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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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hatte (gebackene Hummer vermutlich), war nicht weniger deprimierend. Dort stand, daß man nach dem Einschalten fünfzehn Sekunden habe, um fluchtartig die Küche zu verlassen; danach müsse man zuhören, womöglich auch zusehen, wie die Tiere mit den Zangen gegen das Ofenfenster schlugen, bevor sie verreckten. Vermutlich gab es Menschen, die Kartoffeln schälen konnten, während die Hummer zu Tode brieten (wie viele Sekunden dauerte das?). Tom wollte nicht glauben, daß Madame Annette so jemand war. Außerdem gab es in Belle Ombre noch keine Mikrowelle. Weder die Haushälterin noch Héloïse hatten Interesse gezeigt, eine zu kaufen, und falls sie es doch täten, hielt Tom etliche Gegenargumente parat: Er hatte gelesen, daß Ofenkartoffeln in der Mikrowelle eher gargekocht als gebacken wurden – für Héloïse, Madame Annette und ihn selber ein ernstzunehmender Einwand. Und Madame Annette hatte es nie eilig, wenn es ums Kochen ging.
    »Monsieur Tomme !«
    Er hörte Madame Annette rufen, als er im Gewächshaus war, wohl von der Terrasse hinter dem Haus. Die Tür hatte er offengelassen, für ebendiesen Fall, »Ja?«
    »Téléphone!« Tom lief los, hoffte auf Ed, rechnete mit Héloïse. Die Stufen zur Terrasse nahm er in zwei Sätzen.
    Es war Banbury. »Das klappt morgen mittag, Tom. Genauer gesagt… Hast du was zu schreiben?«
    »Ja, hab ich.« Tom notierte: Landung Roissy 11   :   25, Flug Nummer 212. »Ich werde dasein, Ed.«
    »Das wäre nett. Wenn es nicht zu viele Umstände macht?«
    »Nein. Schöne Fahrt, wird mir guttun. Irgendwas von – Cynthia gehört? Oder sonstwem?«
    »Nichts, gar nichts. Und bei dir?«
    »Er fischt nach wie vor. Wirst schon sehen. Ach, eines noch, Ed: Was kostet die Zeichnung Die Taube ?«
    »Für dich zehntausend. Statt fünfzehn.« Ed lachte leise.
    Gut gelaunt legten sie auf.
    Tom dachte erstmals über einen Rahmen für die Zeichnung nach – hellbraunes Holz, schmal oder breit, auf jeden Fall aber ein warmer Ton, wie das vergilbte Zeichenpapier. Er ging in die Küche und verkündete Madame Annette die frohe Botschaft: Ihr Gast werde morgen rechtzeitig zum Mittagessen eintreffen. Nichts allzu Schweres, bei diesen Temperaturen.
    Dann ging er nach draußen, zum Gewächshaus, und beendete seine Arbeit. Unter anderem fegte er durch und staubte die Innenseite der schrägen Glasscheiben mit einem weichen Besen ab, den er sich aus dem Haus geholt hatte. Er wollte, daß Belle Ombre für einen alten Freund wie Ed bestens gerüstet war.
    Abends sah sich Tom Manche mögen’s heiß auf Video an. Genau das, was er brauchte – leichte Kost zum Entspannen, bis hin zum irren, gezwungenen Lächeln des Mafia-Männerchors.
    Bevor er zu Bett ging, fertigte Tom in seinem Atelier, an dem bequemen Stehtisch, ein paar Skizzen an. In dicken schwarzen Streifen zeichnete er Eds Gesicht aus der Erinnerung nach. Vielleicht würde er ihn bitten, fünf oder zehn Minuten für einen Entwurf Modell zu sitzen. Es wäre interessant, Eds sehr englisch blasses Gesicht abzubilden – die beginnenden Geheimratsecken, das dünne, glatte hellbraune Haar, die höflichen und dennoch fragenden Augen, die schmalen Lippen, immer bereit, zu lächeln oder sich abrupt zu einem schmalen Strich zu schließen.

19
    Tom war besonders früh auf, wie immer, wenn er Termine hatte. Um halb sieben hatte er sich rasiert, war in Levis und T-Shirt geschlüpft und ging unten auf Zehenspitzen durch das Wohnzimmer zur Küche, um Wasser aufzusetzen. Madame Annette stand gewöhnlich erst um Viertel nach sieben oder halb acht auf. Er trug seine Kanne samt Filteraufsatz, Tasse und Untertasse auf einem Tablett ins Wohnzimmer. Der Kaffee war noch nicht durchgelaufen, also ging er zur Haustür. Er wollte die frische Morgenluft hereinlassen, einen Blick auf die Garage werfen und entscheiden, ob er für die Fahrt nach Roissy den roten Mercedes oder den Renault nehmen wollte.
    Zu seinen Füßen lag ein langes, graues Bündel, quer vor der Schwelle – er wich einen Schritt zurück. Tom wußte mit grausiger Gewißheit sofort, was es war.
    Er sah, daß Pritchard das Ding in eine »neue« graue Segeltuchplane eingeschlagen hatte, die jener ähnelte, mit der Pritchard sein Boot abgedeckt hatte – diese war aber mit Seilen umwickelt. Zudem hatte der Mann mit Messer oder Schere das Segeltuch an einigen Stellen eingestochen. Warum? Grifflöcher für die Finger? Der Mann hatte das Ding hierherschaffen müssen, womöglich allein. Tom bückte sich, schlug

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