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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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schwimmen.«
    »Besorgen Sie ihn mir einfach. Und« – wieder kroch der seltsame Gedanke ans Licht, und bevor er ihn verdrängen konnte – »besorgen Sie mir auch die Akte Matthew Keller. Nicht die auf meinem Schreibtisch, sondern die abgelegte, die von dem Toten.«
    Eine Minute später kam die schlanke, blonde und leicht distanziert wirkende Miss Lauessen mit einer Kanne Kaffee und einer Akte. Jesus Pietro öffnete die Akte sofort. Miss Lauessen runzelte die Stirn und wollte ihn offenbar etwas fragen. Als sie jedoch sah, daß er ihr nicht zuhören würde, drehte sie sich um und ging.
    Matthew Keller … geboren … ausgebildet … Trat im mittleren Alter den Söhnen der Erde bei und gehörte ihnen im Jahre 2384 zehn Monate lang an. Warum so spät? Warum überhaupt? Er wurde zu einem professionellen Killer und Dieb. Er hat für die Söhne der Erde gestohlen und Vollstreckungspolizisten getötet, die dumm genug waren, sich allein oder in kleinen Gruppen in die Kolonistengebiete zu wagen. Ein Dieb? Verdammt! Könnte Keller senior den Wagen gestohlen haben? Den Wagen, mit dem Keller junior sich in die Leere hinabgestürzt hatte? Im vierten Monat des Jahres 2397 ging er auf Beta in Sektor 28 in die Falle. Er wurde verhaftet, wegen Verrats verurteilt und an die Organbanken übergeben. O Jesus Pietro, du geschickter Lügner, du. Mindestens die Hälfte des Hospitals weiß doch, daß Keller über den Rand gegangen ist.
    Und? Jesus Pietro schüttete den kalten Kaffee in den Papierkorb, goß sich einen frischen Becher ein und nippte daran.
    Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er einen Schatten, der an ihm vorbeihuschte. Er hörte ein Geräusch. Irgendjemand war im Raum. Die Hand mit dem Becher zuckte, und er verbrühte sich die Lippe. Sofort stellte Jesus Pietro den Becher ab und schaute sich um.
    Er wandte sich wieder der Akte zu.
    Matthew Keller. Aus was für einer idiotischen Laune heraus hatte er nur nach dieser Akte gefragt? Keller senior war tot. Kriechend hatte er sich über den Rand geschleppt, nur Sekunden, bevor …
    »Castro.«
    Jesus Pietro blickte erschrocken auf.
    Er senkte den Blick wieder. Therapieberichte … Sie waren nicht gut, aber auch keine Katastrophe. Während der Flucht waren bei weitem zu viele verletzt worden, doch einige konnte man noch retten. Glücklicherweise waren die Organbanken voll, und aus dem Vivarium konnten sie jederzeit neu gefüllt werden, sobald die Chirurgie Zeit hatte. Warum mußte im Augenblick nur alles gleichzeitig geschehen?
    »Castro!«
    Wieder riß Jesus Pietro den Kopf hoch – und hielt inne. Das hatte er vor kurzem schon einmal getan, oder? Da war ein Geräusch gewesen … und irgendjemand hatte seinen Namen gerufen … und was bei den Nebeldämonen hatte jemand unangekündigt in Jesus Pietros Büro zu suchen? Sein Blick wanderte zum Rand des Schreibtischs …
    Crewkleidung …
    … aber sie war schmutzig und zerknittert; sie paßte nicht, und die Fingernägel der Hände, die sich auf Jesus Pietros Schreibtisch stützten, waren dreckig. Das war ein Kolonist in Crewkleidung. Und er war in Jesus Pietros Büro. Unangekündigt. Er war einfach an Miss Lauessen vorbeimarschiert.
    »Sie!«
    »Das ist richtig. Wo ist sie?«
    »Sie sind Matthew Keller.«
    »Stimmt.«
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?« Irgendwie gelang es ihm, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken, und darauf war er stolz.
    »Das geht Sie nichts an. Wo ist sie?«
    »Wo ist wer?«
    »Machen Sie sich nicht lustig über mich. Wo ist Polly?«
    »Das kann ich Ihnen ebenso wenig sagen wie sonst irgendetwas«, antwortete Jesus Pietro. Er starrte auf die gestohlene goldene Gürtelschnalle des Mannes.
    Am Rande seines Sichtfeldes sah er zwei große, nicht allzu saubere Hände, die nach seiner eigenen Rechten griffen. Sein Besucher drückte dem Chef die Hand herunter, und als Jesus Pietro zu spät versuchte, sie zurückzuziehen, mußte er feststellen, daß das unmöglich war. Er sah, wie sein Besucher den Mittelfinger packte und zurückbog.
    Der Schmerz war ein Schock. Jesus Pietro riß den Mund auf und hob den Kopf, um Keller anzuflehen, ihn …
    Er griff nach Polly Tournquists Akte, als plötzlich ein schrecklicher Schmerz durch seine Hand zuckte. Er riß sie zurück, als hätte er gerade auf eine heiße Herdplatte gepackt. Ein Reflex. Der Mittelfinger ragte fast im rechten Winkel nach oben.
    Bei den Nebeldämonen, das tat weh! Wie zum Teufel hatte er …
    »Nun, Castro?«
    Er erinnerte sich an gerade genug, um

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