Ringwelt 07: Die Welt der Ptavvs
Willing ist einfach nur romantisch.«
»Gib m’rrr Zei’; gib m’rrr Zei’«, knurrte Charley auf Englisch und wechselte ins Delphinische. »Erst Larry, dann Garner. Zeit ist alles, was wir bekommen. Wollen sie die Sterne für sich allein?«
»Ich glaube, du unterschätzt sie«, erwiderte der andere Delphin.
»Sicherlich glauben sie, daß auf einer Welt für beide Spezies kein Platz sei.« Charley hatte nicht zugehört. »Bis vor kurzem haben sie ja noch nicht einmal gewußt, daß sie diesen Planeten mit uns teilen. Dabei könnten wir ihnen sehr nützlich sein; das weiß ich.«
»Warum sollten wir ihnen keine Zeit geben? Weißt du, wie viel Zeit sie selbst dafür gebraucht haben?«
»Was meinst du damit?«
»Die erste Läufergeschichte über eine Reise zum Mond ist Tausende von Jahren alt. Trotzdem sind sie erst vor hundertfünfzig Jahren dorthin gekommen. Du mußt Geduld haben«, sagte der Delphin mit den abgeschliffenen Zähnen und dem vernarbten Maul.
»Ich habe aber keine tausend Jahre Zeit. Soll ich den Rest meines Lebens damit verbringen, zu den Sternen hinaufzustarren, bis meine Augen ausgetrocknet sind?«
»Du wärst nicht der erste, dem es so ergeht … auch nicht der erste Schwimmer.«
Dale Snyder stapfte den Flur hinunter wie ein Eroberer, der einen neuen Feldzug plant. Wenn er an Patienten vorüberging, lächelte und nickte er, doch sein entschlossener Schritt entmutigte jeden, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Er erreichte die Tür zum Schwesternaufenthaltsraum und ging hinein.
Er brauchte fünfzehn Sekunden, um die Kaffeemaschine zu erreichen. In dieser Zeit war Dale Snyder um vierzig Jahre gealtert. Sein Körper fiel in sich zusammen; er ließ die Schultern hängen; seine Wangen erschlafften; seine Augen schwollen an und verliehen ihm einen Ausdruck äußerster Verzweiflung. Er goß sich einen Becher pechkohlrabenschwarzen Kaffees ein, schürzte die Lippen und leerte ihn in einem Zug. Nur kurz zögerte er, bevor er sich einen zweiten Becher eingoß.
Dann setzte er sich auf einen Stuhl und starrte zum Fenster hinaus, während ihm der Becher die Hände wärmte. Draußen sah er Bäume und Gras und etwas, das wie Ziegelmauern aussah. Das Menninger-Institut war ein Labyrinth von Gebäuden, keines größer als vier Stockwerke. Ein riesiger Wolkenkratzer hätte millionenschwere Landkäufe vermieden und zugleich gewährleistet, daß Institut und Klinik von einer lebenswichtigen, unberührten Landschaft umgeben wären; doch unzählige weibliche Patienten wären ob der sexuellen Bedeutung eines solch riesigen Turms förmlich außer sich geraten und schreiend durch die Gänge gerannt.
Dale schüttelte sich und schluckte den Kaffee hinunter. Für zehn Minuten konnte er es sich leisten, die Patienten zu vergessen.
Die Patienten. Die Patienten mit dem ›Alienschock‹. Zunächst hatten sie ihn und andere mit ihrem ähnlichen Verhalten getäuscht. Erst jetzt war offensichtlich geworden, daß ihre Probleme so unterschiedlich waren wie ihre Fingerabdrücke. Jeder hatte seine eigene Art von Schock erlitten, als der Außerirdische ausgebrochen war. Dale und seine Kollegen hatten versucht, sie als Gruppe zu behandeln; doch das war vollkommen falsch gewesen.
Jeder einzelne Patient hatte sich genau das vom entsetzlichen Gefühlsausbruch des Aliens zu eigen gemacht, was seinem eigenen Gemütszustand am nächsten kam; sei es nun Wut, Furcht oder Trauer. Jeder hatte gefunden, was er brauchte oder fürchtete: Einsamkeit, Kastrationssyndrom, Furcht vor Gewalt, Xenophobie, Platzangst … allein der Versuch, die Symptome zu katalogisieren, wäre sinnlos gewesen.
Die Klinik hatte nicht genug Ärzte; ja, es gab noch nicht einmal genug Platz, um die erforderliche Zahl an Medizinern überhaupt unterzubringen. Dale war vollkommen erschöpft – ebenso wie jeder andere. Und niemand durfte sich dies anmerken lassen.
Der Becher war leer.
»Auf die Beine, Soldat«, sagte Dale laut. An der Tür machte er Platz für Harriet – den Nachnamen hatte er vergessen –, eine fröhliche, übergewichtige Frau, die wie jedermanns Mutter aussah. Als er ihr Lächeln sah, fragte er sich, wie sie das nur fertig brachte.
»Es sind die Details«, sagte Lit. »Die gottverdammten Details. Wie können sie nur an so viele Details gedacht haben?«
»Ich glaube, er hat dir die Wahrheit gesagt«, erwiderte Marda.
Lit blickte seine Frau überrascht an. Marda war notorisch langsam, was ihre Meinungsbildung betraf. »Versteh
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