«
»Seine Absichten waren jedenfalls edelmütig. Das Leben ist schon hart zu uns Helden«, sagte Nick ernst.
INTERLUDIUM
Wie soll man eine Lücke von zweihundert Jahren beschreiben? Ereignisse sind das Maß der Zeit. Und im Verlauf der nächsten zweihundertundzwanzig Jahre ereignete sich eine Menge.
Der vertrocknete Leichnam Phssthpoks endete im Smithsonian. Es gab einige Diskussionen, ob man ihn unter die Hominiden einreihen sollte. Ohne Brennan kannte man seine Geschichte nur noch aus dritter Hand, doch das Skelett entsprach Knochen für Knochen den Strukturen, die man bei Hominiden fand.
Lucas Garner war schon tot, als das Pak-Schiff den Wendepunkt passierte. Es begann nicht zu bremsen. Nick Sohl beobachtete, wie seine magnetische Spur an Wunderland vorüberführte, zwei Jahre zu früh, und noch immer ins Nichts beschleunigte. Und er wunderte sich.
Die Olympus Base auf dem Mars wurde wieder aufgebaut, um Phssthpoks Frachtsektion in situ zu untersuchen. Das war einfacher als zu versuchen, das Schiff mit seinem noch immer laufenden Polarisator gegen die Gravitation zu heben. Die Forschergruppe zögerte mit dem Abschalten, solange sie nicht wußte, wie man ihn wieder starten konnte. Mit einem schwebenden Einmannschiff schmolz man den Staub unterhalb der Basis zusammen – als Schutzvorkehrung gegen die Marsianer.
Die Belt-Bevölkerung wuchs enorm. Kuppelhabitate hatten ihre Blütezeit, und manche von ihnen waren mit Antrieben ausgerüstet, die sie beweglich machten. Der Abbau von Mineralien wurde immer schwieriger; die besten Vorkommen waren längst erschöpft. Die größeren Felsen waren von blühenden Städten durchzogen. Immer weniger Belter waren in Einmannschiffen unterwegs.
Ein großer Eisasteroid schlug auf dem Mars ein. Er verursachte Staubstürme und kleinere Erdbeben, die der Olympus Base zu schaffen machten.
Die interstellaren Kolonien blühten und veränderten sich. Auf Jinx boomte die Vakuumindustrie, wo die Planetenoberfläche sich bei East End über die Atmosphäre hinaus erhob. Auf Plateau entwickelte sich eine repressive Gesellschaftsform. Wunderlands Bevölkerung wuchs und breitete sich über den Hauptkontinent aus, so daß sich längst Städte gebildet hatten. Auf We Made It grub sich die Zivilisation unter die Oberfläche, um den Hurrikanen des Sommers und des Winters zu entgehen. Home wurde besiedelt und gedieh dank neuer Technologien – und weil man Fehler vermeiden konnte, die man bei früheren Siedlungen begangen hatte.
Lasernachrichten passierten den Raum zwischen der Erde und ihren Kolonien. Vereinzelt starteten vom Linearbeschleuniger auf Juno Ramrobots mit neuem Wissen als Fracht. Seit einiger Zeit bestanden die meisten »Geschenke« an Bord der Ramrobots aus Fortschritten im Bereich der Gentechnologie, aus Samen und eingefrorenen, fruchtbaren Eizellen. Nachrichten aus den Kolonien trafen nur spärlich ein, obwohl Jinx und Home über ausgezeichnete Kommunikationslaser
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