Ringwelt
fliegt sie uns mit Mach 4 davon. Sie kann höchstens aus Sauerstoffmangel einen Gehirnschlag erleiden. Doch ich halte das einfach für unwahrscheinlich. Das Mädchen hat zuviel Glück, als daß ihr so etwas passieren könnte ...«
18. Das Glück von Teela Brown
Es war stockdunkel, als die drei Flugräder aus der Pupille des Wirbelsturmes herausflogen. Von den Sternen war nichts zu sehen. Nur wenn die Wolkendecke aufriß, konnte man das schwache blaue Licht des Ringbogens erkennen.
»Ich habe lange über Sie nachgedacht«, meldete sich Kzin auf der Konferenzschaltung. »Nessus, Sie können wieder in unsere Formation einscheren, wenn Sie das gern möchten.«
»Ich möchte«, erwiderte der Puppetier.
»Sie müssen allerdings begreifen, daß ich das Verbrechen nicht vergessen kann, das Ihre Rasse meinen Artgenossen angetan hat. Aber wir sind auf Ihre Kombinationsgabe angewiesen. Sie haben große Umsicht beweisen.«
»Vielen Dank, Dolmetscher«, flötete der Puppetier. »Ich respektiere Ihre Einstellung.«
Louis nahm diesen Triumph der Intelligenz über den Rassenhaß nur am Rande wahr. Er suchte den Horizont nach dem Kondensstreifen von Teelas Flugzeug ab. Doch er mußte sich längst aufgelöst haben. Nichts war mehr davon zu sehen.
Das Glück von Teela Brown beschäftigte jetzt diese drei so verschiedenartigen Wesen, die hier auf der Ringwelt gestrandet waren.
»Ich glaube nicht an Zauberei. Ebensowenig glaube ich daran, daß man Glück züchten kann.«
»Du wirst dich an diesen Gedanken gewöhnen müssen, Dolmetscher!« meinte Louis Wu. »Ich hätte es längst kapiert, wenn ich nicht so skeptisch gewesen wäre. Es sind die kleinen Wesenszüge ihres Charakters, die zählen. Nicht die Tatsache, daß sie jeder Katastrophe immer mit knapper Not entrinnt.«
»Louis, du verzapftst Unsinn!«
»Nein. Sie ist nie in ihrem Leben verletzt worden!«
»Woher willst du das wissen, Louis?«
»Ich weiß es. Schließlich sind wir beide zu intim, als daß sie Geheimnisse vor mir hätte. Sie kennt keine Schmerzen, nur Freude und Glück. Erinnerst du dich noch daran, als dir die Sonnenblumen das Fell vom Leib brannten? Sie fragte dich, ob du noch sehen könntest. Sie konnte einfach nicht begreifen, daß das Schicksal dir das Augenlicht geraubt haben könnte. Und dann die Episode auf dem Lavahang. Sie versuchte, mit bloßen Füßen über glühendheißes Gestein zu klettern.«
»Sie ist eben nicht sehr intelligent, Louis.«
»Sie ist intelligent, verdammt noch mal! Sie weiß nur nicht, was Schmerz ist. Als sie sich die Fußsohlen verbrannte, lief sie über die eisglatte Bodenplatte der Ringwelt und stürzte nicht ein einziges Mal!« Louis seufzte tief. »Beobachte sie doch nur einmal, wenn sie geht. So etwas Ungeschicktes ist mir selten begegnet. Es sieht so aus, als würde sie jeden Moment stürzen. Doch sie stürzt nicht, stößt sich nicht, reißt nichts um. Sie läßt nichts fallen und zerbricht nichts. Sie hat nicht aus böser Erfahrung lernen müssen, wie man sich vorsichtig bewegt.«
»Solche Kleinigkeiten fallen natürlich nur einem Menschen auf«, fauchte der Kzin. »Ich muß mich auf deine Aussage verlassen. Trotzdem -Glück als Erbanlage? Das will mir nicht in den Kopf.«
»Mir schon. Ich beuge mich den Tatsachen.«
»Trotzdem haben wir nicht viel Nutzen von Teelas Glück«, klagte Nessus. »Wenn ich eure Bandagen und Brandwunden sehe, habe ich den Eindruck, daß Teelas Glück nur sie selbst schützt. Was haben Sie denn, Louis? Sie sehen so verstört aus!«
Louis gab keine Antwort. Teela hatte auch nie in der Liebe eine Enttäuschung erlebt. Wenn man sich mit ihr über Wunden oder Seelenschmerzen unterhalten wollte, schaltete sie ab. Ebensogut hätte man einem blinden Mädchen Farben beschreiben können.
War das wirklich Glück und nicht ein seelisches Manko? Die Männer, die sie begehrt hatte, kamen freiwillig zu ihr. Und wenn sie eine Affäre satt hatte, trennte sich der Mann auch wieder freiwillig von ihr. Sie war eine Frau - ja; aber mit eigenartigen Talenten und Vorzügen, die sie fast unmenschlich machten. Eigenartig, daß er so eine Frau liebte. Ganz eigenartig. Und wenn sie ihn nicht geliebt hätte, wäre es eben .
Teelas Kontrollschirm leuchtete auf. Zuerst nur ein leerer Blick, Verwirrung, die zur Panik entartete. Dann ein Schrei ...
»Immer mit der Ruhe«, sagte Louis beschwörend. »Ganz ruhig bleiben und entspannen. Du bist jetzt in Sicherheit!«
»Aber .«
»Wir sind längst aus dem Sturm
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