Ringwelt 08: Der kälteste Ort
der Weg hinunter schwieriger war. Als er sich auf dem höchsten Punkt befand, explodierte zehn Meter von ihm entfernt ein Felsblock in einer grellweißen Flamme.
Alf hatte ein Flammengewehr.
Carter konnte sich gerade noch zusammenreißen, nicht aus dem Buggy zu stürzen und hinter einem Felsen Deckung zu suchen.
Das Fahrzeug rollte schlingernd abwärts, und Carter mußte, ob er wollte oder nicht, seine Angst verdrängen, um nicht die Kontrolle über den Buggy zu verlieren.
Das Geröll unterhalb des Kraterrandes bremste seine Geschwindigkeit erheblich. Carter lenkte den Buggy auf den nächstgelegenen Sandhang zu. Als er ihn erreicht hatte, tauchte 400 Meter hinter ihm Alf am Rande des Kraters auf. Einen Augenblick lang stand seine Silhouette zögernd vor dem blutroten Himmel, dann flammte gleißend hell und erschreckend nah, eine zweite Detonation auf.
Gleich darauf rollte Carter den Sandhügel hinunter auf einen vollkommen ebenen Horizont zu.
Aus dem Funkgerät ertönte Alfs Stimme: »Wird eine Ewigkeit dauern, Jack.«
Carter drückte auf den Sendeknopf. »Richtig. Wie viele Geschosse hast du noch?«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.«
»Das tue ich auch nicht. So, wie du sie verschwendest.«
Alf antwortete nicht. Carter ließ das Funkgerät eingeschaltet; er wußte, daß Alf schließlich mit dem Mann reden würde, den er töten wollte.
Der Krater, der ihre Heimat war, fiel zurück und verschwand schließlich. Endlose, flache Wüstenlandschaft dehnte sich vor den Buggys aus, flog unter den überdimensionalen Rädern dahin und fiel ebenfalls zurück. Sanft geschwungene Dünen tauchten vor ihnen auf, doch sie waren kein Hindernis für die Fahrzeuge. Einmal stießen sie auf einen Marsbrunnen. Er ragte einsam aus dem Sand auf, eine verwitterte runde Mauer aus behauenen Diamanten, mit einem Umfang von dreieinhalb Metern und einer Höhe von knapp zweieinhalb Metern. Die Brunnen und die schrägen Schriftzeichen, die tief in ihre ›Widmungstafeln‹ geritzt waren, hatten zum Bau der Stadt auf dem Mars geführt. Da der einzige Marsbewohner, der je gefunden worden war – eine Mumie, die mindestens seit Jahrhunderten tot war –, bei der ersten Berührung mit Wasser explodiert war, nahm man allgemein an, daß es sich bei den Brunnen um Krematorien handelte. Aber das war nicht sicher. Auf dem Mars war nichts sicher.
Das Funkgerät wahrte ein unheimliches Schweigen.
Die Stunden verrannen, die Sonne glitt auf den tiefroten Horizont zu, und Alf sagte noch immer kein Wort. Es war, als hätte Alf Carter bereits alles Wichtige gesagt. Doch das stimmte nicht! Alf hätte sich eigentlich rechtfertigen müssen!
Schließlich war es Carter, der seufzend klein beigab. »Du kannst mich nicht einholen, Alf.«
»Nein, aber ich kann dir so lange auf den Fersen bleiben, wie ich will.«
»Du kannst mir genau vierundzwanzig Stunden lang auf den Fersen bleiben. Dein Luftvorrat reicht für achtundvierzig Stunden. Ich glaube nicht, daß du dich umbringen wirst, nur um mich zu töten.«
»Darauf würde ich mich an deiner Stelle nicht verlassen. Aber es wird gar nicht notwendig sein. Morgen Mittag wirst du mir nachjagen. Du mußt atmen, genau wie ich.«
»Schau her«, sagte Carter. Der O-Tank vor seinen Knien war leer. Er kippte ihn zur Seite hinaus und sah zu, wie er hinunterpurzelte.
»Ich hatte einen Reservetank«, sagte er. Er lächelte erleichtert, daß er von der drückenden Last befreit war. »Ich kann vier Stunden länger leben als du. Willst du nicht umkehren, Alf?«
»Nein.«
»Er ist es nicht wert, Alf. Er war doch bloß ein Schwuler.«
»Und darum muß ein Mensch sterben?«
»Ja, wenn er mich anmacht. Vielleicht bist du auch ein bißchen andersherum?«
»Nein. Und Lew war auch nicht schwul, bevor er hierher kam. Sie hätten eine gleiche Anzahl von Männern und Frauen hierher schicken sollen.«
»Amen.«
»Weißt du, vielen Menschen wird beim Gedanken an Homosexuelle ein bißchen komisch zumute. Mir geht es selbst so, und es hat mir sehr weh getan zu sehen, daß es Lew erwischte. Aber es gibt nur einen Menschenschlag, der ihnen auflauert, um ihnen eine Abreibung zu verpassen.«
Carter runzelte fragend die Stirn.
»Latent Gefährdete. Kerle, die glauben, sie könnten schwul werden, wenn man ihnen Gelegenheit dazu gäbe. Sie können Schwule nicht in ihrer Nähe dulden, weil Schwule eine Versuchung für sie darstellen.«
»Du erwiderst nur mein Kompliment.«
»Vielleicht.«
»Jedenfalls hat die Stadt auch
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