Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde
Schoß. Von Zeit zu Zeit zuckte willkürlich ein Muskel in seinen Schultern.
»Es ist nicht so, als glaubten sie nicht, es besser als die Crew machen zu können. Die meisten Leute glauben, alles besser machen zu können. Sie haben natürlich Angst vor der Vollstreckungspolizei, ja, und sie sind nicht bereit, Ihr Leben für solche Veränderungen zu riskieren, zumal die Polizei sämtliche Waffen und die Stromversorgung des Plateaus kontrolliert.
Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, daß sie die Crewherrschaft nicht wirklich für falsch halten.
Alles hängt von den Organbanken ab. Einerseits stellen die Organbanken eine Bedrohung dar – nicht nur wegen der mit ihnen verbundenen Todesstrafe, sondern wegen der Art des Todes, die ein Verbrecher darin erleidet. Andererseits versprechen die Organbanken auch etwas: Ein Mann, der es verdient und der dafür bezahlen kann, auch ein Kolonist, kann sich im Hospital medizinisch behandeln lassen. Aber ohne die Organbanken würde es keine Heilung geben. Der Mann würde sterben.
Wissen Sie, was die Rebellen tun würden, wenn es ihnen gelänge, die Crew in die Knie zu zwingen? Irgendjemand würde darauf bestehen, daß die Organbanken abgeschafft werden würden, und die anderen würden diesen Jemand entweder ächten oder sogar umbringen. Der Großteil der Rebellen würde die Organbanken beibehalten wollen, jedoch mit dem Unterschied, daß dann die Crew das Futter wäre!«
Seine Halsmuskeln hatten sich wieder etwas entspannt, und er blickte in drei geduldige Gesichter hinauf. Eine gute Zuhörerschaft, und er hatte ihr Interesse geweckt – endlich.
»Bis jetzt«, fuhr Miliard Parlette fort, »konnten Sie keine Revolution anzetteln, weil Sie nicht genug Kämpfer davon überzeugen konnten, daß Sie für eine gerechte Sache streiten. Jetzt können Sie es. Jetzt können Sie die Kolonisten von Mount Lookitthat davon überzeugen, daß die Organbanken überflüssig sind und abgeschafft werden sollten. Dann warten Sie ein wenig. Falls die Vollstreckungspolizei sich nicht von selbst auflöst, können Sie immer noch handeln.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte Harry Kane, »allerdings scheinen Sie mir ein Stück voraus zu sein. Warum haben Sie mich dumm genannt?«
»Sie haben eine dumme Vermutung angestellt. Sie haben geglaubt, ich würde versuchen, das Paket des Rammroboters geheim zu halten. Genau das Gegenteil war der Fall. Just heute Nachmittag …«
»Ich hab’s endlich«, unterbrach ihn Hood. »Sie haben beschlossen, sich rechtzeitig auf die Seite der Gewinner zu schlagen, nicht wahr, Parlette?«
»Sie Idiot! Sie vorlauter Kolonistentrottel!«
Jay Hood errötete. Er stand gerade aufgerichtet, die Arme an die Seite gelegt und die Fäuste geballt. Er war nicht wütender als Parlette. Der alte Mann versuchte, sein Gewicht zu verlagern, und jeder Muskel in seinem Leib zuckte als Ergebnis davon. Er fragte: »Denken Sie so schlecht über mich, daß Sie glauben, mir so etwas unterstellen zu müssen?«
»Entspann dich, Jay. Parlette, wenn Sie etwas zu sagen haben, dann sagen Sie es. Falls wir daraus die falschen Schlüsse ziehen, dann gehen Sie bitte davon aus, daß Sie sich schlecht ausgedrückt haben, und versuchen Sie nicht, jemand anderem die Schuld zu geben.«
»Warum zählt ihr nicht alle einfach mal bis zehn?« schlug Lydia Hancock vor.
Parlette sprach langsam und gleichmäßig. »Ich versuche, ein Blutbad zu vermeiden. Ist das deutlich genug für Sie? Ich versuche, einen Bürgerkrieg zu vermeiden, der die Hälfte aller Menschen auf diesem Planeten das Leben kosten könnte.«
»Das können Sie nicht«, erwiderte Harry Kane. »Dazu kommt es so oder so.«
»Kane, könnten Sie, ich und Ihre Verbündeten nicht eine neue … Verfassung für Mount Lookitthat ausarbeiten? Offensichtlich funktioniert der Landungsbund nicht länger.«
»Offensichtlich.«
»Ich habe heute eine Rede gehalten. Tatsächlich scheine ich sogar den ganzen Tag und die ganze Nacht damit zugebracht zu haben, Reden zu halten. Heute Nachmittag habe ich eine Notfallsitzung anberaumt – und es durch den Rat gepuscht. Wissen Sie, was das bedeutet?«
»Ja. Sie haben zu allen Crewmitgliedern auf dem Plateau gesprochen.«
»Ich habe Ihnen gesagt, was im Paket des Rammroboters Nr. 143 enthalten war. Ich habe es ihnen gezeigt. Ich habe ihnen von dem Organbankproblem erzählt und ihnen das Verhältnis zwischen Ethik und Technologie erklärt. Ich habe ihnen gesagt, daß die Kolonisten en
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