Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde
Zeitbombe. Wenn die Wirkung der Gnadengeschosse und des Gases nachließ, würde sie wieder aufwachen. Aber na ja … Eigentlich war sie mehr ein Feuerwerkskörper als eine Bombe … mit vier Wachmännern im Raum …
»Eines noch, Sir. Der Raum ist voller Gas. Wir hielten das für richtig so … Nein, Sir, haben wir nicht. Ich werde die Sonartore abschalten … Ich werde nachsehen …« Er nahm das Telefon vom Ohr. »Watts, überprüf mal den Gang, und sieh nach, ob da draußen jemand liegt.«
»Aber die Stunner sind noch immer aktiv!«
»Sie müßten ausgeschaltet sein. Versuch’s einfach mal.«
Ein Kugelschreiber ragte aus der Brusttasche des bewußtlosen Wachmanns heraus. Matt sah ihn, schnappte ihn sich und zeichnete schnell ein Herz auf die Stirn des Mannes und drei Tropfen auf dessen Nase.
Der Mann mit Namen Watts öffnete die Tür einen Spalt weit. Keine Sonarwellen trafen ihn. Er öffnete die Tür ein weiteres Stück. »Hey!« Er schlängelte sich heraus und rannte den Gang hinunter zu Fox’ Leiche. Matt war ihm dicht auf den Fersen.
»Das ist ein Wachmann!« rief Watts zurück.
»Überprüf seine Papiere.«
Watts durchsuchte Fox’ Taschen. Er blickte kurz auf, als Matt an ihm vorüberglitt, dann setzte er seine Arbeit fort.
»Es ist Elaine Mattson«, sagte Jesus Pietro. »Sie muß es sein. Sind Sie sicher, daß sie allein war?«
»Wäre jemand bei ihr gewesen, befände er sich nun im selben Zustand. Ich glaube, sie war allein, Sir.«
Das ergab Sinn. Was allerdings kaum eine Garantie ist, dachte Jesus Pietro. »Danke, Major Jansen. Wie kommen die Jagdstaffeln voran?«
»Sie haben nichts gefunden, Sir. Sie durchkämmen noch immer das Alpha-Plateau. Soll ich nachfragen, wie weit sie sind?«
»Ja. Rufen Sie mich dann zurück.« Jesus Pietro legte den Hörer auf, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und runzelte die Stirn.
Sie mußten irgendwo auf Alpha sein. Und sie konnten unmöglich alle das Hospital angreifen.
Elaine Mattson war gefangen. Schön und gut. Sie mußte auch die mysteriöse Explosion ausgelöst haben, um ihr Eindringen zu verbergen. War sie es auch gewesen, die die Polizeiuniform getragen hatte? Könnte sein. Auf Entfernung wäre sie lange genug als Polizist durchgegangen, um eine Crewfrau niederzuschlagen und sich so eine bessere Verkleidung zu besorgen.
Vielleicht. Vielleicht.
Jesus Pietro griff nach der sechsten Akte, jener, die allein neben seinem Stunner lag. Polly Tournquists Leben:
Geboren vor einundzwanzig Jahren als erstes Kind einer Familie, die für ihre Kontakte zu den Söhnen der Erde bekannt war. Das linke Auge ihres Vaters stammte aus einer Organbank, nachdem er sein eigenes bei einem Unfall mit einem Angelhaken verloren hatte. Ein guter, loyaler Kolonist. Der Zuchtmeister der Familie …
Aufgewachsen auf Delta, Sektor Vier. Studium auf der Kolonialuniversität, gute Noten. Dort hatte sie Jayhawk Hood kennen gelernt. Das war ihre erste Liebesaffäre. Warum? Hood war alles andere als ein Gigolo – klein, schwächlich, nicht gerade gut aussehend –, aber manche Mädchen stehen auf Männer mit Verstand.
Nach Highschool und College Arbeit in der Delta-Umspannstation. Die Affäre mit Hood war zu diesem Zeitpunkt offenbar zu einer Freundschaft abgekühlt. Aber sie schloß sich den Söhnen der Erde an. Ein Auflehnen gegen jedwede Autorität? Ihr Vater hätte sie persönlich gemeldet, hätte er es je erfahren. Sieh sich einer doch nur einmal dieses mißbilligende Stirnrunzeln an … Hmmm? Ohne diese Falten in seinem Frettchengesicht ähnelte der Vater ein wenig Jayhawk Hood!
Das alles half. Inzwischen hatte sie dreißig Stunden in der Sargheilung zugebracht. Wenn jetzt eine Stimme zu ihr sprach – der einzige Stimulus in ihrem Kosmos –, dann würde sie auch zuhören, und wie so viele andere vor ihr würde sie der Stimme glauben – besonders wenn die Stimme sie auf die richtigen Ereignisse in ihrer Vergangenheit ansprach.
Aber jetzt mußte sie erst mal warten. Die Söhne der Erde waren wichtiger. Einer erledigt, blieben noch vier übrig … Jesus Pietro griff nach seinem Becher und mußte feststellen, daß der Kaffee eiskalt war.
Eine Frage kam ihm in den Sinn. Er verzog das Gesicht und schob den Gedanken dorthin zurück, wo auch immer er hergekommen war. Dann drückte er den Knopf der Gegensprechanlage und sagte: »Miss Lauessen, würden Sie mir bitte frischen Kaffee bestellen.«
»Sind Sie sicher? Sie müssen doch inzwischen förmlich in dem Zeug
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