Ringwelt 10: Hüter der Ringwelt
Krater. Die Heimatwelt der Pak.
»Vashneesht«, sagte Wembleth mit Gewissheit in der Stimme.
»Jepp, die Fremde versucht uns zu beeindrucken«, meinte Roxanny. Louis lachte.
Er erkannte geradlinige Muster zwischen den wilden Farben. Das Schiff sank hinab. Ein dumpfes Aufsetzen. Die Schwerkraft schwankte nicht mehr.
KAPITEL FÜNFZEHN
PROSERPINA
Sie ließ das Mag-Schiff im Garten landen, sechs Meilen unterhalb des Festland-Habitats des Vorletzten. Sobald sie die Antriebe abgeschaltet hatte, stürmte Proserpina aus dem Steuerhaus und lief zum Heck. Ein gewisses Gefühl der Ordnung mochte den Aliens dabei helfen, sich besser einzufinden, aber sie selbst würde weniger erfahren, wenn sie ihnen jetzt zu viel Zeit ließ.
Isoliert, ihrer Sinne beraubt, all die Millionen Falans gefangen in der Isolationszone – Proserpina konnte sich die allgemeinen Details der Geschichte der Ringwelt dennoch zusammenreimen: die Gefechte, die Machtspielchen, die Umgestaltung planetengroßer Teile der Topografie, die Veränderungen der verschiedenen Bündnisse, sich verändernde Genome …
Es gab nur ein Reparaturzentrum, von hier, der Isolationszone aus gesehen, ziemlich genau auf der anderen Seite der Ringwelt. Das Reparaturzentrum konnte man als den natürlichen Thronsaal der Ringwelt betrachten. Jetzt regierte dort ein Ghoul, und das war auch gut so. Es mangelte ihm an Erfahrung, er war sorglos (nicht gut!), und wahrscheinlich früher einmal männlichen Geschlechts gewesen. Im Allgemeinen neigten Männer eher dazu, weite Strecken zu wandern. Dort, wo Lebensbaum selten war, wurde er daher meistens eher von Männern entdeckt.
Aber es ging hier um Herrschaft. In früheren Zeiten hatte sie, Proserpina, eine Verschwörung nach der anderen miterlebt, und stets war es ihr gelungen, neutral zu bleiben, ohne selbst in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Immer hatte es einen Herrn, eine Krone der Schöpfung, gegeben, und es war – nach einem entsetzlich ausgegangenen früheren Experiment – niemals Proserpina gewesen.
Halb hüpfte, halb schritt sie über die Streben des Frachtnetzes und ließ sich dann in den Rettungskokon hineingleiten.
Die Frau sagte: »Wir müssen miteinander reden.«
Proserpina bemerkte die Ungeduld von ’Tec-1 Gauthier und war amüsiert. Die Frau war jung, allerdings nicht jung für einen Brüter. Ihre Körperhaltung ließ vermuten, dass sie andere Schwerkraftverhältnisse gewohnt war; ihre Sprache klang ein wenig anders als das, was Proserpina mit angehört hatte, als sie das Gefolge des Ghouls belauschte. Gauthier gehörte zu den Eindringlingen. Sie würde ihr viel zu berichten haben, sobald sie erst einmal ihre verweigernde Haltung aufgegeben hätte.
Proserpinas Schweigen berührte die Frau offensichtlich unangenehm. »Wir müssen miteinander reden, damit unsere Translatoren funktionieren«, fügte die Frau hinzu. Proserpina lächelte nicht. Das konnte sie gar nicht. Sie hatten geredet, während sie Wembleth im Dorf des Schüttbergvolks nachgejagt waren, aber gesagt hatten sie nichts. Substantive, Verben: nicht genug, als dass es für das Sprechgerät von ’Tec Gauthier ausgereicht hätte. Gauthier verheimlichte ihr etwas.
Proserpina hielt es nicht anders. Sollte es notwendig werden, miteinander zu reden, dann würde sie schon für Verständigung sorgen.
Der Schwingkletterer beobachtete sie und tat nichts. Sie hatte ein unterwürfiges Verhalten erwartet. Der kleine Protektor musste einem anderem Protektor dienen, vielleicht diesem Ghoul.
Mit leiser Stimme äußerte einer der beiden Männer eine Bitte. Proserpina erkannte seine Sprache nicht. Aber die würde sich ihr bald erschließen. Er hatte die Körperhaltung eines Einheimischen, ein wenig gebeugt, aber ganz offensichtlich mit der Rotationsschwerkraft der Ringwelt vertraut. Er würde nur wenig zu erzählen haben. Was er wollte, war ganz klar: Er hatte Hunger.
Der andere Mann war verletzt und konnte sich nicht bewegen, war nackt und hilflos. Er schaute nur zu. Seine Geduld überraschte Proserpina. Obwohl er kein Protektor war, war er ganz offensichtlich schon älter; er gehörte der gleichen Spezies an wie die Frau. Das musste der Brüter-Diener des Ghouls sein, Louis Wu von den Kugelwelten.
»Ihr alle habt Hunger«, sagte Proserpina dann auf Interspeak. Die beiden Männer wirkten nicht überrascht, aber Gauthier zuckte regelrecht zusammen. »Ihr alle vertragt Früchte. Wir werden uns bald um die Details eurer Ernährung kümmern. Wir alle
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