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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Brücke, die den besseren Ausblick bot. Leider hatte das heraufgeholte Bündel durchaus Ähnlichkeit mit einem menschlichen Körper. Offenbar hatten die zwei (oder drei?) Seile jedoch gehalten, die Bernard und er um das Ding geschlungen hatten; sonst wäre die Plane nicht mehr vorhanden.
    Tom dachte, eine halbe Stunde Gartenarbeit würde ihn entspannen, aber dann war ihm doch nicht danach. Madame Annette würde bald einkaufen gehen, wie jeden Morgen. Und in rund einer halben Stunde mußte er losfahren, zum Flughafen.
    Er ging nach oben, duschte kurz, zum zweitenmal an diesem Morgen, und zog andere Sachen an.
    Als er hinabging, war das Haus totenstill. Sollte das Telefon klingeln, würde Tom nicht abheben, auch wenn es Héloïse sein mochte. Jetzt fast zwei Stunden nicht zu Hause zu sein widerstrebte ihm. Fünf vor zehn auf seiner Uhr. Tom schlenderte zum Barwagen, nahm das kleinste Glas (mit langem Stiel), goß sich einen ganz kleinen Rémy Martin ein, genoß den Geschmack auf der Zunge, roch an dem Glas. Dann wusch er es in der Küche ab, trocknete es ab und stellte es auf den Barwagen zurück. Brieftasche, Schlüssel – alles klar. Tom ging hinaus und schloß hinter sich ab. Madame Annette hatte daran gedacht, das Eisentor für ihn zu öffnen. Er ließ die Flügel weit offenstehen und fuhr nach Norden, nicht zu schnell, normale Geschwindigkeit: Er hatte reichlich Zeit, obwohl man nie wußte, was die périphérique einem bescheren würde.
    Tom nahm die Abfahrt Porte de La Chapelle und fuhr weiter nach Norden, in Richtung des riesigen, trostlosen Flughafens, den er noch immer nicht mochte. Heathrow war so gewaltig, daß man sich den ausufernden Komplex in seiner Gesamtheit kaum vorstellen konnte, außer natürlich, man mußte gut einen Kilometer mit Gepäck laufen. Aber Roissy, zugleich arrogant und unbequem in seiner Architektur, war leicht zu begreifen: Ein kreisrundes Hauptgebäude mit einem Wirrwarr zahlloser Straßen, alle selbstverständlich ausgeschildert, aber wenn man nicht gleich die richtige Abzweigung fand, war es zum Wenden zu spät.
    Da er mindestens fünfzehn Minuten zu früh eintraf, stellte Tom den Wagen draußen auf einen Parkplatz.
    Und dann war Ed da. Anscheinend war ihm warm; er trug ein weißes Hemd mit offenem Kragen und einen Rucksack über der Schulter, in der Hand einen Aktenkoffer.
    »Ed!« Banbury hatte ihn nicht gesehen. Tom winkte.
    »Hallo, Tom!«
    Herzliches Händeschütteln.
    »Ist nicht weit zu meinem Wagen«, sagte Tom. Ed hatte nur einen kleinen Koffer; über der freien Schulter hing ein Regenmantel. »Nehmen wir diese navette ! Und wie geht’s in London?«
    Alles in Ordnung, sagte Ed, kein Problem für ihn, sich freizumachen, niemand war verärgert. Er konnte ohne weiteres bis Montag bleiben, falls nötig, auch länger. »Und bei dir? Irgendwas Neues?«
    Tom, der in dem kleinen gelben Bus stehengeblieben war, rümpfte die Nase und verzog das Gesicht: »Na ja, eine winzige Kleinigkeit. Später, nicht hier.«
    Im Wagen dann fragte Ed, wie es Héloïse in Marokko gehe. Ob Ed sein Haus in Villeperce schon gesehen habe, fragte Tom zurück, und Ed verneinte.
    »Komisch«, sagte Tom. »Kaum zu glauben.«
    »Hat aber bislang ganz gut geklappt mit uns«, Ed lächelte ihn freundlich an: »Eine Geschäftsbeziehung, oder nicht?«
    Ed lachte wie über einen Witz, denn in gewisser Weise ging ihre Beziehung so tief wie eine Freundschaft. Und war doch anders: Sollte einer den anderen verraten, wäre die Folge eine schmachvolle Geldstrafe, womöglich gar Gefängnis. »Ja«, stimmte Tom zu. »Apropos, was macht Jeff dieses Wochenende?«
    »Hmm… keine Ahnung.« Ed schien die sommerliche Brise zu genießen, die durch sein Fenster hereinwehte. »Hab ihn gestern abend angerufen und gesagt, daß ich dich besuche. Und daß du ihn brauchen könntest. Dachte, das kann nicht schaden, Tom.«
    »Nein, gar nicht.«
    »Was meinst du, brauchen wir ihn?«
    Tom runzelte die Stirn: Auf der périphérique stauten sich die Autos; natürlich hatte der Wochenendverkehr schon eingesetzt und würde unterwegs nach Süden hin noch zunehmen. Er überlegte hin und her, ob er Ed vor oder nach dem Mittagessen von der Leiche erzählen sollte. »Das weiß ich wirklich noch nicht.«
    »Wie schön hier die Felder sind!« bemerkte Ed, als sie Fontainebleau auf der Fahrt nach Osten hinter sich ließen. »Scheinen größer zu sein als die in England.«
    Tom sagte nichts, freute sich aber. Von manchen Gästen kam kein Wort über

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