Ripley Under Water
danach?«
»Danach?«
»Wohin nach Casablanca?«
»Ich weiß nicht. Marrakesch, glaube ich.«
»Hol dir einen Stift«, sagte Tom bestimmt. Er gab Eds Telefonnummer durch und ließ Héloïse sie wiederholen.
»Was machst du in London?«
Er lachte. »Was machst du in Tanger? Liebes, kann sein, daß ich nicht immer hier bin, aber du rufst einfach an und hinterläßt eine Nachricht – Ed hat einen Anrufbeantworter, glaub ich…« Ed nickte. »Gib mir den Namen des nächsten Hotels durch, wenn ihr von Casablanca aus weiterreist… Gut. Grüße an Noëlle… Ich liebe dich. Au revoir, chérie. «
»Was für eine Erleichterung!« sagte Jeff.
»Ja. Für mich. Sie sagt, daß sie dort nichts von Pritchard gesehen hat – was natürlich nicht viel heißen will.«
»Priik-hard«, sagte Jeff.
»Hard-priik«, retournierte Ed, ohne eine Miene zu verziehen, während er im Zimmer herumschlenderte.
»Das reicht!« Tom grinste. »Noch ein Anruf heute abend: Madame Annette. Muß sein. Ich habe inzwischen über Mrs. Murchison nachgedacht.«
»Ach ja?« fragte Ed neugierig, den Ellbogen auf ein Bücherregal gestützt. »Meinst du, daß Cynthia mit ihr in Verbindung steht? Daß sie sammeln, was sie wissen?«
Ein furchtbarer Gedanke. Tom überlegte. »Womöglich haben sie Adressen ausgetauscht, aber wieviel kann die eine der anderen verraten? Außerdem: Vielleicht stehen sie erst in Verbindung, seit David Pritchard auf den Plan getreten ist.«
Jeff saß noch immer nicht, ging ruhelos auf und ab. »Was wolltest du eben über Mrs. Murchison sagen?«
»Daß…« Tom zögerte; er wollte nicht über seine unausgegorenen Ideen sprechen. Doch hier war er unter Freunden. »Ich würde sie gern in Amerika anrufen und fragen, ob die Ermittlungen nach dem Verschwinden ihres Mannes etwas ergeben haben. Aber ich fürchte, ihr bin ich fast ebenso zuwider wie Cynthia Gradnor. Na ja, natürlich nur fast. Doch ich war der letzte, der ihren Gatten noch lebend gesehen hat. Und warum sollte ausgerechnet ich sie anrufen?« Plötzlich brach es aus ihm hervor: »Was zum Teufel kann Pritchard tun? Was weiß er schon Neues? Nichts, verflucht noch mal!«
»Stimmt«, sagte Ed.
»Und wenn du Mrs. Murchison nun mit verstellter Stimme anrufen würdest – darin warst du so gut, Tom. Als jener Kommissar, wie hieß er noch, Webster?«
»Ja.« Tom erinnerte sich nicht gern an den Namen des englischen Kommissars, dabei hatte Webster die Wahrheit nicht herausgefunden. »Nein, danke, das Risiko werd ich nicht eingehen.« Könnte es sein, daß Webster, der nach Belle Ombre gekommen und sogar nach Salzburg gefahren war, den Fall noch immer nicht zu den Akten gelegt hatte, wie man so sagte? Daß er in Verbindung mit Cynthia und Mrs. Murchison stand? Tom zog denselben Schluß wie zuvor: Neues zur Sache gab es nicht, warum sich also Sorgen machen?
»Ich gehe jetzt lieber«, sagte Jeff. »Muß morgen arbeiten. Tom, laß mich wissen, was du morgen vorhast, ja? Ed hat meine Nummer. Du ja auch, fällt mir ein.«
»Gute Nacht, alles Gute.«
»Ruf Madame Annette an«, sagte Ed. »Das wenigstens ist mal eine angenehme Aufgabe.«
»Allerdings. Auch ich sage gute Nacht, Ed, und danke für deine Gastfreundschaft. Ich schlafe schon im Stehen.«
Dann rief Tom in Belle Ombre an.
»’allôô?« Madame Annettes Stimme war schrill vor Angst.
»Hier ist Tomme. « Er teilte ihr mit, Madame Héloïse gehe es gut, die Entführungsgeschichte sei falsch gewesen, nur ein Gerücht. Pritchards Namen nannte er nicht.
»Aber wissen Sie, wer dieses bösartige Gerücht gestreut hat?« Sie spie das Wort méchant giftig aus.
»Keine Ahnung, Madame. Die Welt ist voller Menschen, die Böses im Schilde führen. Zum eigenen Vergnügen, so seltsam das klingt. Zu Hause alles in Ordnung?«
Ja, versicherte sie Tom. Er sagte, er werde wieder anrufen, sobald er wisse, wann er zurückkomme. Was Madame Héloïse’ Rückflug angehe, so wisse er nichts, aber sie reise noch immer in Begleitung ihrer guten Freundin, Madame Noëlles, und amüsiere sich bestens.
Tom fiel ins Bett und schlief wie ein Toter.
12
Der nächste Morgen war hell und klar, als hätte es am Tag davor nicht geregnet – nur daß alles wie frisch gewaschen wirkte; jedenfalls schien es Tom so, als er aus dem Fenster auf die schmale Straße hinabsah. Die Fensterscheiben gleißten im Sonnenlicht, der Himmel war rein und blau.
Ed hatte Tom den Schlüssel auf den Couchtisch gelegt, daneben einen Zettel: Er selbst
Weitere Kostenlose Bücher