Ringwelt 12: Weltenwandler
geben, oder irgendwelche abtrünnigen Kzin auf Selbstmordmission, oder irgendeine andere Abwechslung zu diesen ewigen Mutterjagden.«
Sigmund tätschelte ihre Hand. »Schön, dass du so optimistisch bist.«
»Dir wird schon was einfallen. Du bist der klügste Mensch, den ich kenne.«
»Das wohl kaum«, widersprach er. »Das dürfte wohl Carlos Wu sein.«
Wu! In letzter Zeit war Sigmund immer wieder Carlos durch den Kopf gegangen. Diese Explosion des galaktischen Zentrums war der erste von zahlreichen Dominosteinen gewesen, der umgestürzt war. Jeder Physiker, mit dem Sigmund gesprochen hatte, schwor Stein und Bein, dass die Messdaten, die Shaeffer an Bord der Long Pass mitgebracht hatte, in sich völlig schlüssig waren. Und jeder dieser Physiker hielt Carlos für den mit Abstand größten ihrer Zunft.
Vor seinem geistigen Auge sah Sigmund sich selbst: Er stand gerade unmittelbar vor einem gähnenden Abgrund.
»Feather«, flüsterte er. »Was, wenn Carlos Wu die ganzen Daten über die Explosion des galaktischen Zentrums nur erfunden hat?«
REHABILITIERT
ERDJAHR 2650
KAPITEL 22
Noch völlig verschlafen nippte Sigmund an seinem Kaffee. Über dem Frühstückstisch glomm ein Holo mit der Kurzfassung der aktuellen Nachrichten. Sie waren thematisch farbmarkiert, hervorgehoben oder leicht abgedunkelt, je nachdem, wie dringlich sie Medusa erschienen waren, in zahllosen Unterfenstern schimmerte Laufschrift … es würde selbst dann noch eine Herausforderung sein, sie durchzugehen, wenn der Kaffee endlich wirkte. Sigmunds Blick wanderte durch die Projektion, die ganz von Medusas Input abhing. Nur wenig von dem, was er dort vor sich sah, drang wirklich in sein Bewusstsein vor. Feather saß ihm am Tisch gegenüber, heuchelte Interesse an den aktuellen Fußballergebnissen und war ebenso wenig gewillt, sich in ein Gespräch zu ergehen wie er.
»Diese blöden Cavaliers«, brachte sie mehrere Minuten später schließlich doch zustande. Sie beklagte sich hier bei dem Holo selbst oder beim Trainer der Mannschaft, oder beim Universum an sich. Aber nicht bei Sigmund. Als er sie anblickte, schaltete sie die Tonübertragung ein.
Eine weitere große Mutterjagd stand bevor – und es sah ganz so aus, als sollte sie dieses Mal nicht nur lokal begrenzt sein, um in jedem Fall den Eindruck zu erwecken, es werde tatsächlich etwas getan. Das hier schien ein groß angelegter, globaler Schlag zu werden. Sigmund konnte nichts dagegen unternehmen. Er konnte auch nicht dafür sorgen, dass Feather nicht daran würde teilnehmen müssen. Er könnte sie nicht einmal beschützen, sollte irgendjemand bemerken, dass sie störend in den Ablauf eingriff.
Auch ihr Leid konnte er nicht ertragen.
In einer Ecke der Holonachrichten tauchte ein grünes Gesicht auf, gekrönt von zischenden Schlangen, die sich wie zum Nachdruck immer wieder um sich selbst ringelten. »Türkisalarm«, sagte Medusa leise.
Sigmund rückte seinen Stuhl näher an den Tisch heran; jetzt war er sofort hellwach. »Aufrufen.« Ein neues Fenster öffnete sich: Darin war – auffallend schräg aufgenommen – das Innere einer Transferkabine zu erkennen. Sigmund schaute zu, wie nacheinander vier Männer heraustraten und dann rings um die Kabine Stellung bezogen. Nur wenige Augenblicke später trat Calista Melenkamp daraus hervor. Mit ausdruckslosen Mienen begleiteten ihre Leibwächter die Generalsekretärin die breiten Granitstufen vor ihrem Klub in New York hinauf.
Sigmund räusperte sich. »Ich muss noch etwas erledigen.«
Feather wandte den Blick von ihrem Spiel ab. »Was?«
Er erhob sich. »Sag ich dir später.«
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Du machst doch wohl keine Dummheiten, oder?«
Das würde sich erst noch zeigen. »Was denn, ich?« Während er die Kennung seines Zielortes eingab, blieb Sigmund noch einen Augenblick Zeit, sich darüber zu freuen, dass sich Feather immer noch Sorgen um ihn machte.
Der Himmel über Manhattan war bedeckt, der Wind stürmisch. Als Sigmund die Stufen zu Melenkamps Privatklub hinaufstieg, machte der Portier keinerlei Anstalten, ihm die Tür zu öffnen.
Zwei Stufen unterhalb des Eingangs blieb Sigmund stehen. »Ich habe eine dringende Nachricht für Frau Generalsekretärin«, erklärte er. Es überraschte ihn nicht im Mindesten, dass er hier alles andere als willkommen war. Was für ein unsichtbares Überwachungssystem auch immer ihn identifiziert hatte: Es war im gleichen Maße modern, wie alles im
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