Ripley Under Water
Sie verstehen, Madame Murchison?« Tom redete höflich weiter, hielt aber allmählich den Hörer immer weiter weg, so daß seine Stimme sich verlieren mußte. Er machte Geräusche, ein Schmatzen, ein Gurgeln, und legte auf, als wären sie getrennt worden.
Uff! So schlimm wie befürchtet war es nicht gewesen, dachte Tom, und gar nicht gefährlich. Aber Cynthia hatte tatsächlich Verbindung aufgenommen! Er hoffte, Mrs. Murchison nicht noch einmal anrufen zu müssen.
Dann ging er zurück ins Arbeitszimmer, wo Ed und Jeff warteten. Sie wollten zum Abendessen ausgehen. Tom hatte beschlossen, Madame Annette an diesem Abend nicht mehr anzurufen, sondern bis morgen vormittag zu warten, bis nach ihren Besorgungen, deren Zeiten sich bestimmt nicht geändert hatten. Von ihrem treuen Horchposten in Villeperce – Geneviève, nicht? – dürfte sie gehört haben, ob Monsieur Prichard zurückgekehrt war oder nicht.
»Also«, Tom lächelte. »Ich habe mit Madame Murchison gesprochen. Und –«
»Wir wollten lieber nicht zuhören, Tom.«
»Pritchard hat Kontakt aufgenommen. Jedenfalls wußte Mrs. Murchison von seinem Flug nach Tanger. Stellt euch das vor! Ein Anruf durfte ausgereicht haben. Und sie sagte, Cynthia würde telefonieren oder schreiben – ab und zu. Schlimm genug, oder?«
»Alle drei stehen in Verbindung, meinst du das?« fragte Ed. »Ja. Ziemlich übel.«
»Gehen wir essen«, sagte Tom.
»Tom: Ed und ich haben folgendes beschlossen«, begann Jeff. »Er oder ich oder wir beide fliegen nach Frankreich und helfen dir gegen diesen…« Er suchte nach den richtigen Worten. »…besessenen Irren Pritchard.«
»Oder nach Tanger«, ergänzte Banbury prompt. »Wo immer du hinmußt, Tom. Wo immer du uns brauchen kannst. Denn wir sitzen alle in einem Boot.«
Tom ließ die Worte auf sich wirken. Beruhigend, das zu wissen, wirklich. »Danke. Ich werde darüber – oder darübärr – nachdenken, was ich tun muß. Was wir tun müssen. Gehen wir, ja?«
14
Beim Essen mit Ed und Jeff dachte Tom nicht allzu angestrengt über seine derzeitigen Probleme nach. Sie hatten schließlich doch ein Taxi genommen, zu einem kleinen ruhigen Restaurant, das Jeff in Little Venice kannte. Tatsächlich war es dort so ruhig und leer an diesem Abend, daß Tom seine Stimme senkte, selbst wenn sie über so Unverfängliches wie Kochen sprachen.
Ed sagte, er habe in letzter Zeit seine lange vernachlässigten Kochkünste aufgefrischt und wolle beim nächstenmal wagen, für alle drei zu kochen.
»Morgen abend? Oder mittag?« Jeff lächelte ungläubig.
»Ich hab ein kleines Buch, Der phantasievolle Koch «, fuhr Ed fort. »Es ermutigt einen, verschiedene Sachen zu kombinieren und –«
»Reste zum Beispiel?« Jeff spießte eine buttertriefende Spargelspitze auf und führte sie zum Mund.
»Mach dich nur lustig. Doch nächstes Mal, das schwöre ich…«
»Aber morgen willst du kneifen?« fragte Jeff.
»Wie soll ich wissen, ob Tom morgen abend noch hier ist? Weißt du es denn selber schon, Tom?«
»Nein.« Er hatte ein paar leere Tische weiter eine bildhübsche junge Frau mit glattem blondem Haar entdeckt, im Gespräch mit einem jungen Mann ihr gegenüber. Sie trug ein schwarzes ärmelloses Kleid und goldene Ohrringe und strahlte jene glückliche Selbstsicherheit aus, die Tom außerhalb Englands so selten sah. Ihr attraktives Äußeres zog seinen Blick immer wieder an, und er mußte an ein Geschenk für Héloïse denken. Goldene Ohrringe? Lächerlich! Wie viele Paar hatte sie schon? Ein Armband? Héloïse mochte es, wenn er ihr von einer Reise eine Überraschung mitbrachte, und sei es nur eine Kleinigkeit. Wann würde sie wieder zu Hause sein?
Ed folgte seinem Blick, wollte sehen, was Tom so faszinierte.
»Hübsch, nicht?« sagte Tom.
»Und wie!« stimmte Ed zu. »Hör mal, Tom – am Wochenende könnte ich mich freimachen. Oder schon am Donnerstag, übermorgen also, und dann nach Frankreich fliegen oder sonstwohin. Ich muß noch einem Artikel den letzten Schliff geben und ihn abtippen. Wenn nötig, beeile ich mich. Falls du in der Klemme steckst.«
Tom antwortete nicht gleich.
»Und bloß keine moderne Textverarbeitung, nicht für Ed«, warf Jeff ein. »Er ist ein altmodischer Mensch.«
»Ich bin meine eigene Textverarbeitung«, erwiderte Ed. »Apropos, was ist mit deinen alten Kameras? Einige sind uralt.«
»Und funktionieren ausgezeichnet«, sagte Jeff ruhig.
Ed mußte sich ein Widerwort sichtlich verkneifen. Tom genoß seine
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