Ripley Under Water
nie welche verkauft. Nicht viele Leute…« Er zögerte. »Sehen Sie, Derwatt nahm – nun, nicht immer das beste Papier. Es vergilbt, wird brüchig an den Kanten.«
»Ich finde sie wunderbar«, sagte Tom. »Sorgen Sie weiter gut für sie. Lichtgeschützt lagern und so weiter.«
Mit seinem zuvorkommenden Lächeln ergänzte Nick: »Und möglichst wenig anfassen.«
Da waren noch mehr, Schlafende Katze zum Beispiel, das Tom gut gefiel, ein Tufts wahrscheinlich – ziemlich billige große Bögen, die Farben mit Buntstiften markiert: schwarz, braun, gelb und rot, sogar grün.
Tufts, dachte er, war mit Derwatt derart verschmolzen, daß es unmöglich war, die beiden künstlerisch auseinanderzuhalten, wenigstens bei einigen, wenn nicht den meisten dieser Zeichnungen. In mehr als einem Sinn war Bernard zu Derwatt geworden. Als Bernard starb, war er geistig verwirrt und tief beschämt gewesen – und zwar gerade wegen seines erfolgreichen Versuchs, Derwatt zu werden, sich dessen früherem Lebensstil, seiner Malerei und den Entwurfsskizzen anzuverwandeln. Bernards Arbeiten, zumindest die in der Galerie Buckmaster vorhandenen, wiesen keinerlei Zeichen von Zaghaftigkeit auf, weder in den Bleistiftskizzen noch in den bunten Zeichnungen. Bernard schien Herr der jeweiligen Bildkomposition zu sein, Herr der Entscheidung über Farben und Proportionen.
»Sind Sie interessiert, Mr. Ripley?« Nick war aufgestanden und schob eine Schublade zu. »Ich könnte mit Mr. Banbury reden.«
Nun war es an Tom, zu lächeln: »Bin mir nicht sicher. Verlockend ist es, und…« Die Frage brachte Tom kurz aus dem Tritt. »Was würde die Galerie für einen Entwurf verlangen – für eine Skizze zu einem der Bilder?«
Nick sah nachdenklich zu Boden. »Kann ich nicht sagen, Sir. Ehrlich nicht. Ich glaube, die Preise der Zeichnungen – wenn es sie gibt – hab ich nicht hier.«
Tom mußte schlucken. Viele, ja die meisten dieser Skizzen stammten aus Bernards kleinem bescheidenen Atelier irgendwo in London, wo er in seinen letzten Lebensjahren gearbeitet und gewohnt hatte. Seltsamerweise waren sie die besten Echtheitsgarantien für Derwatts Bilder und Skizzen, denn die Zeichnungen wiesen nichts von der andersartigen Farbverwendung auf, die Murchisons Verdacht erregt hatte.
»Danke, Nick. Wir werden ja sehen.« Auf dem Weg zur Tür sagte er auf Wiedersehen.
Tom ging durch die Burlington Arcade, die ihn heute nicht in Versuchung führte mit ihren Seidenschlipsen, schönen Schals und Gürteln in den Schaufenstern. Was machte es schon, dachte er, falls Derwatt »enttarnt« würde, der Großteil seines Werkes sich als gefälscht herausstellte? Schließlich waren Bernard Tufts Arbeiten genausogut gewesen, praktisch identisch, eine logische Fortsetzung der Entwicklung, die Derwatt genommen hätte, wenn er mit fünfzig, fünfundfünfzig gestorben wäre statt mit achtunddreißig Jahren (oder wie alt er auch immer gewesen war, als er Selbstmord beging). Man könnte sogar behaupten, Tufts sei besser als der frühe Derwatt. Selbst wenn die schätzungsweise sechzig Prozent der heute vorhandenen Werke Derwatts mit »B. Tufts« signiert werden mußten – warum sollten sie dann weniger wert sein?
Die Antwort lautete selbstverständlich: Weil sie nicht ehrlich vermarktet worden waren, weil ihr Wert immer höher gestiegen war und noch weiter stieg, basierend auf dem Namen Derwatt, der eigentlich bei dessen Tod wenig wert gewesen war. Derwatt hatte sich nämlich damals noch kaum einen Namen gemacht. Aber in dieser Sackgasse hatte Tom schon öfter gesteckt.
Er war froh, in Fortnum & Mason den Kopf wieder klarzubekommen, indem er fragte, wo er Haushaltswaren finde. »Kleinigkeiten – Möbelpolitur«, fügte er hinzu. Ein Verkäufer trug einen Cut.
Da stand er dann und öffnete einen Tiegel Lavendelwachs, sog den Duft ein, schloß die Augen und stellte sich vor, er wäre zurück in Belle Ombre. »Drei davon, bitte«, sagte er zu der Verkäuferin. Die Plastiktüte mit den drei Dosen steckte er in die große Tasche zu den Morgenmänteln.
Kaum war diese kleine Aufgabe erledigt, kehrte Tom in Gedanken zu Derwatt, Cynthia, Pritchard und den Problemen zurück, die er am Hals hatte. Warum sollte er sich nicht um ein Treffen mit Cynthia bemühen, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht führen statt über das Telefon? Natürlich würde es nicht leicht sein, einen Termin mit ihr zu vereinbaren – sie könnte aufhängen, wenn er anriefe, oder ihn abweisen, sollte er
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