Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
werde nicht vor vier zurücksein, Tom solle sich wie zu Hause fühlen. Gestern hatte Ed ihm alles gezeigt. Tom rasierte sich, frühstückte und machte sein Bett. Um halb zehn war er unten und ging in Richtung Piccadilly, genoß die Straßenszenen, die Unterhaltungsfetzen, die verschiedenen sprachlichen Akzente, die er von den Passanten aufschnappte.
    Im Simpson’s ließ er sich treiben, sog den Blumenduft in der Luft auf, der ihn daran erinnerte, daß er Madame Annette aus London Lavendelwachs mitbringen könnte. Tom schlenderte zu den Morgenmänteln für Männer, kaufte einen leichten Wollmantel mit Tartanmuster (Black Watch) für Ed Banbury und einen hellrot karierten für sich, Royal Stewart, nahm er an. Ed brauchte ihn bestimmt eine Größe kleiner als er selber. Mit einer großen Plastiktüte, in der beide Mäntel steckten, verließ Tom das Kaufhaus in Richtung Old Bond Street und Galerie Buckmaster. Es war kurz vor elf.
    Als er dort ankam, stand Nick Hall im Gespräch mit einem untersetzten dunkelhaarigen Mann. Er grüßte Tom mit einem Nicken.
    Tom sah sich um, auch im angrenzenden Raum, wo die leidenschaftslosen Corots oder Corot ähnlichen Bilder hingen, kehrte dann in den vorderen Raum zurück, wo er Nick gerade sagen hörte: »…sicher unter fünfzehntausend, Sir. Ich könnte nachschauen, wenn Sie wollen.«
    »Nein, nein.«
    »Sämtliche Preise bedürfen der Zustimmung durch die Besitzer der Galerie Buckmaster. Sie können steigen oder fallen, gewöhnlich nur geringfügig.« Eine kurze Pause. »Je nach der Marktentwicklung – und unabhängig von der Person des potentiellen Käufers.«
    »Gut. Dann prüfen Sie das bitte für mich. Ich gehe von dreizehntausend aus. Es – gefällt mir ganz gut. Das Picknick. «
    »Jawohl, Sir. Ich habe Ihre Nummer und werde zusehen, daß ich Sie morgen erreichen kann.«
    Gut, dachte Tom. Nick hatte nicht gesagt: »Bis morgen, Sie hören von mir.« Heute trug er schöne Schuhe, anders als gestern.
    »Hallo Nick – ich darf Sie doch Nick nennen?« fragte Tom, als sie allein waren. »Wir kennen uns ja von gestern.«
    »Aber ja, Sir.«
    »Haben Sie Zeichnungen von Derwatt, die Sie mir zeigen können?«
    Nick zögerte kurz. »Ja, Sir. In Mappen, im Hinterzimmer. Die meisten sind unverkäuflich – offiziell alle, glaub ich.«
    Gut: sakrosankte Archivalien, Skizzen für Gemälde, die moderne Klassiker geworden waren. Oder wären. »Kann ich sie trotzdem sehen?«
    »Sicher. Gewiß doch, Sir.« Nick sah kurz zum Eingang, ging hinüber, wohl um zu prüfen, ob die Tür verschlossen war, oder um einen Riegel vorzuschieben, kam dann zurück und ging mit Tom durch den zweiten Raum in das kleinere Hinterzimmer mit dem immer noch überladenen Schreibtisch und den fleckigen, einstmals weißen Wänden, an denen Gemälde, Rahmen und Mappen lehnten. Hatten sich hier wirklich damals zwanzig Journalisten samt Leonard, der die Drinks servierte, einigen Fotografen und ihm selber hineingequetscht? Ja. Tom wußte das noch.
    Nick hockte sich hin und hob eine Mappe hoch. »Rund die Hälfte sind Skizzen für Zeichnungen.« Er hielt die große graue Mappe in beiden Händen.
    Nahe der Tür stand ein freier Tisch. Ehrfürchtig legte Nick die Mappe dort ab und löste die drei Bänder, mit denen sie zugebunden war.
    »In der Schublade dort sind noch mehr Mappen, das weiß ich«, sagte er und nickte zu dem weißen, hüfthohen Schrank hinüber, der mindestens sechs flache Einschübe enthielt. Das Möbelstück war Tom neu.
    Jede Derwatt-Zeichnung – Kohle, Bleistift und Rötel – steckte in einer durchsichtigen Plastikhülle. Während Nick eine Skizze nach der anderen hochhob, wurde Tom klar, daß er die Derwatts nicht von Bernard Tufts’ Fälschungen unterscheiden konnte, jedenfalls nicht mit letzter Sicherheit. Die drei Skizzen für Die Roten Stühle schon, denn er wußte, daß Derwatt das Bild gemalt hatte. Doch als Nick zu den Entwürfen für Mann im Sessel kam, einer von Bernards Fälschungen, schlug Toms Herz höher, weil er das Bild besaß und liebte und so gut kannte und weil der treu ergebene Tufts auf diese vorbereitenden Skizzen dieselbe liebevolle Sorgfalt verwendet hatte, wie Derwatt es getan hätte. In diesen Zeichnungen, die niemanden beeindrucken sollten, hatte Tufts die Kraft für seine eigentliche Arbeit gefunden, die Farbkompositionen auf Leinwand.
    »Sind die zu verkaufen?« fragte Tom.
    »Nein. Na ja, Mr.   Banbury und Mr.   Constant wollen das nicht. Soweit ich weiß, haben wir

Weitere Kostenlose Bücher