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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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unten geschehen, dachte Tom. Wenn überhaupt etwas geschehen soll. Aber er hatte ja gar nicht genügend vorbereitet, er hatte nichts geplant. Weitergehen, weitergehen, ermahnte er sich, und doch tat er nichts als herumschlendern, seine Flaschen betrachten. Ein- oder zweimal berührte er einen der mit roter Zinnfolie umwickelten Hälse. Dann zog er eine Flasche heraus. »Margaux. Der hat Ihnen vorhin geschmeckt.«
»Phantastisch«, sagte Murchison. »Ich danke Ihnen sehr, Tom. Ich werd zu Haus erzählen, aus welchem Keller er kommt.« Er nahm die Flasche fast ehrfürchtig entgegen.
Tom nahm einen Anlauf. »Wollen Sie sich´s nicht doch noch einmal überlegen mit Ihrem Gespräch mit dem Experten in London wegen der Fälschungen? Einfach aus Korpsgeist –?«
Murchison lachte kurz auf. »Das kann ich nicht, Tom. Korpsgeist! Ich kann um die Welt nicht einsehen, warum Sie diese Leute schützen wollen – außer wenn –«
Ihm war ein Gedanke gekommen, und Tom wußte, welcher Gedanke das war: daß Tom Ripley mit den ändern gemeinsame Sache machte und daraus auf irgendeine Weise profitierte. »Ja, ich habe ein Interesse daran«, sagte er schnell. »Ich kenne nämlich den jungen Mann, der sich neulich mit Ihnen im Hotel unterhalten hat. Ich kenne ihn, und ich weiß, was er macht. Er ist der Fälscher.«
»Was – ?! Dieser – dieser –«
»Ja, der nervöse junge Mann. Bernard heißt er. Er kannte Derwatt. Wissen Sie, die ganze Sache wurde aus rein idealistischen Motiven angefangen –«
»Soll das heißen, daß Derwatt das alles weiß?«
»Derwatt ist tot. Jemand anders hat ihn – hat sich für ihn ausgegeben.« Die Worte waren Tom fast ohne seinen Willen entfahren; er hatte ja auch nichts mehr zu verlieren und vielleicht doch noch etwas zu gewinnen. Für Murchison ging es um sein Leben, aber das konnte Tom nicht in Worte fassen, jedenfalls noch nicht.
»Derwatt ist also tot – seit wann?«
»Seit fünf oder sechs Jahren. Er ist in Griechenland gestorben.«
»Und all die Bilder –«
»Sind von Bernard Tufts. Sie haben selbst gesehen, was er für ein Mensch ist. Er würde sich das Leben nehmen, wenn es herauskäme, daß er die Bilder seines toten Freundes gefälscht hat. Er hat zu Ihnen gesagt, Sie sollten keine mehr kaufen. Ist das nicht genug? Die Galerie hat ihn damals gefragt, ob er nicht ein paar Bilder in Derwatts Stil malen könnte –« Tom wußte, er war es gewesen, der diesen Vorschlag gemacht hatte, aber darauf kam es jetzt nicht an. Er wußte auch, daß alles, was er vorbrachte, hoffnungslos war, nicht nur, weil Murchison sich nicht erweichen ließ, sondern weil da ein Bruch war in seiner eigenen Argumentation und er diesen Bruch sehr wohl kannte. Er sah, was Recht und was Unrecht war; und trotzdem waren seine beiden Seiten gleich aufrichtig: er wollte Bernard retten, die falschen Bilder retten, sogar Derwatt retten. Darum ging es ihm. Und das alles würde Murchison niemals verstehen. »Bernard will hier raus, das weiß ich bestimmt. Sie werden es doch nicht auf sich nehmen wollen, daß ein Mann sich umbringt, weil er sich schämt – nur damit Sie recht behalten, oder?«
»Weil er sich schämt – er hätte sich lieber gleich zu Anfang schämen sollen!« Murchison sah auf Toms Hände, auf sein Gesicht und dann wieder auf die Hände. »Waren Sie es etwa, der –? Ja, ja. Ich hatte mir seine Hände angesehen.« Murchison lächelte dünn. »Und da meinen die Leute, ich sähe keine Kleinigkeiten.«
»Sie sind ein guter Beobachter«, sagte Tom schnell. Er war plötzlich böse geworden.
»Herrgott – ich hätte es schon gestern sagen können. Ich habe es gestern gemerkt. Ihre Hände. Da können Sie keinen Bart draufheften, was?«
Tom sagte: »Warum lassen Sie sie nicht alle in Ruhe und halten den Mund? Was tun sie denn Schlimmes? Bernards Bilder sind gut, das können Sie nicht leugnen.«
»Den Teufel werd ich tun und den Mund halten! Ich denke nicht daran – für kein Geld der Welt werde ich den Mund halten!« Murchisons Gesicht war noch stärker gerötet, die Backen bebten. Er stellte den Wein hart auf den Fußboden, doch die Flasche blieb heil.
Er wies den Wein zurück: das war eine Kränkung – nicht sehr schwerwiegend, aber doch eine weitere häßliche Beleidigung. Tom ergriff die Flasche fast im gleichen Augenblick, schwang sie durch die Luft und schlug sie Murchison seitlich an den Kopf. Diesmal zerbrach die Flasche, der Wein lief aus, und der Flaschenboden fiel auf den Steinfußboden. Murchison

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