Ringwelt 08: Der kälteste Ort
keinerlei Schwäche. Es mußte entweder einen rückstoßfreien Antrieb besitzen – wie Louis’ Schiff auch – oder seine Beschleunigungskraft nach Kzinti-Manier aus induzierter Gravitation beziehen. Beides waren saubere, elegante Antriebstechniken: ruhig, sicher und absolut fortschrittlich.
Aus dem Ozean ragten vereinzelt Inseln heraus. Der Fremde kreuzte, suchte sich scheinbar unwillkürlich eine aus und landete wie eine Feder auf dem leeren Strand.
Louis stürzte ihm hinterher. Einen unangenehmen Moment lang erwartete er fast, daß irgendeine unvorstellbare Waffe ihn vom Himmel holte, während Louis noch durch die Landeprozedur abgelenkt war, und daß der Fremde Louis’ Schiff als brennendes Wrack in den Teich fallen ließ. Doch er landete unbehelligt und sicher einige hundert Meter von dem fremden Zylinder entfernt.
»Wenn mir etwas passiert, wird eine Explosion beide Raumschiffe zerstören«, teilte er dem Fremdling über Signalstrahl mit.
»Unsere Spezies scheinen in ähnlichen Bahnen zu denken. Ich werde jetzt aussteigen.«
Louis sah, wie der Fremde in einer großen, runden Luftschleuse unter der Nase des Raumschiffes erschien und sanft auf den Sand hinabglitt. Dann erst klappte Louis den Helm zu und ging zur Luftschleuse.
War sein Entschluß richtig gewesen?
Glücksspiel ist sicherer als Krieg. Zudem machte es ihm mehr Spaß. Und vor allem hatte er auf diese Weise bessere Chancen.
Es wäre mir gar nicht recht, wenn ich ohne diese Box nach Hause gehen müßte, dachte er. In den annähernd zweihundert Jahren, die er jetzt schon lebte, hatte er nie etwas Wichtigeres geschafft, als diese Box zu finden. Er hatte keine Entdeckung gemacht, keine Wahl gewonnen, die ihm ein Amt beschert hätte, und keine Regierung gestürzt. Und heute bekam er seine große Chance.
»Fifty-fifty«, sagte er und schaltete das Interkom ein, als er die Treppe hinabstieg.
Seine Muskeln und die Bogengänge des Innenohrs registrierten etwa ein g. In hundert Metern Entfernung überschlugen sich die Wellen des Ozeans und glitten zischend über den reinen, weißen Sand. Hohe, grüne Wellen, wie geschaffen zum Surfen. Der Strand, ein ausgesprochener Bier-und-Würstchen-Strand.
Vielleicht würde er später, wenn er die Luft überprüft hätte und sicher wäre, daß in dem Wasser keine Raubtiere schwammen, die Gelegenheit nutzen und bäuchlings auf den Wellen zum Strand reiten. Bisher hatte er noch keine Zeit gehabt, den Planeten einer gründlichen Prüfung zu unterziehen.
Sand klebte ihm an den Stiefeln, als er zum Rendezvous mit dem Alien ging.
Der Fremde war anderthalb Meter groß. Als er aus dem Schiff herabstieg, hatte er noch viel größer ausgesehen, aber das lag wohl daran, daß er zum größten Teil aus Beinen bestand. Über einen Meter lange, magere Beine, ein Rumpf wie ein Bierfaß und keinerlei Hals. Unglaublich, daß dieser nicht vorhandene Hals so flexibel sein konnte. Und die chromgelbe Haut hing in dicken Rollen vom Kopf des Wesens herab und verdeckte die anatomischen Details.
Der Fremde trug einen durchsichtigen Anzug, eine Art zerknitterten Ballon, der an den Schultern zusammengerafft und verschlossen war. Auch über und unter den komplexen, vielachsigen Ellbogengelenken, den Handgelenken sowie an Hüfte und Knien war der Anzug verschlossen. An den Hand- und Fußgelenken des Anzugs befanden sich Düsen. Vor der Brust des Wesens hingen verschiedene Werkzeuge an Schnüren. Auf dem Rücken unter dem Anzug trug es einen Rucksack. Beim Anblick all der Gerätschaften erfaßte Louis eine gewisse Unruhe, jedes der Werkzeuge konnte schließlich eine Waffe sein.
»Ich dachte, du wärst größer«, sagte der Fremde.
»So ein Laserbild ist ziemlich nichtssagend, nicht wahr? Meine Übersetzungsmaschine hat bestimmt auch links und rechts verwechselt. Hast du die Münze bei dir?«
»Das Pieeeep, meinst du?« Schon hatte er es in der Hand. »Wir können uns ja vorher noch ein wenig unterhalten. Mein Name ist Pieeeep.«
»Das kann meine Maschine nicht übersetzen. Auch nicht buchstabieren. Ich heiße Louis. Sind deiner Rasse schon einmal andere begegnet außer der meinen?«
»Ja, zwei. Ich bin aber kein Experte auf diesem Gebiet.«
»Ich auch nicht. Laß uns jetzt aufhören mit den Höflichkeiten, wir sind schließlich zum Zocken hier.«
»Welches Bild willst du?« fragte der Fremde und gab ihm die Spielmünze.
Es war eine scharfkantige Linse aus Platin oder einem ähnlichen Material. Auf der einen Seite war die
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