Ringwelt
heraus. Drehe dich um. Umdrehen, habe ich gesagt!«
Sie drehte sich um. Einen langen Augenblick lang sah Louis nur ihr gelocktes schwarzes Haar. Als sie sich wieder dem Armaturenbrett zuwandte, hatte sie sich schon viel besser in der Gewalt.
»Nessus«, befahl Louis Wu, »geben Sie ihr die nötigen Anweisungen!«
»Verstanden«, flötete der Puppetier. »Teela, Sie sind über eine halbe Stunde mit mehr als Mach 4 über diese Welt gebraust. Um Ihr Flugzeug wieder auf normale Reisegeschwindigkeit zu drosseln, müssen Sie einen Finger in den Schlitz mit der grünen Umrandung stecken - gut, sehr gut. -Mein Indikator verrät mir, daß Sie im Kreis geflogen sind. Sie müssen zuerst einmal auf Antispinwärts drehen .«
»Wo ist denn Antispinwärts?«
»Drehen Sie nach links ab, bis Sie auf den Bogen der Ringwelt zufliegen.«
»Ich kann aber den Bogen nicht sehen. Ich muß erst die Wolken durchstoßen!« Teelas Stimme klang jetzt ganz gefaßt.
Und vor ein paar Sekunden hatte sie noch so viel Angst gehabt wie noch nie in ihrem Leben!
Hatte sie in ihrem Leben überhaupt schon einmal Angst gehabt?
Louis schüttelte den Kopf.
Das Land lag wie ein schwarzes Tuch unter ihnen. Nur das Sturmauge schimmerte blau in ihrem Rücken vor dem Triumphbogen der Ringwelt.
Teelas Gesicht sah ihn aus dem Kontrollschirm vorwurfsvoll an.
»Louis, bist du verrückt geworden?« fragte sie.
»Verrückt? Ich glaube nicht, Teela.«
»Schüttle nur nicht so unschuldig mit dem Kopf, Louis Wu! Ich hätte tot sein können. Regt dich das überhaupt nicht auf?«
Sie riskiert ihr Leben, dachte Louis, und beschwert sich bei mir, daß ich mich nicht darüber ärgere. Jeder andere Mensch mit so einer Veranlagung würde den einundzwanzigsten Geburtstag nicht erleben!
»Ich rege mich nicht auf«, erwiderte Louis laut. Nein - ihn bedrängte jetzt ein anderes Gefühl.
Habe ich Angst vor Teela Brown?
Ein silberner Pfeil schoß in ihre Formation hinein und setzte sich zwischen Louis Wus Flugzeug und den silbernen Punkt spinwärts. »Willkommen in der Heimat!« rief Louis.
»Danke, Louis«, erwiderte Nessus. Er mußte mit der Zusatzdüse geflogen sein, um sie so rasch einholen zu können. Der Kzin hatte den Puppetier erst vor zehn Minuten »begnadigt«.
Die beiden Augen in den Köpfen des Puppetiers schienen Louis lächelnd zuzublinzeln. »Ich fühle mich jetzt in Ihrer Gesellschaft viel sicherer, Louis. Das Glück von Teela Brown beschützt uns.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Louis. »Die Arroganz Ihrer Rasse ist unglaublich, Nessus. Menschliche Glückskinder heranzuzüchten erinnert mich an den Hochmut des Satans. Kennen Sie den Satan, Nessus?«
»Ich habe von ihm gelesen, Louis.«
»Sie sind ein Snob, Nessus. Aber Ihre Dummheit ist noch größer als Ihre Arroganz und Ihr Snobismus. Sie sind so naiv zu glauben, daß alles, was für Teela Brown gut ist, auch für Sie gut sein muß.«
»Das ist doch eine logische Konsequenz!« stotterte der Puppetier. »Wenn man mit Teela Brown in einem Raumschiff zusammensitzt, würde ein Riß in der Zellenwand für uns beide Unglück bedeuten. Oder etwa nicht?«
»Das ist richtig. Aber nehmen wir einmal an, Sie überfliegen einen Planeten, auf dem Sie nicht landen wollen, den sich Teela aber als Reiseziel ausgesucht hat. Ein Ausfall Ihres Antriebes zwingt Sie zur Landung. Das wäre zwar ein Glück für Teela Brown, aber Pech für Sie, nicht wahr?«
»Unsinn, Louis! Warum sollte sich Teela Brown die Ringwelt als Reiseziel wählen, wenn sie gar keine Ahnung von der Existenz dieser Welt hatte, ehe sie mit mir zusammentraf!«
»Vielleicht wollte sie hierherreisen, ohne es zu wissen, Nessus? Dann wäre die Verkettung der glücklichen Umstände für Teela Brown lückenlos, Nessus! Es war ihr Glück, daß Sie sie fanden. Ihr Glück, daß alle anderen Kandidaten Ihnen aus dem Weg gingen. Ihr Glück, daß wir hier strandeten. Erinnern Sie sich noch, daß wir uns stritten, wer die Expedition anführen sollte? Nun wissen Sie es, wer die Expedition führt !«
»Aber wohin und weshalb?« flötete Nessus erschrocken.
»Das weiß ich doch selbst nicht, Nessus«, erwiderte Louis und zog ein spöttisches Gesicht.
»Sie beunruhigen mich, Louis!« flötete der Puppetier mit pendelnden Köpfen. »Was gibt es denn hier auf der Ringwelt, was Teela Brown reizen könnte? Soweit ich diese Welt überschauen kann, lauern hier nur Gefahren: Unberechenbare Stürme, schlecht programmierte Maschinen, tödliche
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